| Interview der Woche

Gesa Felicitas Krause: „Ein versöhnlicher Abschluss“

Unglücklicher Sturz bei der WM, deutscher Rekord (9:11,85 min) am Sonntag beim ISTAF. Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) hat sich mit einer enormen Energieleistung und der Unterstützung des Berliner Publikums ein positives Gefühl zum Abschluss ihrer Hindernis-Saison erkämpft. Danach sprach die 25-Jährige über den großen Zuspruch, den sie nach ihrem neunten Platz in London (Großbritannien) bekommen hat sowie ihre Pläne für die kommende Trainingsphase, und sie hielt ein Plädoyer für die Leichtathletik.
Jan-Henner Reitze

Gesa Felicitas Krause, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Bestleistung. Wie war Ihr Rekord-Erlebnis im Berliner Olympiastadion?

Gesa Felicitas Krause:

Es ging schon eine Welle durchs Stadion, als wir reingeführt und vorgestellt wurden. Wenn man dann als Athlet merkt, dass es von Runde zu Runde lauter wird, ist das etwas sehr Besonderes. Ich habe im Rennen gemerkt, wie schwer meine Beine sind. Aber ich habe versucht, die Emotionen des Publikums für mich zu nutzen und weiterzukämpfen. Es war ein Kampf bis zum Ende und es hat geklappt. Ich verabschiede mich mit einem guten Wettkampf in den Urlaub und nicht mit einem Tiefschlag. Dieses Gefühl nehme ich mit. Das ist ein versöhnlicher Abschluss meiner Hindernis-Saison.

Was bedeutet Ihnen diese Leistung nach dem unglücklichen Sturz bei der WM in London?

Gesa Felicitas Krause:

Ich bin erst einmal erleichtert. Prinzipiell bin ich jemand, der immer beim Jahreshöhepunkt die beste Leistung bringen möchte. Es hat mich besonders geärgert, dass der Sturz ausgerechnet beim Saisonhöhepunkt passiert ist. In <link http: gesa-krause.de competition _blank>meinem Blog habe ich versucht, einen Einblick in meine Gefühlswelt zu geben. Ich hatte vielleicht ein Vermögen von unter 9:10, konnte das aber noch nicht zeigen. Das ist schade. Aber es ist auch gut, wenn man weiß, es kann noch vorwärts gehen und man hat noch nicht die Grenzen erreicht. Ich bin 25 Jahre alt. Ich möchte noch ein paar Jahre weitermachen und dementsprechend ist es schön, wenn ich weiß, wohin es weiter gehen kann.

Wie waren die Reaktionen auf Ihr Rennen in London, in dem Sie sich trotz Sturz noch den neunten Platz erkämpft haben?

Gesa Felicitas Krause:

Die positive Resonanz von meinen Fans, von Leuten, die mich kennen und von Leuten, die mich nicht kennen, war gigantisch. Das hat mich sehr berührt und ist auch etwas Besonderes in meiner sportlichen Geschichte.

In Zürich waren Sie schon am Donnerstag ganz nah an Ihrem Rekord. Wie hat es sich angefühlt, dass es dort knapp nicht gereicht hat?

Gesa Felicitas Krause:

Dieses Diamond League-Finale wollte ich mir nicht entgehen lassen. Das Rennen in Zürich war am ersten Tag nach meiner Rückkehr aus dem Höhentrainingslager. Es war ein Schritt in die richtige Richtung. Nach so einem Tiefschlag muss man sich auch erst einmal wieder der Herausforderung stellen und sehen, dass man es in die richtige Richtung biegt. Ich war ganz glücklich, dass der Rekord dort nicht gefallen ist. Ich hatte schon längerfristig im Hinterkopf, vor heimischem Publikum beim ISTAF nochmal ein bisschen schneller zu laufen, auch wenn es in London nicht geklappt hat. In Zürich habe ich unheimlich gebissen. Auch von der Tempogestaltung war das Rennen nicht optimal für mich. In Berlin war es sehr, sehr gleichmäßig. Deshalb auch ein großer Dank an Courtney Frerichs, die für gutes Tempo gesorgt hat.

Die Norwegerin Karoline Bjerkeli Grøvdal hatte Ihnen am Tag vor dem ISTAF mit Landesrekord von 9:13,35 Minuten überraschend die europäische Jahresbestzeit abgenommen, nachdem sie zuletzt nur auf den Flachstrecken unterwegs war. Hat Sie diese Leistung zusätzlich angespornt?

Gesa Felicitas Krause:

Mit ihr habe ich eine alte neue Konkurrentin in Europa bekommen. Ihre Zeit hat mich gewurmt. Das war ein Extra-Kitzel vor dem Rennen. Umso glücklicher bin ich, dass ich den Rekord laufen und mir die europäische Jahresbestzeit zurückholen konnte.

Sie lassen die Saison noch mit zwei Rennen über 800 Meter ausklingen. Nach einem verdienten Urlaub geht es dann Richtung 2018. Gibt es schon Pläne für Änderungen, die Sie und Ihr Trainer Wolfgang Heinig ausprobieren möchten?

Gesa Felicitas Krause:

Ich möchte im Dezember in Italien ein Höhentrainingslager auf Ski machen. Das habe ich auch schon gebucht und geplant. Ich möchte mit klassischem Langlauf als Alternativ-Training zwei Wochen lang eine Grundlage für das nächste Jahr schaffen. Um diese Zeit habe ich auch in den vergangenen Jahren viel alternativ trainiert. Statt Aquajoggen oder im Fitnessstudio auf dem Ergometer zu sitzen, kann ich diesmal an der frischen Luft und in einer schönen Umgebung sein. Laufen kann man ja sowieso auch immer, ob es auf dem Laufband ist oder eben draußen.

In der Vorbereitung auf 2016 haben Sie sich am Halbmarathon versucht, der steht erst einmal nicht mehr auf Ihrer Liste?

Gesa Felicitas Krause:

Der Ausflug auf den Halbmarathon hat nicht ganz so geklappt. Wir haben hart an das Rennen herantrainiert. Die Erfahrung war nicht schlecht. Das Training war in meinem Körper. Die langen Läufe haben mir für die lange Saison gut getan. Aber ich tue mich schwer mit allem, was länger als fünf Kilometer ist. Weil es sehr zäh ist und ich nicht so gerne die Kilometer zähle. Ich finde es besser, wenn ein Rennen schneller vorbei ist.

Gibt es auch schon eine Marschroute in Richtung Sommer 2018?

Gesa Felicitas Krause:

Alles ist auf die EM in Berlin ausgerichtet. Ich werde sicherlich eine kleine Hallensaison machen. Der Aufbau der Trainingslager wird dann ähnlich sein wie in diesem Jahr. Kenia wird auf jeden Fall wieder dabei sein, genauso wie Südafrika. In die Sommersaison werde ich nicht so früh einsteigen wie in diesem Jahr. Ich war schon beim Auftakt der Diamond League in Doha und bin dann nach China geflogen, später noch in die USA. Das war hart für den Biorhythmus, aber auch eine gute Erfahrung für den Körper.

Wie blicken Sie dann auf die EM voraus?

Gesa Felicitas Krause:

Das ISTAF und mein Rennen hier waren eine schöne Generalprobe und ich freue mich riesig auf Berlin 2018. Ich werde als amtierende Europameisterin antreten. Ich möchte diesen Titel nicht hergeben.

Man könnte Sie ein wenig als Pionierin der DLV-Athletinnen bezeichnen, die im Laufbereich wieder den Anschluss an die internationale Spitze erreicht haben. Mit Konstanze Klosterhalfen, Hanna Klein und Alina Reh zählen weitere deutsche Läuferinnen dazu. Sehen Sie sich da als Vorreiterin?

Gesa Felicitas Krause:

Es macht Mut, wenn Mädels da sind, die versuchen vorwärts zu kommen. Konstanze hat einmal gesagt, dass sie mich ein wenig als Vorbild sieht. Mittlerweile sehe ich sie selbst als Vorbild. Wir haben alle eine Vorbildfunktion und zeigen: Hey, wir können mitlaufen. Man bekommt in dem Sport nichts geschenkt, aber wir alle Vier haben Leidenschaft in uns. Wir quälen uns gerne im Training. Dann hat man auch so Momente wie hier beim ISTAF. Das ist ein Signal für den Nachwuchs. Unser Sport hat nicht mehr den Stellenwert, wie er ihn früher mal hatte. Ich hoffe, dass wir dazu beitragen können, dass gegen diesen Trend gearbeitet wird.

Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zur afrikanischen Konkurrenz?

Gesa Felicitas Krause:

Eine der Tempomacherinnen beim ISTAF, Caroline Tuigong, hat das gleiche Management wie ich. Gerade zu den Kenianerinnen habe ich mittlerweile einen guten Draht. Ich war schon oft in Kenia. Das ist eine Basis, um mitreden zu können. Ich habe in diesem Jahr auch viel im Diamond League-Zirkus mitgemacht. Man kennt sich einfach. Für mich sind sie auch ein Vorbild. Ich weiß, wie hart sie arbeiten, und versuche das auch zu tun.  

Mehr:

<link news:59758>Deutscher Rekord! Gesa Felicitas Krause läuft 9:11,85 min
<link http: www.leichtathletik.de termine top-events istaf-2017-berlin>Mehr zu ISTAF 2017

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