| Interview der Woche

Gesa Krause: „Ich will bei der WM aufs Treppchen“

Hinter Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) liegt ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Nach einem holprigen Start verteidigte die 26-Jährige bei der Heim-EM in Berlin eindrucksvoll ihren Titel. Dafür wurde sie am Samstag von laufen.de zum vierten Mal in Folge als Deutschlands "Läuferin des Jahres" geehrt. Im Interview spricht sie nicht nur über das Jahr 2018, sondern blickt auch auf die WM 2019 voraus und verrät, dass sie gerne einmal unter 9:00 Minuten laufen würde.
Anja Herrlitz

Gesa Krause, hinter Ihnen liegt ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Gesa Krause:

Das letzte Jahr war mit Sicherheit kein einfaches und eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Aber was ist eigentlich einfach? Ich glaube Sport ist nicht einfach. Diese Bilderbuchgeschichten gibt es im Sport ganz, ganz selten. Das Ende mit dem Sieg in Berlin war für mich ja wie im Bilderbuch, aber der Weg dahin war alles andere als easy. Umso mehr kann ich mich aber jetzt auch freuen.

Das hat man Ihnen ja auch in Berlin schon ein bisschen angesehen, dass das ein besonderer Sieg war …

Gesa Krause:

… ja, ich bin ja eigentlich kein Mensch, der so sehr aus sich herausgeht. Aber in Berlin, das waren Emotionen pur. Das lag einerseits an der tollen Atmosphäre, andererseits aber auch daran, dass das Jahr nicht einfach war. So langsam realisiere ich, dass dieser Sieg noch bedeutender war, als ich im ersten Moment gedacht habe.

Sie haben es angesprochen: Zu Beginn der Saison sind die guten Zeiten bei Ihnen ausgeblieben. Haben Sie und Ihr Trainer analysiert, woran das lag?

Gesa Krause:

Ich hatte einfach sehr, sehr hart trainiert und konnte das nicht umsetzen, weil ich mir nie genug Erholung gegönnt habe. Die Wettkämpfe waren immer zum falschen Zeitpunkt.

Und haben Sie mit Ihrem Trainer daraus Lehren gezogen?

Gesa Krause:

Mit Sicherheit. Wir werden künftig noch mehr darauf hören, wie ich mich fühle. Dieses Jahr hatten wir einige Wettkämpfe geplant, und diesem Plan wollten wir treu bleiben. Ich wollte keinen Wettkampf absagen, weil ich mich nicht so fit fühle, ich war ja nicht krank. Aber vielleicht muss man das dann mal tun. Wir haben immer gehofft, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem ich das umsetzen kann, was in meinen Beinen steckt. Der kam dann ja auch bei der EM. Aber bei den ersten Wettkämpfen der Saison war es schon frustrierend, dass ich ein Schatten meiner selbst war.

Wie war für Sie dann das Gefühl, in Berlin bei der EM am Start zu stehen? Hatten Sie das volle Vertrauen in sich?

Gesa Krause:

Ich wusste nicht, was da passiert und war angespannt. Letztes Jahr habe ich fest damit gerechnet, dass ich in Berlin den Titel holen kann und als Favoritin ins Rennen gehe. Das war dann nicht mehr so. Aber ich wusste, dass mich mein Trainer bei den Höhepunkten nie mit einer schlechten Form ins Rennen schickt. Und ich habe mich auf das Rennen gefreut. Ich wusste, dass viele Menschen dorthin gekommen sind, weil sie mich sehen wollten. Das war auch eine gewisse Verantwortung, die ich dort getragen habe. Ich war da nicht nur für mich, sondern auch für diese Leute, meinen Trainer, meine Familie und meinen Freund, die mich immer so lange entbehren. So hatte ich an dem Tag das Glück, dort laufen zu dürfen. Deswegen habe ich mich sehr darauf gefreut.

Jetzt stehen am Ende des Jahres ja auch viele Ehrungen an. Sie sind am Wochenende zum vierten Mal zur "Läuferin des Jahres" gewählt worden und haben auch schon die Sportplakette des Landes Rheinland-Pfalz bekommen, überreicht von Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Was bedeuten diese Ehrungen für Sie?

Gesa Krause:

Ich finde sie schön. Denn wenn man zu Ehrungen eingeladen wird, weiß man auch, es war ein gutes Jahr. So eine Ehrung ist dann auch eine Belohnung. Man geht mit einem guten Gefühl nach Hause, und dieses Gefühl nehme ich dann diese Woche mit in das erste Trainingslager in Kenia. Denn das wird hart werden. Es ist auch eine Würdigung dessen, was man das Jahr über geleistet hat. Schade finde ich nur, dass die Würdigung mehr bei den Athleten liegt als bei den Trainern oder den Menschen, die noch darum herum sind und zu dem Erfolg beigetragen haben. Deswegen betone ich immer, dass es nicht nur mein Erfolg ist, sondern der meines Teams.

Werfen wir einen Blick voraus auf 2019 mit der WM in Doha. Welchen Stellenwert hat für Sie die WM im nächsten Jahr, die sehr spät Anfang Oktober stattfinden wird?

Gesa Krause:

Für mich macht der späte Zeitpunkt eigentlich keinen Unterschied. Ich habe schon oft eine Saison bis Mitte September gemacht. Jetzt ist es eben bis in die erste Oktoberwoche rein. Das erfordert eine etwas andere Planung, zum Beispiel mit einem Trainingslager mehr am Ende. Es bedeutet auch, dass die Urlaubsphase danach sehr, sehr kurz ist. Für mich wahrscheinlich nur zwei Wochen, von denen ich eine Woche wegfahre. Aber ich sehe es eher praktisch: Ich steige dann nach einer kürzeren Pause wieder mit einem höheren Niveau ein. Wichtig ist, dass ich gesund und verletzungsfrei durchkomme. Denn man hat einfach weniger Zeit, vor der Olympiasaison Wehwehchen auszukurieren.

Haben Sie sich für das nächste Jahr denn schon Ziele gesetzt?

Gesa Krause:

Ich möchte meinen deutschen Rekord verbessern. Das wollte ich eigentlich dieses Jahr schon. Und nach meinem dritten Platz bei der WM 2015 will ich in Doha gerne wieder auf das Treppchen laufen. Fakt ist: Dafür muss ich definitiv schneller laufen. Ich gehe davon aus, dass man für den Finaleinzug allein eine Zeit unter 9:20 Minuten laufen muss. Vorne gibt es derzeit eine breite Spitze, die zwischen 9:00 und 9:08 Minuten läuft. Ich denke man muss in einem Meisterschaftsrennen natürlich clever laufen, aber auch schnell sein, um überhaupt vorne dabei zu sein.

Und gibt es ein ultimatives Ziel, dass Sie gerne erreichen würden?

Gesa Krause:

Ich würde gerne die Neun-Minuten-Grenze knacken. Aber die nächste Hürde sind erst einmal die 9:10 Minuten. Ich glaube, ich hatte vor zwei Jahren schon einmal das Niveau dafür. Aber für Bestzeiten braucht man eine perfekte Form und ein perfektes Rennen. Ich hoffe, dass das irgendwann mal zusammenkommt.

Mehr:

<link news:66324>Gesa Krause und Tom Gröschel sind "Läufer des Jahres" 2018

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