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Götzis 2018: Damian Warner dominiert, DLV-Quartett mischt ganz vorne mit

Fünf deutsche Zehnkämpfer inmitten der Weltelite – und mit Chancen auf vordere Platzierungen. Wir berichten von Disziplin zu Disziplin, wie sich Rico Freimuth, Kai Kazmirek, Niklas Kaul und Luca Wieland am Samstag im Mehrkampf-Mekka Götzis (Österreich) präsentiert haben.
Silke Bernhart

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400 Meter

DLV-Quartett stellt Weichen für einen spannenden zweiten Tag

Was für ein 400-Meter-Rennen von Kai Kazmirek! Im fünften Wettbewerb war Wiedergutmachung angesagt für verlorene Punkte in den Disziplinen zuvor. Der WM-Dritte stürmte der Konkurrenz auf und davon und als Schnellster nach 47,27 Sekunden ins Ziel. Der Lohn: die „Patronanz“ für den Disziplin-Sieg und ein riesen Satz nach vorne in der Zwischenwertung. Mit 4.347 Punkten übernachtet er auf Platz zwei und hält einen Kurs in Richtung 8.400 Punkte. Sogar 8.700 Punkte könnte am Sonntag Damian Warner sammeln: Er war in 47,72 Sekunden der zweitbeste 400-Meter-Läufer und hat nun 4.656 Punkte auf dem Konto – 33 mehr als zur Halbzeit 2017, als er mit 8.695 Punkten gewonnen hatte.

Wie schon im Vorjahr gelang auch Mathias Brugger ein starker Auftritt, wenngleich er in 48,02 Sekunden nicht an seine Bestmarke (47,29 sec) herankam. Die drittbeste Zeit der Konkurrenz brachte ihn vor bis auf Platz fünf (4.263 Pkt) und lässt auf ein Endergebnis in Richtung 8.300 Punkte hoffen. Niklas Kaul arbeitete sich mit 48,41 Sekunden ebenfalls weiter nach vorn und übernachtet als Achter (4.197 Pkt). Dahinter sortierte sich als Elfter mit 4.184 Zählern vorläufig Rico Freimuth ein, in 50,09 Sekunden verlor er wie zuvor im Hochsprung einige Punkte im Vergleich zu seinen besten Zehnkämpfen.

Mit einem dominierenden Damian Warner an der Spitze bahnt sich für den zweiten Tag ein hochklassiger und spannender Kampf um die weiteren Podiumsplätze an, in dem auch die Esten Maicel Uibo (4.295 Pkt) und Karel Tilga (4.264 Pkt), der Niederländer Pieter Braun (4.258 Pkt) oder der Schwede Fredrik Samuelsson (4.229 Pkt) ein Wörtchen mitreden werden. Die vier DLV-Athleten können dabei alle noch mit Ergebnissen zwischen 8.300 und 8.450 Punkten liebäugeln. Mit starken zweiten Tagen werden sich besonders Rico Freimuth und Niklas Kaul weiter nach vorne arbeiten. Zum Vergleich: 2017 hatte Niklas Kaul nach Tag eins der U20-EM drei Zähler Vorsprung auf den jetzt viertplatzierten Karl Tilga. An Tag zwei machte er daraus nach zehn Disziplinen 400 Punkte Vorsprung.

STIMMEN ZU TAG 1

Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied):
In den 400 Metern war sehr viel Wut drin! Ich war schon nach den 100 Metern stinksauer. Wir haben so viel Schnelligkeit trainiert, ich habe mich gut gefühlt – und dann sowas. Der Weitsprung war gut, auch wenn ich keinen Versuch richtig getroffen habe. Die Weite im Kugelstoßen war okay, kein Totalausfall, da habe ich zurzeit einfach technische Probleme. Im Hochsprung musste ich dann kämpfen, da passte der Anlauf nicht. Über 400 Meter wollte ich mir dann unbedingt eine gute Ausgangslage für morgen verschaffen, weil ich weiß, dass Rico einen starken zweiten Tag hat. Vielleicht haben wir im Training ein bisschen zu spät rausgenommen, ich habe mich noch ein bisschen schlapp gefühlt. In Ratingen trete ich auf jeden Fall noch mal an, bis dahin mache ich aber noch höchstens sieben Einheiten. Eine Woche Regeneration, dann noch ein paar Dinge antesten, und dann müssen wir auch schon wieder rausnehmen. In Ratingen startet auch ein Arthur Abele, wir sind zurzeit alle so stark, da kann sich keiner auf den Ergebnissen hier ausruhen.

Mathias Brugger (SSV Ulm 1846):
Ich bin super glücklich! Ich hatte keinen Aussetzer. Am Freitag habe ich im Training im Hochsprung die ersten fünf Sprünge gemacht. Dann hier vier, alle gültig im ersten Versuch, ich habe bei jedem Sprung gejubelt – vor allem darüber, dass nichts wehgetan hat! Die 2,00 Meter waren heute das Maximum. Die 400 Meter auf Bahn sechs zu laufen fand ich nicht schlimm. Das war alles das, was ich zurzeit drauf habe. Jetzt nach dem ersten Tag geht’s mir besser als im letzten Jahr.

Niklas Kaul (USC Mainz):
Ich bin total zufrieden, damit hätte ich so nicht gerechnet. Meine Highlights? Eigentlich der ganze erste Tag, aber vielleicht besonders der Hochsprung und der Weitsprung – auch wenn ich da dem knapp übergetretenen dritten Versuch noch ein bisschen hinterher trauere. Ich hätte gedacht, ich bin hier ein bisschen aufgeregter, aber da haben mir wahrscheinlich die vielen Wettkämpfe aus der Jugend geholfen. Die Stimmung ist der Wahnsinn. Man klatscht einmal an, und dann kommt so ein „Rumms“ aus dem Publikum – und man geht im Anlauf erstmal einen Fuß zurück. Ich freue mich auf morgen!

Rico Freimuth (SV Halle):
Ich hatte ein paar Probleme in der Vorbereitung. Mein Knie tut weh, ich habe mir einen Zeh eingeblutet, ich habe Schmerzen am Rücken. Für den Hochsprung schäme ich mich – ich hoffe, meine Mutter hat nicht zugeschaut. Der Hochsprung war noch schlimmer als die 400 Meter. Insgesamt habe ich da 150 Punkte verschenkt. Es ist kein Selbstläufer, ich muss mir alles jedes Jahr extrem hart erarbeiten. Aber ich habe einen starken zweiten Tag, da kann ich mehr als 4.200 Punkte machen. Aufgeben kommt nicht in Frage, ich versuche lieber, meine erste Chance für eine Qualifikation zu nutzen, als mich auf die zweite in Ratingen zu verlassen. Da starte ich aber trotzdem auf jeden Fall noch mal. Ratingen ist mein Lieblings-Wettkampf, vielleicht auch, weil ich dort meine Bestleistung aufgestellt habe. Ich habe viele gute Erinnerungen daran.

Hochsprung

Niklas Kaul glänzt mit 2,09 Metern

Hält das Knie? Das war für Mathias Brugger die entscheidende Frage vor dem Hochsprung. Bei der WM im August 2017 hatte er sich in dieser Disziplin die Patellasehne angerissen, seitdem war er ein einziges Mal wieder gesprungen – im Training in der Woche vor Götzis. Mit vier blitzsauberen Sprüngen meldete sich der Ulmer topfit, nach 2,00 Metern im ersten Versuch bedankte er sich beim Publikum und beendete den Wettbewerb.

Zu dem Zeitpunkt hatte sich Rico Freimuth mit 1,91 Metern bereits verabschiedet. Und Kai Kazmirek und Niklas Kaul waren auf Anlage A auf Höhenjagd. Für den WM-Dritten von der LG Rhein-Wied wurde der Auftritt in einer seiner Paradedisziplinen zur Zitterpartie – zweimal musste er in den dritten Versuch, bevor mit 2,06 Metern ein gutes Resultat in die Ergebnislisten eingehen konnte. Noch eine Höhe mehr meisterte Niklas Kaul. Dem 20-Jährigen fehlte mit 2,09 Meter nur ein Zentimeter zur Bestleistung, er zählte damit gemeinsam mit den Esten Maicel Uibo (2,12 m) und Karel Tilga (2,09 m) zu den besten Hochspringern und machte deutlich Boden gut.

Damian Warner (2,03 m; 3.642 Pkt) an der Spitze konnten sie damit nicht in Verlegenheit bringen, mit 3.495 (Uibo) und 3.441 (Tilga) Punkten schoben sie sich aber auf Platz zwei und drei der Gesamtwertung nach vorne. Kai Kazmirek (3.402 Pkt) geht als Sechster auf die 400 Meter, noch in den Top Ten sind Freimuth (3.374 Pkt) und Brugger (3.355 Pkt). Auf Platz 14 hat sich Niklas Kaul (3.308 Pkt) nach vorne gepirscht.

Kugelstoßen

Damian Warner souverän, Brugger arbeitet sich nach vorn

2015 hatte er sich im Kugelstoßen mit drei Versuchen außerhalb des Sektors selbst aus dem Rennen um den Sieg genommen. In diesem Jahr passierte ihm das nicht – im Gegenteil: Mit 14,83 Metern zeigte der führende Damian Warner ein für ihn gutes Resultat nur 28 Zentimeter unter Bestleistung, das ihm mit 2.811 Punkten weiter souverän den Platz an der Spitze beschert. Auch Rico Freimuth konnte mit einem Stoß auf 14,88 Meter seine Position zwei wahren (2.651 Pkt). Er absolviert nach überstandenen Rückenbeschwerden „nahe am Bandscheiben-Vorfall“ bisher wieder einen Zehnkampf auf hohem Niveau, auch wenn die sonst sicheren 15-Meter-Stöße diesmal fehlten.

Für Kai Kazmirek ist zumeist eher die 14-Meter-Marke das Hindernis – in London bei der WM blieb er darunter, in Götzis gelang ihm mit 14,03 Metern ein Stoß knapp darüber. Im Gesamtresultat kostete ihn das einige Plätze, unter anderem zog Mathias Brugger mit 15,11 Metern an ihm vorbei und als Neunter (2.552 Pkt) in die Top-Ten-Ränge. In diese dürfte sich als starker Hochspringer und 400-Meter-Läufer auch Kai Kazmirek bald wieder zurückkämpfen. Er ist nach drei Disziplinen Elfter (2.543 Pkt). Niklas Kaul meldete sich mit beachtlichen 14,20 Metern in seinem ersten Zehnkampf mit der 7,26 Kilo schweren Männerkugel zu Wort. Er hat 2.421 Punkte auf dem Konto und ist damit zurzeit 17.

Weitsprung

Deutsche Zehnkämpfer in Flugshow vorne mit dabei

Damian Warner machte einen Satz in die Grube – dann packte er seine Sachen wieder. 7,81 Meter: Mit dieser Saison-Bestleistung gab sich der Kanadier zufrieden. Es sollte der weiteste Satz des Tages bleiben, am nächsten kam ihm noch der Belgier Thomas van der Plaetsen, der auf zwei ungültige Versuche noch 7,67 Meter in den Sand zauberte. Und auch die DLV-Athleten mischten vorne mit. Für Kai Kazmirek war dabei Wiedergutmachung nach den sub-optimalen 100 Metern angesagt. Nach 7,15 Metern kämpfte er sich noch über 7,51 Meter auf 7,56 Meter und bis auf Platz fünf der Weitsprung-Wertung nach vorne. Ordentlich, wenngleich der Jubel verhalten ausfiel.

Die Faust ballte dagegen Rico Freimuth, der ebenfalls nur einmal Anlauf nahm. Mit 7,42 Metern war er zufrieden. Und auch Niklas Kaul stieß einen Jubelschrei aus, als im ersten Versuch – ohne Brett – 7,29 Meter und damit Bestleistung gemessen wurden. Mit 7,32 Metern in seinem ersten Weitsprung seit August 2017 konnte Mathias Brugger ebenso zufrieden sein. Das deutsche Top-Quartett ist nach zwei Disziplinen auf den Rängen zwei (Freimuth; 1.869), sechs (Kazmirek: 1.813), elf (Brugger; 1.756) und 20 (Kaul; 1.680) durchweg auf gutem Kurs.

Beim Weitsprung nicht mehr dabei war dagegen Luca Wieland. Schon in der Schlussphase über 100 Meter musste der 23-Jährige auf die Zähne beißen, anschließend folgte die Erkenntnis: Einen kompletten Zehnkampf macht der Oberschenkel nicht mit. Nun hofft er, bis zum Mehrkampf-Meeting in Ratingen (16./17. Juni) wieder fit zu werden.

100 Meter

Warner und Freimuth vorweg, Bestleistung für Kaul

Es ist schon fast ein gewohntes Bild in der ersten Disziplin des Mehrkampfs von Götzis: Vorjahressieger und Meeting-Rekordler Damian Warner (Kanada) stürmte über 100 Meter vorweg – und in seinem Schlepptau sprintete auch Rico Freimuth (SV Halle) wieder zu einer starken Zeit. Für den Olympia-Dritten aus Kanada wurden 10,31 Sekunden gestoppt, damit war er vier Hundertstel schneller als zum Zehnkampf-Auftakt im Vorjahr. Rico Freimuth war in 10,59 Sekunden der zweitschnellste Sprinter, zu seinem Resultat aus dem Vorjahr fehlten nur sechs Hundertstel.

Insgesamt fünf DLV-Athleten standen am Samstag in den Startblöcken von Götzis, die zweitbeste Zeit des Quintetts ging auf das Konto von Luca Wieland (SV Halle). Er wurde im schnellsten Rennen in 10,95 Sekunden Fünfter – in der Summe gleichbedeutend mit Platz acht aller Resultate, jedoch recht deutlich über Hausrekord (10,56 sec). Auch der WM-Dritte Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) blieb in 10,99 Sekunden ein bis zwei Zehntel von den Zeiten entfernt, mit denen er üblicherweise in einen Zehnkampf startet.

Für WM-Teilnehmer Mathias Brugger (SSV Ulm 1846) waren 10,98 Sekunden dagegen ein guter Auftakt in Tag eins. Im Verhältnis den besten Start in seinen ersten Männer-Zehnkampf erwischte Niklas Kaul (USC Mainz). In seiner vielleicht ungeliebtesten Disziplinen stellte der U20-Weltrekordler in 11,29 Sekunden eine neue Bestmarke auf.

Mehr:

<link news:63221>Götzis 2018: Der Siebenkampf von Disziplin zu Disziplin (Tag 1)
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Götzis 2018 in der ARD Sportschau
Die ARD zeigt im Rahmen der Sportschau ab 18:00 Uhr am Samstag und am Sonntag Zusammenfassungen vom Mehrkampf-Meeting 2018 in Götzis.
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