"Golden Girls" aus Frankreich sorgen für Knatsch
Der Technische Direktor klopfte energisch auf den Tisch und sprach das Wort zum Sonntag. "Das Geld wird zwischen den sechs Athletinnen aufgeteilt, die auch zum Staffelrennen angemeldet waren", erklärte Robert Poirier, "es wurden ja auch sechs Medaillen ausgegeben." Patricia Girard, Muriel Hurtis, Sylviane Félix und Christine Arron, die im Sommer WM-Gold über 4 x 100 Meter eingesackt hatten, waren der Meinung, dass die Prämie von 80.000 Dollar, umgerechnet knapp 66.000 Euro, zum Großteil ihnen gehören würde.
In Frankreich gibt's Staffelstreit ums Geld (Foto: Kiefner)
Das dreitägige Treffen der "Golden Girls" in Paris-Vincennes begann mit reichlich Knatsch. Denn Patricia Girard, Muriel Hurtis, Sylviane Félix und Christine Arron, die im "Stade de France" mit fünf Hundertstel Vorsprung vor dem USA-Quartett gewonnen hatten, waren übereingekommen, dass die beiden Ersatzläuferinnen, Odiah Sidibé und Fabé Dia, zehn Prozent der Summe erhalten und die restlichen 90 Prozent in ihre eigene Tasche wandern sollten.Aber Robert Poirier spielte nicht mit und wies das Ansinnen zurück. "Wenn die Vier auf der Laufbahn brilliert haben, dann deshalb, weil die Ersatzläuferinnen ihnen geholfen haben", sagte er, "wenn ein Athlet das nicht akzeptiert, disqualifiziert er sich selber." Robert Poirier blieb hart und ließ nicht mit sich reden.
Ferngeblieben
Sylviane Félix war erst gar nicht erschienen. Sie hatte die Veranstaltung, die eigentlich als dreitägige Trainingseinheit unter Leitung von Nationaltrainer Philippe Leroux vorgesehen war, von vornherein boykottiert. Ob sie künftig auf weitere Staffeleinsätze verzichten will, ist noch unklar. Christine Arron fehlte auch, da die Europarekordlerin über 100 Meter in Guadeloupe weilte.
Wenn Christine Arron sich mit Sylviane Félix solidarisch erklären würde, bekäme Philippe Leroux ein Riesenproblem. "Ohne Christine gäbe es keine Staffel", betonte Patricia Girard in einem Interview mit der französischen Nachrichtenagentur "Agence France Press", "in jedem Fall keine mit einem gleichen hohen Ziel." Dann müssten sich die Damen eine Medaille wohl abschminken.
Weiter Lust auf Staffel
Patricia Girard, die Hürdensprinterin, kann sich eine derartige Entwicklung aber nicht vorstellen. "Mit dem Prämien-Entscheid bin ich zwar nicht einverstanden", fügte sie hinzu, "dennoch habe ich weiterhin große Lust auf die Staffel." Deshalb sei sie auch in Paris-Vincennes erschienen, obwohl sie vorher hin und her überlegt habe, ob sie wie Sylviane Félix dem Treffen kurzerhand fernbleiben solle.
Das 4 x 100-Meter-Quartett, bei internationalen Anlässen stets für eine Medaille gut, sorgt knapp fünf Monate vor Beginn der Olympischen Spiele am 20. August schon wieder für Schlagzeilen. Diesmal sind sie allerdings alles andere als positiv.