Gonschinska: "In Tampere startet die Zukunft"
Es geht um mehr als Gold, Silber und Bronze. Die U23-Europameisterschaften in Tampere (Finnland; 11 bis 14. Juli) sind Entwicklungsmeisterschaften. Das findet zumindest Idriss Gonschinska, der Cheftrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Im Interview spricht er über die unterschiedlichen Athletentypen in der Mannschaft, über seine Erwartungen und über Dinge, die Athleten im Training einfach nicht üben können.

Idriss Gonschinska:
Das sind Meisterschaften, in denen der Schwerpunkt darauf liegt, dass sich die Athleten an große, internationale Meisterschaften im Übergang aus dem Jugendbereich gewöhnen. Denn die verlaufen anders als die Meetings, die sie sonst so kennen. Hier erwartet die Athleten ein Call-Room, hier kann man sich nicht einfach überall aufwärmen, hier muss man sich gegen internationale Konkurrenz behaupten und hier muss man sich in der Qualifikation, oft zu ungewohnten Uhrzeiten überhaupt erstmal durchsetzen. All diese Bedingungen sind für die erfahrenen Athleten ganz normal, aber die jüngeren Sportler müssen sich daran erst gewöhnen. Das sind alles Dinge, die kann ein Trainer mit seinem Athlet noch so oft im Training durchgehen oder simulieren, so richtig lernt der Athlet das aber erst durch wirkliche Meisterschaften. Und dafür gibt es die U23-EM als Tranfermeisterschaft. Hinzu kommt, dass die U23-Meisterschaften das Turnier sind, aus denen die meisten Athleten hervor gehen, die sich wirklich dauerhaft in unserer Aktiven-Nationalmannschaft etablieren können. Die Athleten, die hier an den Start gehen, sind die Zukunft unserer Nationalmannschaft.
Nun sind in diesem Team aber auch Athleten dabei, die schon bei Olympischen Spielen waren, die bei Europameisterschaften der Aktiven gestartet sind, die also schon Teil der Nationalmannschaft der Aktiven sind. Was sollen diese Athleten denn in Tampere lernen?
Idriss Gonschinska:
Hier sind sie erstmals Mitfavoriten. Das ist für diese Athleten eine neue Herausforderung. Externe und eigene Erwartungen steigen. Auch das ist eine wichtige Erfahrung, an der sie sich weiterentwickeln können. Auch in der Mannschaft haben diese Sportler eine besondere Aufgabe. Sie sind Orientierungspunkt für andere Athleten, die vielleicht das erste Mal bei internationalen Meisterschaften dabei sind. Sie prägen das Team.
Und die Sportler, die vielleicht das erste Mal in so einer Mannschaft dabei sind, welche Aufgabe haben sie? Außer Erfahrungen zu sammeln?
Idriss Gonschinska:
Das sind meist die Athleten, die die nötige Unbeschwertheit in die Mannschaft bringen. Sie sind unbefangen und bringen eine gesunde Portion Frechheit ins Team. Diese Begeisterung überträgt sich im Laufe der Meisterschaften meist auf die ganze Mannschaft. Denn klar, das sind eigentlich alles Individualsportler, aber bei Meisterschaften verstehen sie sich doch alle als eine Mannschaft und das wiederum tut der Leistung jedes Einzelnen unglaublich gut.
Welche Leistungen erwarten Sie denn insgesamt? Zur Erinnerung: Bei der letzten U23-EM in Ostrava gab es 15 Medaillen und in der Nationenwertung den zweiten Platz.
Idriss Gonschinska:
Eine Medaillenprognose werden Sie von mir nicht hören, aber unter die Top drei wollen wir wieder kommen. Die Russen und die Briten, die schätze ich neben uns als die stärksten Teams ein.
Okay, reden wir nicht über Medaillen allgemein, sondern über eine ganz Konkrete: die Bronzemedaille von Hagen Pohle über 20 Kilometer Gehen. Einen besseren Start in die Titelkämpfe hätten Sie sich doch eigentlich gar nicht wünschen können, oder?
Idriss Gonschinska:
Stimmt, Hagen Pohle hat vorgemacht, was wir uns von den anderen Athleten auch wünschen. Er hat zum Saisonhöhepunkt das Bestmöglichste aus sich herausgeholt. Als Vierter der Meldeliste angereist und sich dann die Bronzemedaille geholt – das ist ein gutes Omen für diese Meisterschaften. Und das hat auch der Rest des Teams so gesehen, denn die Mannschaft war ja an der Strecke und hat ihn angefeuert. Viele haben mir danach gesagt, dass sie jetzt noch mehr Lust auf dieses Turnier haben.
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