| DM 2015 Nürnberg

Gregor Traber - Raus aus der Komfortzone, rein in die Weltklasse

Hürdensprinter Gregor Traber hat am ersten Tag der Deutschen Meisterschaften in Nürnberg für einen der Höhepunkte gesorgt. In 13,32 Sekunden war er so schnell wie seit zehn Jahren kein deutscher Hürdensprinter mehr. Die Steigerung hatte sich angebahnt.
Martin Neumann

30 Jahre ist es her, dass ein junger Tennisspieler aus Leimen nach Big Points erstmals die Faust als Geste des Triumphes ballte. Die „Becker-Faust“ war geboren. Nicht auf dem ehrwürdigen Rasen von Wimbledon gab’s am Samstag diesen Ausdruck der absoluten Freude zu bestaunen, sondern auf der roten Kunststoffbahn des Nürnberger Grundig-Stadions. Nach dem fulminanten Endlauf über 110 Meter Hürden ließ Gregor Traber (VfB Stuttgart) seiner Freude freien Lauf. Er schleuderte die nach Boris Becker benannte Faust den Fans auf der Haupttribüne des Nürnberger Stadions entgegen und jubelte überschwänglich über seinen Triumph.

Gründe dafür hatte Gregor Traber zuhauf: Bestzeit um eine Zehntel gesteigert, erstmals das WM-Ticket gebucht und ganz nebenbei die schnellste Zeit eines deutschen Hürdensprinters seit zehn Jahren abgeliefert. Diese 13,32 Sekunden waren ein Höhepunkt des ersten Tages der Deutschen Meisterschaften in Nürnberg. Für den Stuttgarter, der schon als Jugendlicher die 60 Meter Hürden bei der Hallen-DM gewinnen konnte, wirkte der Lauf wie eine regelrechte Befreiung. Denn: Schon seit zwei, drei Jahren hatten die Experten Traber eine Steigerung in den Bereich der Weltklasse zugetraut.

Sauberer Lauf

In Nürnberg zog er abgesehen von einem kleinen technischen Fehler an der neunten Hürde sauber durch. „Wir haben mehr auf Qualität im Training gesetzt. Bei der WM in Peking möchte ich ins Halbfinale einziehen. Das ist schwer genug. Jeder, der dort ist, ist mindestens 13,47 Sekunden gelaufen. Ein Fehler: dann bist du raus. Deswegen bin ich froh, mich auf 13,32 Sekunden gesteigert zu haben. Das gibt mir ein besseres Gefühl“, sagte der neue Deutsche Meister

Schneller als Gregor Traber war zuletzt unter den deutschen Hürdensprintern Thomas Blaschek. Der Leipziger lief am 9. Juli 2005 in Cuxhaven 13,31 Sekunden. Die Zeit hatte der Statistik-Freak Gregor Traber in der Mixed Zone des Grundig-Stadions sofort parat. Exakt solche Sätze zeigen: Dieser Sportler setzte sich mit Zeiten und Leistungsentwicklungen auseinander, die er niemals zuvor in seiner Karriere erreichen konnte. Weil er daran glaubt, selbst in solche Bereiche vorzudringen.

Raus aus der Komfortzone

Gregor Traber wusste spätestens Mitte Mai in Clermont (Florida), dass 2015 ein extrem schnelles Jahr für ihn werden könnte. 13,42 Sekunden war er da in den USA gelaufen. „Und das war nach dem Ende eines anstrengenden Trainingslagers. Da sind die Beine nicht unbedingt frisch“ erinnerte sich Traber.

Sein großer Vorteil: Schon vor zweieinhalb Monaten hatte er die WM-Norm eingetütet. Diese Freiheit nutzte der 22-Jährige, um möglichst viele Rennen gegen internationale Konkurrenz zu bestreiten. Der Höhepunkt: Der B-Lauf bei der Diamond League in Paris. „Ich wollte raus aus der Komfortzone, wollte nicht nur in Mannheim und Weinheim meine Rennen machen, sondern gegen internationale Konkurrenz“, beschrieb Traber. Seine Gegner hießen fortan nicht mehr Bühler, Balnuweit und John, sonder Dayron Robles, Pascal Martinot-Lagarde und Sergey Shubenkov.

In einer neuen Liga angekommen

Diese Rennen – ob in Marseille, Cheboksary oder Paris – haben den 1,90 Meter langen Hürdensprinter geprägt. Zu gewinnen gab es für ihn dort für den Moment nichts. Eine ganze Menge Erfahrung hat er trotzdem mitgenommen. Das merkte man am Samstagabend in Nürnberg. Extrem sauber nahm er die zehn Hürden im DM-Finale. Hätte der Wind (0,4 m/sec) noch ein bisschen konstanter von hinten geschoben, hätte es sogar noch die eine oder andere Hundertstel schneller sein können. Doch das war am Samstag nur Nebensache.

Gregor Traber ist in Nürnberg nach seiner Steigerung um eine Zehntelsekunde in einer neuen Leistungsliga angekommen. Das darf er liebend gern noch einmal bestätigen. Am besten mit der nächsten „Becker-Faust“ bei der WM in vier Wochen in Peking.

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