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Große Karriere mit Schattenseiten: Willi Wülbeck wird 60

Willi Wülbeck schwelgt gerne in Erinnerungen an seinen WM-Triumph über 800 Meter in Helsinki. Es war die Krönung seiner Leichtathletik-Karriere, in der er mit mentalen Problemen zu kämpfen hatte. Am Donnerstag wird er 60 Jahre alt.
dpa/sim

Willi Wülbeck wirkt nicht eitel, redet aber gern über seine Erfolge. Oft wird er in Gesprächen an den großen Tag erinnert, als er 1983 in Helsinki (Finnland) seinen berühmten Schlussspurt zündete und Weltmeister über 800 Meter wurde. "Es ist mit das überwältigendste Gefühl, das ein Sportler haben kann", sagte Wülbeck der Deutschen Presse-Agentur vor seinem 60. Geburtstag am Donnerstag. "Der Sieg war aber auch ein Ausrufezeichen und eine Genugtuung für mich."

Schon auf seiner Ehrenrunde merkte man Wülbeck an, dass eine Last von ihm gefallen war. Er ließ sich feiern, riss seine Arme nach oben und applaudierte in Richtung Publikum. "Williii", wie sein Name oft durch die Stadien hallte, hatte den Beweis erbracht: Nach seiner Dominanz auf nationaler Ebene mit zehn deutschen Meistertiteln in Serie gelang ihm im Herbst seiner Laufbahn ein Triumph bei einer internationalen Veranstaltung. Der überraschende WM-Sieg über seine Paradestrecke war gleichzeitig der Höhepunkt einer Karriere, die auch ihre Schattenseiten hatte.

Gequält von Versagensängsten

Schlafstörungen und Depressionen begleiteten Wülbeck in den letzten Jahren seiner aktiven Laufbahn, die er als Spätstarter bei Rot-Weiß Oberhausen im Alter von 15 Jahren begonnen hatte. Vor Wettkämpfen habe er manchmal eine Schlaftablette genommen, berichtet er: "Ich hatte Sorgen, dass ich meine Leistung nicht bringen kann." Vor allem sein Auftritt bei der Europameisterschaft 1978 blieb in Erinnerung, als er auf Toilette ging und den Start seines Vorlaufes verpasste.

Populär ist Wülbeck trotzdem geblieben. An seine sportlichen Leistungen nach dem WM-Triumph konnte er allerdings nicht mehr anknüpfen. "Ich hatte nicht mehr die 110-prozentige Motivation", gab der ehemalige Mittelstreckenläufer zu. Hinzu kamen Verletzungen an der Achillessehne, am Knie und am Fersenbein, wodurch er letztlich im August 1986 seine Laufbahn auf der Laufbahn beendete.

Deutsche Rekorde bisher ungebrochen

Wülbecks Rekorde haben aber noch bis heute Bestand. In Helsinki gewann er das erste Gold überhaupt für die deutschen Männer bei einer Leichtathletik-WM. Seine Zeiten von 1:43,65 Minuten über 800 Meter und 2:14,53 Minuten über 1000 Meter sind weiterhin die gültigen deutschen Rekorde über die jeweilige Distanz. "Das macht mich stolz. Es ist eine Bestätigung meiner sportlichen Klasse", sagte Wülbeck.

Die Zukunft der deutschen Leichtathletik, vor allem auf der Mittelstrecke, sieht der Weltmeister jedoch kritisch. "Es gibt Läufer wie Robin Schembera, die im Alter von 18 Jahren gut waren, das aber nicht fortsetzen konnten", urteilte Wülbeck. Ein Hauptproblem sei, dass es wegen mangelnder TV-Übertragungen an Identifikationsfiguren fehle.

Selbst kehrt Wülbeck in seiner Freizeit nicht mehr auf die Tartanbahn zurück. Er steht jetzt am Rand der Strecke und betreut Kinder im Rahmen des "RWE-Schulstaffellaufes". Gleichzeitig betreibt er Fitnesskurse und ist als Eventmanager aktiv. Sportlich hat er die Laufschuhe gegen das Rad und das Fitnesscenter eingetauscht. Die Erinnerung an seinem Triumph wird aber bleiben - und davon wird er an seinem 60. Geburtstag vermutlich auch wieder erzählen.

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

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