Häftling Marion Jones als mahnende Figur
Vor acht Jahren war Marion Jones (USA) noch die strahlende Sprintkönigin von Sydney (Australien), jetzt muss sie als trauriger Häftling Nummer 84868/054 die Olympischen Spiele in Peking (China) in einer Gefängniszelle im texanischen Forth Worth miterleben.
Dabei schien ihr nach dreimal Gold und zweimal Bronze ein Platz auf der Ehrentribüne bei Olympia auf Lebenszeit sicher. Doch nach dem Doping-Geständnis unter Tränen sind Medaillen, Ruhm und Ehre weg, die 32-Jährige büßt für ihre Sünden in einem Militärgefängnis.Längst haben sie die Sünden der Vergangenheit eingeholt, Marion Jones wurde wegen Meineids und Mithilfe zu Scheckbetrügereien ihres Ex-Freundes Tim Montgomery zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt. Erst Anfang September ist sie wieder frei, ein Gnadengesuch an US-Präsident George W. Bush blieb bislang unbeantwortet.
Auch Tim Montgomery im Knast
Auch Ex-Weltrekordler Tim Montgomery sitzt für 46 Monate hinter Gittern, weitere fünf Jahre drohen wegen Drogenhandels. Seinen Weltrekord verlor er wegen Dopings. Der brutale Absturz des einst schnellsten Sprintpaares der Welt ist beispiellos. „Ich hoffe wirklich, dass die Leute aus meinen Fehlern lernen“, sagte Marion Jones nach dem Urteil im Januar.
Kein Außenstehender weiß, ob sie ab Freitag den Sprint-Kollegen vor dem Fernseher zujubeln wird, es erscheint eher unwahrscheinlich. Ihr einziger verbliebener Bezug zur Leichtathletik ist Obadele Thompson, der 100-Meter-Dritte von Sydney von den Bahamas, mit dem Marion Jones in zweiter Ehe verheiratet ist.
Kein Vorbild mehr
Die neue Generation nimmt das einstige Vorbild mittlerweile als mahnende Figur wahr. „Ich habe einst zu ihr aufgeschaut. Es hat mich betroffen gemacht, zu sehen, was aus ihr geworden ist“, sagt Dreifach-Weltmeisterin Allyson Felix: „Ich wünschte, mein Vorbild hätte die Erfolge sauber erzielt und könnte immer noch mein Vorbild sein.“ Über 160 Dopingkontrollen passierte Marion Jones schadlos, ehe sie über die Verstrickungen in die Betrügereien ihres Ex-Mannes stolperte.
Schon vor der Urteilsverkündung hatte sie um Gnade gefleht: „Ich bitte das Gericht, so gnädig zu sein, wie ein Mensch nur sein kann.“ Vergeblich. Und so blieb der Ex-Sprinterin, die sich für pleite erklärt hat, nichts anderes übrig, als auf ein schnelles Ende der Leidenszeit zu hoffen. „Ich lege mein Schicksal in Gottes Hand und bete, dass dieses schreckliche Kapitel meines Lebens so schnell wie möglich vorbei geht.“
Schaden für den Sport
Die Fälle von Marion Jones und Tim Montgomery sowie der von Justin Gatlin, des Dopings überführter 100-Meter-Olympiasieger von Athen (Griechenland), haben maßgeblich zur großen Vertrauenskrise des US-Sports beigetragen. „Doper schaden nicht nur sich selbst. Sie schaden dem Sport“, sagt Peter Ueberroth als Chef des Nationalen Olympischen Komitees der USA.
Deshalb wurde von der Nationalen Anti-Doping-Agentur (USADA) das „Projekt Glaubwürdigkeit“ ins Leben gerufen. Es ist ein extensives Blut- und Urintestprogramm, mit dem Daten gesammelt werden, deren Veränderungen auf Doping hinweisen würden. „Wir büßen jetzt für andere Leute Missetaten“, meint Allyson Felix.
Doch der Neuanfang ist schwer. Allein im US-Leichtathletik-Team stehen bei Olympia drei Athleten, die in der Vergangenheit in Dopingfälle verwickelt waren: Torri Edwards (100 m), Damu Cherry (100 m Hürden) und Kenta Bell (Dreisprung).
Quelle: Sport-Informations-Dienst
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