Hagen Pohle - „Schon immer besser als gedacht“
Der Potsdamer Hagen Pohle marschierte in der letzten Woche bei der U18-Weltmeisterschaft in Brixen (Italien) mit seinem Titelgewinn im 10.000 Meter Gehen ins Rampenlicht. Mehr über den neuen deutschen Hoffnungsträger im Gehen und seinen Erfolg in Südtirol erfahren Sie im Interview mit dem 17-Jährigen.
Hagen, Glückwunsch zum U18-WM-Titel in Gehen. War dieser Erfolg für Dich abzusehen?Hagen Pohle:
Ich hatte nicht gedacht, dass es so gut läuft. Ich habe mich die Tage zuvor nicht so gut gefühlt.
Du bist den Wettkampf sehr offensiv angegangen. Der erste Kilometer war der schnellste überhaupt. Was das die Strategie, die zum Erfolg geführt hat?
Hagen Pohle:
Ich hatte eigentlich keine Taktik. Es war am Anfang relativ locker. Ich habe mich schon gewundert, warum keiner der anderen mitgegangen ist. Ich hatte zum Beispiel mit dem Chinesen gerechnet.
War es durch das Vorneweg-Marschieren einfacher?
Hagen Pohle:
Ich hatte eher ein bisschen Angst, weil ich nicht genau wusste, wo die hinter mir sind. Ich hatte dann erst über die Videoleinwand mitbekommen, dass ein Russe knapp hinter mir war.
Wie gut konntest Du Dich bei der Masse an Gehern, die unterwegs war, überhaupt orientieren?
Hagen Pohle:
Naja, man sieht nach einer Weile ungefähr, wen man überrundet hat und wer hinter einem sein könnte. So bekommt man das eigentlich schon mit. Außerdem hört man auch, wer hinter einem ist.
Deine Kilometer-Zeiten waren immer zwischen 4:03 und 4:13 Minuten. Passte das in den Plan?
Hagen Pohle:
Das passt rein. Ich gehe eigentlich immer sehr gleichmäßig, das kann ich mit am besten. Woher ich dieses Zeitgefühl habe, weiß ich nicht so richtig. Es war aber auch früher beim Laufen so, dass ich eher gleichmäßig gelaufen bin, weil ich nicht unbedingt die Grundschnelligkeit habe.
Du kommst vom Laufen. Wie ist aus Dir ein Geher geworden?
Hagen Pohle:
Ich bin 2007 zum Gehen gekommen. Davor bin ich 1.000 und 3.000 Meter gelaufen, auch wenn ich noch lieber die Langstrecke gemacht hätte, aber da war damals mein Trainer dagegen. Ich war Läufer und wir haben die Geher immer nachgemacht, weil es sehr lustig aussieht. Irgendwann hat die Geher-Trainerin Manja Berger in der Leichtathletik-Halle gesehen, dass ich die Technik gut drauf habe. Als sie jemanden für einen Wettkampf brauchte, bin ich dann zum Gehen gekommen. Das lief als Zweiter bei den Jungs besser als gedacht und so bin ich dort geblieben.
Besser als gedacht... Könnte man Deine junge Geherkarriere auch damit überschreiben?
Hagen Pohle:
Auf jeden Fall. Fast jeder Wettkampf brachte bei mir eine neue Bestzeit. Dass es so wird, daran konnte man gar nicht denken.
Wo könnte das noch hinführen?
Hagen Pohle:
Das weiß ich noch nicht. Vielleicht Olympische Spiele 2012? Das wäre mein großes Ziel. Nächstes Jahr steht aber erst einmal die U20-WM in Kanada an.
Du hattest Dich früher über die Geher lustig gemacht. Wie lustig sieht denn das Gehen jetzt für Dich bei Dir selber aus?
Hagen Pohle:
Ich sehe mich eigentlich nicht so gerne. Ich finde immer noch, es sieht irgendwie komisch aus.
Beim Europacup in Metz bist Du in diesem Jahr schon Vierter geworden. Wieviel Sicherheit hatte Dir das für Brixen gegeben?
Hagen Pohle:
Es hat mir schon relativ viel Sicherheit gegeben. Ich wusste danach, dass ich in Europa der Beste bei den U18 bin. Ich wusste nur nicht die anderen Athleten wie aus China einzuschätzen.
Du hattest Dich in Kienbaum auf die U18-WM vorbereitet. Wie gewappnet hattest Du Dich dadurch gefühlt?
Hagen Pohle:
Das Training lief gut. Es war ja auch in Deutschland warm, so dass ich auch auf das Wetter in Brixen gut vorbereitet war. Wie viele Kilometer ich dort trainiert habe, weiß ich gar nicht genau. Aber so 130 pro Woche müssten es schon gewesen sein.
Welchen Impuls könnte der Titel der deutschen Nachwuchs-Geherszene geben?
Hagen Pohle:
Ich hoffe, dass es jetzt vielleicht mehr machen, denn es gibt ja nicht so viele, die gehen. Es wäre toll, wenn das junge Athleten anregen würde, es auch einmal zu versuchen.
Ist es denn ein aus Deiner Sicht empfehlenswerter Schritt vom Laufen zum Gehen zu wechseln?
Hagen Pohle:
Auf jeden Fall. Die Afrikaner sind im Gehen ja nicht dabei. So ist es schon besser als beim Laufen, denn dadurch hat man international bessere Chancen.
Du bist in Potsdam an der Sportschule. Wie sieht dort Dein Tagesablauf aus?
Hagen Pohle:
Ich habe zweimal am Tag Training. Meistens ist früh erst Schule. Dann von Zehn bis Zwölf Training, danach wieder Schule und noch einmal Training. Das klappt ganz gut.
Wie und mit wem trainierst Du in Potsdam?
Hagen Pohle:
Wir haben eine Trainingsgruppe, aber dort kann ich nicht mehr mittrainieren, weil ich so viel schneller bin als die anderen. Die Trainingsbedingungen in Potsdam sind insgesamt gut. Wir haben eine Leichtathletik-Halle und eine Strecke an der Havel, an der wir entlang gehen können.
Du sollst auch im August einer der Volunteers bei der WM in Berlin sein. Welche Aufgaben kommen dort auf Dich zu?
Hagen Pohle:
Ich glaube, ich werde im Innenbereich Hürden aufstellen und abbauen. Das ist zwar ungewöhnlich für einen Geher. Aber das sind neue Herausforderungen, da muss man sich auch mal rantrauen. Wenn dann keine Hürdenwettkämpfe sind, werde ich auch versuchen, an der Geherstrecke zu sein.
Als Berufswunsch hast Du „Eisenbahner“ angegeben. Wie kommt’s?
Hagen Pohle:
Ich war als Kind schon immer von der Eisenbahn begeistert. Weil wir zuhause selber kein Auto haben, fahren wir immer mit dem Zug. So ist dieser Beruf für mich etwas Besonderes.
Legst Du mehr Kilometer zu Fuß oder mit der Bahn zurück?
Hagen Pohle:
Das könnte fast zu Fuß sein…
U18-WM in Brixen:
Twitter | DLV-Team (pdf) | News | Ergebnisse