Hagos Gebrhiwet hat neue Rekorde im Visier
In den zurückliegenden Wochen gab es viele neue Namen in den Siegerlisten internationaler Titelkämpfe. Bei den Cross-Weltmeisterschaften in Bydgoszcz (Polen) überragte im U20-Wettbewerb Hagos Gebrhiwet. Den Rückschlag der Olympischen Spiele, wo er über 5.000 Meter als Elfter hohe Erwartungen nicht erfüllen konnte, sind überwunden. Jetzt hat der Äthiopier neue Rekorde im Blick.

Dem 18 Jahre alten Ausnahmetalent verdankte Äthiopiens Team auch den Mannschafts-Sieg, wodurch der 25. Teamtriumph der erfolgsverwöhnten Junioren aus Kenia verhindert wurde. Manche Beobachter fragten sich sogar, ob der am 11. Mai 1994 geborene dreifache U20-Weltrekordmann nicht auch im zwölf Kilometer langen Lauf der Männer eine Siegchance gehabt hätte.
Olympia-Enttäuschung überwunden
Diese Frage ist nicht zu beantworten, eines allerdings ist sicher: In drei völlig unterschiedlichen Läufen hat der junge Mann aus Atsbi-Wentreba im äußersten Norden von Äthiopien bewiesen, dass er sich von seiner leichten Verletzung und dem anschließenden enttäuschenden Platz elf im olympischen 5.000-Meter-Finale gut erholt hat.
Bevor er im Myslecinek-Park von Bydgoszcz siegte, hatte der 1,73 Meter große und 55 Kilogramm leichte Langstreckler am 25. November nach fast viermonatiger Wettkampfpause zuerst im November 2012 in Addis Abeba den zehn Kilometer langen „Great Ethiopian Run“ auf 2.300 Meter Höhe gewonnen. Jenen größten Straßenlauf Afrikas, dessen erster Sieger im Jahr 2001 der unvergleichliche Haile Gebrselassie war.
Galen Rupp besiegt
Am 2. Februar 2013 holte sich der aus einer Bauernfamilie mit fünf Geschwistern stammende Läufer in Boston, der Heimatstadt seines weltweit bekannten Managers Mark Wetmore, mit 7:32,87 Minuten den U20-Hallen-Weltrekord über 3.000 Meter.
Damals löste er zum Abschluss des 18. New Balance Indoor Grand Prix bei den Leichtathletik-Fans im Reggie Lewis Center großes Staunen aus. Auf ungewöhnliche Art besiegte er den favorisierten 10.000-Meter-OlympiaZweiten Galen Rupp (USA), der nur eine Woche zuvor über die Meile zu einer stolzen Zeit (3:50,92 min) gerannt war. Schon kurz vor Beginn der letzten fünf Runden übernahm Hagos Gebrhiwet die Führung und ließ dem Trainingspartner von Doppel-Olympiasieger Mo Farah mit 2:27,63 Minuten für die letzten 1.000 Meter keine Chance.
Eliud Kipchoge abgelöst
Im Grunde hatte Hagos Gebrhiwot Berhe, wie er mit vollem Namen heißt, mit seinem Sieg eigentlich nur an seinen sensationellen Aufstieg im Jahr 2012 angeknüpft. Noch 2011 bei der U18-WM in Lille (Frankreich) war er im 3.000-Meter-Lauf in 7:45,11 Minuten „nur“ Fünfter geworden war. Ein Jahr später stellte er beim Diamond League-Meeting in Paris (Frankreich) als Zweiter in 12:47,53 Minuten einen U20-Weltrekord auf.
Diesen Rekord hatte vorher ein Mann gehalten, der Mitte April in Hamburg beim Sieg in seinem Marathondebüt mehrere Hunderttausend Zuschauer begeisterte: Eliud Kipchoge. Am 27. Juni 2003 war der bei den Bislett-Games in Oslo (Norwegen) 12:52,61 Minuten gelaufen.
Ausrufungszeichen in Carlsbad
Der Kenianer bekam auch als erster großer Laufstar zu spüren, dass in Äthiopien mit Gebrhiwet ein damals 17-Jähriger auf dem Weg in die Weltklasse war. Am 1. April 2012 kam der 5.000-Meter- Weltmeister von 2003 Eliud Kipchoge in der kalifornischen Stadt Carlsbad nahe der Grenze zu Mexiko „im schnellsten fünf Kilometer Straßenlauf der Welt“, wie ihn die Organisatoren nennen, in 13:15 Minuten lediglich auf Platz drei.
Vor ihm: zwei Läufer, die beide aus der Tigray-Region in Äthiopien stammen. Dejen Gebremeskel siegte in 13:10 Minuten, doch noch mehr konnte sich Hagos Gebrhiwet freuen. Als Zweiter stellte er in 13:14 Minuten eine inoffizielle U20-Weltbestleistung im Fünf-Kilometer-Straßenlauf auf.
Damals hieß es in Berichten: „Er sieht älter aus als siebzehn, er läuft besser als ein 17-Jähriger, aber er spricht wie ein Teenager!“
Kontinuierlich gesteigert
Nur eine gute Woche nach seinem 18. Geburtstag verbesserte Hagos Gebrhiwet im Mai bei seiner Diamond League-Premiere in Shanghai seine 5.000-Meter-Bestleistung zunächst auf 13:11,00 Minuten. Zuvor lag sein Hausrekord, aufgestellt bei den Äthiopischen Meisterschaften 2011 in Addis Abeba, bei 14:10,0 Minuten.
Als Zweiter bei den Bislett-Games in Oslo lief er in 12:58,99 Minuten erstmals unter 13 Minuten, bevor als ganz großer Paukenschlag der schon erwähnte U18-Weltrekord in Paris (Frankreich) folgte.
Hinter Dejen Gebremeskel lieferten sich Hagos Gebrhiwet (12:47,53 min) und Isiah Koech (12:48,64 min), Kenias fünfeinhalb Monate älterer U20-Hallenweltrekordler, in einem einmaligen Lauf mit sechs Zeiten unter 12:50 Minuten einen verbissenen Kampf um die Verbesserung des U20-Weltrekords.
Enttäuschung aus London überwunden
Die verständliche Freude über die Riesensteigerung schlug 14 Tage nach Paris bei Äthiopiens Nationaltrainer Hussein Shibo in große Sorgen um. Im rechten Fuß von Hagos Gebrhiwet meldeten sich vor den Olympischen Spielen Achillessehnenbeschwerden. Er spürte sie auch im Londoner Vorlauf (13:26,16 min).Nach einem Tag ohne jeden Laufschritt kam der Medaillenkandidat in 13:49,59 Minuten nur als Elfter ins Ziel.
Nicht nur sein Manager Mark Wetmore traut Hagos Gebrhiwet zu, einmal die Nummer eins der Welt über 5.000 und 10.000 Meter zu werden. Auch der junge Aufsteiger selbst sprach in Bydgoszcz bereits davon, dass er in diesem Jahr seinen U20-Weltrekord verbessern will. Das nennt man Selbstvertrauen.
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift