Halle dicht - Markus Münch improvisiert
Speerwerferin Sarah Mayer verlegt ihr Training kurzerhand ins Wohnzimmer. Geher Christopher Linke (beide SC Potsdam) sitzt auf dem Spinning-Bike im Fahrradkeller seiner Trainer. Weil die Leichtathletik-Halle "Am Luftschiffhafen" wegen Einsturzgefahr gesperrt ist, müssen die Potsdamer Athleten ausweichen. Diskuswerfer Markus Münch (ebenfalls SC Potsdam) ist dennoch optimistisch, dass er 2014 nach einem schwierigen Jahr wieder an seine Bestleistung (66,87 m) herankommt.
Den Wetterbericht hat Markus Münch schon zum Start des Wintertrainings genauer verfolgt als sonst. Seit November war bekannt: Sollte es schneien, wird seine Trainingshalle gesperrt, weil das Dach die Last nicht sicher tragen kann.Anfang Dezember war von Winterwetter keine Spur, umso überraschender kam die Nachricht für ihn und alle Leichtathleten in Potsdam: Die Halle wird dicht gemacht, Einsturzgefahr auch ohne Schnee. "Wir waren alle sprachlos und konnten es erst einmal nicht glauben", erinnert sich der EM-Achte.
Seitdem heißt es auszuweichen, was erst einmal organisiert werden musste. "Ich hatte das Glück, dass ich erst einmal zum Training nach Kienbaum gefahren bin und die erste Woche, wo in Potsdam richtig Chaos war, nicht mitbekommen habe."
Ausweichen in die Fechterhalle
Alle Geräte, die sich mitnehmen ließen - wie Disken, Kugeln oder Medizinbälle - holten Trainer und Athleten aus der Halle, um sie an anderen Trainingsstandorten zur Verfügung zu haben. Einige Geräte kutschiert Markus Münch mit dem Auto herum, um bei der Auswahl seines Trainingsortes flexibel zu sein. Auf dem Weg nach Kienbaum oder in die Berliner Rudolf-Harbig-Halle verbringt er diesen Winter mehr Zeit im Auto als geplant - nicht optimal für Höchstleistungen.
Mittlerweile ist die alte Fechterhalle in Potsdam zur improvisierten Trainingshalle geworden. Eine Tartanbahn wurde ausgelegt, die allerdings für echte Sprinteinheiten zu kurz ist. Geräte fürs Krafttraining wurden aufgestellt. Ein Umzugsunternehmen half dabei.
Nicht aus der gesperrten Halle zu bekommen war aber ein spezielles Gerät zum Krafttraining für den Diskuswurf. "Das ist im Boden verankert", berichtet Markus Münch.
Weniger Würfe als gewünscht
Auch jetzt gehört der Blick auf den Wetterbericht für alle Athleten in Potsdam mehr dazu als in einem Winter mit Halle. Die milden Temperaturen haben bisher noch viele Einheiten im Freien zugelassen, für Markus Münch standen dann vor allem Würfe auf dem Programm. "Wir haben jeden Sonnenstrahl ausgenutzt, mussten dafür aber die Mittagspause verkürzen", so der Olympia-Teilnehmer.
Trotzdem konnte er in den vergangenen Wochen nicht so viele Würfe absolvieren, wie unter normalen Umständen gedacht. "In einer Einheit kann ich draußen 30 bis 40 Würfe machen, in der Halle ins Netz sind es 50 bis 60", erzählt der Diskuswerfer. "Es ist auch etwas anderes, ob man mit kurzen Sachen in der Halle wirft oder mit drei Schichten Klamotten obenrum und untenrum." In der Halle lässt sich besser an der Technik feilen - und gerade das sollte momentan eigentlich im Mittelpunkt stehen.
Technikumstellung noch nicht abgeschlossen
Nach dem Quali-Aus bei Olympia veränderten Markus Münch und Trainer Jürgen Schult die Technik. "Die Übertragung der Energie aus den Beinen in den Oberkörper war mein Schwachpunkt. Es ist zuviel Energie in der Hüfte verpufft."
2013 führte diese Erkenntnis noch nicht zum Erfolg - die Saisonbestweite von 64,44 Metern reichte nicht für einen Start bei der WM in Moskau (Russland). Im Wettkampf fiel der ehemalige Pinneberger noch zu häufig in die alte Technik zurück. "Ich hatte aber damit gerechnet, dass die Umstellung zwei Jahre dauern könnte."
EM als großes Ziel
Einen Startplatz beim internationalen Höhepunkt hat Markus Münch in den Jahren 2009 bis 2012 immer erreicht. 2014 will er den Platz als Nummer drei in Deutschland zurückerobern und zur EM nach Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August). Die technischen Änderungen greifen. "Die ersten Tests bei der Leistungsdiagnostik haben eine positive Entwicklung gezeigt."
Christoph Harting (SCC Berlin) und Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01) muss der 27-Jährige im Kampf um ein EM-Ticket auf der Rechnung haben. Olympiasieger Robert Harting (SCC Berlin) und der WM-Vierte Martin Wierig (SC Magdeburg) dürften kaum angreifbar sein.
Wurfhaus in Potsdam im Bau
Auf dem Weg zurück zur Top-Form wird für Markus Münch höchstwahrscheinlich kein Training in der Halle "Am Luftschiffhafen" möglich sein. Es sieht eher so aus, als würden die Arbeiten am Dach deutlich über diesen Winter hinaus andauern.
Lichtblick ist ein Wurfhaus, das seit einem dreiviertel Jahr gebaut wird und im April fertig werden soll. Nachdem es im Sommer und Herbst nicht immer mit Volldampf voranging, wird der Bau im Moment forciert.
Auch wenn die Umstände nicht ideal sind, Markus Münch lässt sich nicht von seinen sportlichen Plänen abringen. Er will wieder an seine Bestleistung (66,87 m) heran - auch ohne die Potsdamer Leichtathletik-Halle. "Die Welt geht nicht unter. Ich lasse mich von dem ganzen Wirrwarr nicht aus der Ruhe bringen."