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Hallen-EM Prag - Die Männer im Fokus

Der Höhepunkt der Hallensaison steht vor der Tür: Im tschechischen Prag werden die Halleneuropameisterschaften ausgetragen. Am Donnerstag (5. März) geht es mit den ersten Qualifikationen los. Lesen Sie in der großen Vorschau, wer sich bis Sonntag (8. März) Medaillenchancen ausrechnen kann und mit welchen Ambitionen die DLV-Athleten an den Start gehen.
Silke Morrissey

<link news:39570>Vorschau: Die Frauen im Fokus

60 Meter

Mit Jimmy Vicaut und James Dasalou fehlen der Titelverteidiger und der schnellste Europäer des Jahres, auch der zweimalige Vize-Europameister von Zürich (Schweiz) Christophe Lemaitre (Frankreich) verzichtet. Den deutschen Sprintern dürfte das nur recht sein, denn damit steigen für alle Drei die Chancen aufs Finale. Christian Blum (6,56 sec) und Lucas Jakubczyk (6,58 sec) sind zwei von vier gemeldeten Athleten, die in diesem Winter schon unter 6,60 Sekunden geblieben sind, dahinter ist Julian Reus (6,60 sec) in Lauerstellung. Im Kampf um die vorderen Ränge trifft das DLV-Trio vor allem auf die traditionell starken Briten um Newcomer Chijindu Ujah und Hallen-Weltmeister Richard Kilty. 2013 war Julian Reus als Siebter bester Deutscher der Hallen-EM – 2015 ist deutlich mehr drin für den DLV, mit ein wenig Glück vielleicht sogar ein Podiumsplatz.

Titelverteidiger: Jimmy Vicaut (Frankreich), 6,48 sec
Europas Jahresbester: James Dasalou (Großbritannien); 6,52 sec
Deutsche Teilnehmer: Christian Blum (TV Wattenscheid 01), 6,56 sec; Lucas Jakubczyk (SCC Berlin; 6,58 sec), Julian Reus (TV Wattenscheid 01), 6,60 sec

400 Meter

Wenn am Samstagabend um 19:30 Uhr der Startschuss für das 400-Meter-Finale der Männer fällt, dürfte es in der ausverkauften O2 Arena niemanden mehr auf den Sitzen halten: Für die Gastgeber geht Goldkandidat Nummer eins Pavel Maslák ins Rennen. Der Tscheche ist Hallen-Weltmeister, Titelverteidiger, der schnellste Europäer des Jahres - und er weiß, wie man in der Hallen-EM-Arena gute Zeiten erzielt: 45,27 Sekunden ist er hier am 22. Februar gerannt, die Konkurrenz folgt in respektvollem Abstand von einer fast einer Sekunde und mehr. Sogar ein tschechischer Doppelsieg ist drin, denn die Nummer zwei des Jahres ist Masláks Landsmann Jan Tesař (46,21 sec). Der junge deutsche Starter Alexander Gladitz wurde für Hallen-DM-Gold und Bestleistung (46,88 sec) mit seiner ersten Nominierung für die deutsche A-Nationalmannschaft belohnt. Für ihn gilt die Devise: alles geben, Atmosphäre aufsaugen und Erfahrung sammeln.

Titelverteidiger: Pavel Maslák (Tschechische Republik), 45,66 sec
Europas Jahresbester: Pavel Maslák (Tschechische Republik), 45,27 sec
Deutscher Teilnehmer: Alexander Gladitz (LG Hannover), 46,88 min

800 Meter

Nur eine Tausendstel war Titelverteidiger Adam Kszczot in diesem Jahr schneller als sein Landsmann Marcin Lewandowski. Da Kszczot krankheitsbedingt seinen Hallen-EM-Start absagen musste, rückt der Freiluft-Europameister von 2010 Lewandowski in die alleinige Favoritenrolle. Außer den beiden Polen ist in diesem Jahr noch kein europäischer Läufer unter 1:46 Minuten geblieben. Eine Bestleistung in diesem Bereich bringt allein der Spanier Kevin Lopez mit: Er ist im Vorjahr 1:45,69 Minuten gerannt, 2013 schaffte er es bei der Hallen-EM auf den Silberrang, damit zählt er auch in Prag zu den Medaillenkandidaten. Für eine Überraschung könnte der junge Schwede Andreas Almgren sorgen. Der 19-Jährige hat sich in diesem Winter auf 1:46,56 Minuten gesteigert. Die Iren hoffen auf Mark English, die Österreicher auf Andreas Rapatz. Der Leverkusener Robin Schembera muss auf taktische Läufe hoffen und auf seinen Kampfgeist vertrauen, dann ist das Finale drin.

Titelverteidiger: Adam Kszczot (Polen), 1:48,69 min
Europas Jahresbester: Adam Kszczot (Polen), 1:45,77 min
Deutscher Teilnehmer: Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen), 1:47,80 min

1.500 Meter

Reicht die Kraft für einen weiteren Husarenritt? Zweimal ist Homiyu Tesfaye in dieser Hallensaison schon unter dem alten deutschen Rekord geblieben, zuletzt ließ er es bei der Hallen-DM langsamer angehen und rollte schließlich das Feld von hinten auf. In Prag wird der gebürtige Äthiopier das Finale konzentrierter bestreiten müssen: Nur Hallen- und Freiluft-Europameister Mahiedine Mekhissi-Benabbad fehlt, an den Start gehen aber mit Ilham Tanui Özbilen (Türkei) und Henrik Ingebrigtsen (Norwegen) die jeweiligen Vizemeister, auch der Brite Chris O‘Hare kam bei der EM in Zürich vor Tesfaye ein. Doch der Athlet der LG Eintracht Frankfurt ist stark wie nie, und wenn er sich taktisch klug verhält, ist Gold drin. Florian Orth, ebenfalls in sehr guter Form, wäre ein sicherer Kandidat für das Finale, tendiert allerdings eher zu einem Start über 3.000 Meter.

Titelverteidiger: Mahiedine Mekhissi-Benabbad (Frankreich), 3:37,17 min
Europas Jahresbester: Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt), 3:34,13 min
Deutsche Teilnehmer: Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt), 3:34,13 min; Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg), 3:40,20 min

3.000 Meter

Während Hallen-EM-Debütant Clemens Bleistein mit der Nominierung für Prag schon einen großen Erfolg feiern konnte, geht es für Richard Ringer und Florian Orth um weit mehr als nur dabei zu sein: Ringer ist mit seiner Bestzeit von 7:46,18 Minuten die Nummer zwei der Meldeliste, Orth (7:49,48 min) steht ihm kaum nach. Überflieger Mo Farah verzichtet nach seinem Hallen-Weltrekord über zwei Meilen auf die Hallen-EM, Titelverteidiger Hayle Ibrahimov ist ebenfalls nicht gemeldet. So ist der Rennausgang völlig offen – nur eins steht fest: Die beiden spurtstarken Deutschen können vorne mitmischen. Auf der Rechnung haben sollten sie vor allem den gebürtigen Kenianer Ali Kaya, seit 2013 für die Türkei startberechtigt, der bei der EM in Zürich Dritter über 10.000 Meter wurde. Er hat mit 7:43,61 Minuten die stärkste Bestzeit im Feld. Auch der Franzose Florian Carvalho wird nach Rang fünf 2013 jetzt mit Edelmetall liebäugeln.

Titelverteidiger: Hayle Ibrahimov (Azerbaidschan), 7:49,74 min
Europas Jahresbester: Mo Farah (Großbritannien), 7:33,10 min
Deutsche Teilnehmer: Richard Ringer (LC VfB Friedrichshafen), 7:46,18 min, Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg), 7:49,48 min; Clemens Bleistein (LG Stadtwerke München), 7:53,61 min

60 Meter Hürden

Frankreich gegen den Rest Europas – so lautet vereinfacht die Ausgangslage, denn die Franzosen haben mit dem Jahresbesten Dimitri Bascou (7,48 sec), U20-Freiluft-Weltrekordler Wilhem Belocian (7,53 sec) sowie Hallen-Vize-Weltmeister Pascal Martinot-Lagarde (7,63 sec) gleich drei heiße Eisen im Feuer, auch wenn Martinot-Lagarde nach Verletzungsproblemen erst kurzfristig seinen Start bestätigte. Dem Trio gefährlich werden kann wohl vor allem der Brite Lawrence Clarke (7,59 sec), dahinter lauert schon der Leipziger Erik Balnuweit, der die nächste Hallensaison auf konstant hohem Niveau absolviert. Noch hat er keine internationale Medaille, in Prag ist die Chance aufs Podium da. Aber es wird extrem eng. Lokalmatador Petr Svoboda will den Heimvorteil nutzen, der Ungar Balázs Baji schnupperte als Viertplatzierter sowohl in der Halle als im Freien schon an einer Medaille.

Titelverteidiger: Sergey Shubenkov (Russland), 7,49 sec
Europas Jahresbester: Dimitri Bascou (Frankreich), 7,48 sec
Deutscher Teilnehmer: Erik Balnuweit (LAZ Leipzig), 7,61 sec

Hochsprung

Wer nutzt in Prag die Gunst der Stunde? Olympiasieger Ivan Ukhov (Russland) verpasste den Sprung ins russische Team, Weltmeister Bohdan Bondarenko (Ukraine) verzichtet auf die Hallensaison. Die beste Gelegenheit für die verbleibenden Athleten, sich ins Rampenlicht zu katapultieren. Herausragende Bestleistungen von 2,40 Meter bringen der Russe Aleksey Dmitrik und der Ukrainer Andriy Protsenko mit. In diesem Winter war diese Marke bisher allerdings für alle Europäer außer Reichweite. Der beste Satz gelang dem Italiener Marco Fassinotti (2,34 m), dahinter greifen zehn weitere Athleten mit Saison-Bestleistungen von 2,30 Metern und höher nach Medaillen. Diese Regionen sind für Mateusz Przybylko (noch) außer Reichweite. Die Bestätigung seiner Hallen-Bestleistung von 2,26 Metern wäre für den jungen Leverkusener ein erfolgreiches Hallen-EM-Debüt.

Titelverteidiger: Sergey Mudrov (Russland), 2,35 m
Europas Jahresbester: Marco Fassinotti (Italien), 2,34 m
Deutscher Teilnehmer: Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen), 2,26 m

Stabhochsprung

Im Stabhochsprung der Männer geht es eigentlich nur um die Beantwortung einer Frage: Wie hoch springt Renaud Lavillenie? Viermal hat er in diesem Winter schon die Sechs-Meter-Marke überquert, sich darüber hinaus an Weltrekord-Höhen von 6,17 und 6,18 Metern versucht. Gut möglich, dass er in Prag nach getaner Arbeit – sprich erfolgreicher Titelverteidigung – erneut einen Angriff auf seinen eigenen Rekord wagt. Die Show vermasseln kann ihm in der O2 Arena vermutlich nur einer: der Pole Piotr Lisek. In Bad Oeynhausen flog dieser über 5,90 Meter und avancierte damit endgültig zum Herausforderer Nummer eins für den Olympiasieger. Ihre eigenen Rekorde haben Tobias Scherbarth und Carlo Paech im Blick – Scherbarth seine sechs Jahre alte Hallen-Bestmarke von 5,76 Metern, Paech die Bestätigung einer Hallensaison auf ungewohntem Niveau in Regionen von 5,65 Meter.

Titelverteidiger: Renaud Lavillenie (Frankreich), 6,01 m
Europas Jahresbester: Renaud Lavillenie (Frankreich), 6,02 m
Deutsche Teilnehmer: Tobias Scherbarth (TSV Bayer 04 Leverkusen), 5,70 m; Carlo Paech (TSV Byer 04 Leverkusen), 5,65 m

Weitsprung

Im Weitsprung der Männer bahnt sich wie so oft eine Zentimeter-Entscheidung an. Fünf Athleten kamen in diesem Winter über acht Meter, vier weitere haben Hausrekorde jenseits dieser Marke aufzuweisen. In die Favoritenrolle hat sich der Franzose Kafétien Gomis mit einem Satz auf 8,18 Meter geschoben. Doch die Plätze auf dem Podium werden hart umkämpft sein und sind auch für die deutschen Springer nicht außer Reichweite. Zwar müsste für eine Medaille viel zusammenpassen, aber nach der Absage von Olympiasieger Greg Rutherford und U23-Europameister Eusebio Caceres (Spanien) sind die Chancen zumindest gestiegen. Julian Howard (8,04 m) und Youngster Max Heß (8,03 m) haben die erste Kampfansage schon geliefert, der Deutsche Hallenmeister Alyn Camara kommt immer besser in Schwung. Vielleicht können sie sich gegenseitig zu neuen Topleistungen anstacheln.

Titelverteidiger: Aleksandr Menkov (Russland), 8,31 m
Europas Jahresbester: Kafétien Gomis (Frankreich), 8,18 m
Deutsche Teilnehmer: Julian Howard (LG Region Karlsruhe), 8,04 m; Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz), 8,03 m; Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen), 7,97 m

Dreisprung

Nelson Évora ist wieder da! Mehr als fünf Jahre liegen die letzten großen Erfolge des Olympiasiegers von 2008 zurück, aber in diesem Winter hat sich der 30-Jährige wieder in starker Form präsentiert. Eine Hallen-EM-Medaille fehlt dem Portugiesen noch, vielleicht folgt die in Prag, mit 17,19 Metern reist er jedenfalls als Europas Jahresbester in die „Goldene Stadt“. Ein Blick in die Meldeliste lässt vermuten, dass die Trauben in dieser Disziplin nicht besonders hoch hängen werden, denn außer Évora und dem Spanier Pablo Torrijos (17,03 m) landete in diesem Jahr noch kein Athlet jenseits der 17-Meter-Marke. Es wäre eine Chance für die deutschen Dreispringer gewesen, sich international gut zu präsentieren – leider schaffte keiner von ihnen den Sprung ins Team. Der Regensburger Manuel Ziegler (16,61 m) sprang die Norm zu spät.

Titelverteidiger: Daniele Greco (Italien), 17,70 m
Europas Jahresbester: Nelson Évora (Portugal ), 17,19 m
Deutsche Teilnehmer: keine

Kugelstoßen

Pflicht gelungen, jetzt folgt die Kür: Weltmeister David Storl (SC DHfK Leipzig) ist nach seiner Knie-Operation rechtzeitig für die Hallen-EM in Form gekommen und hat dies bei der Hallen-DM mit einer Weite von 21,26 Metern unterstrichen. Gelingt ihm in Prag ein ähnlich guter Stoß, könnte der schon Gold wert sein – 2013 ging der Titel mit 20,62 Metern weg. Auch Titelverteidiger Asmir Kolasinac (Serbien) hat sich mit 20,91 Metern in guter Verfassung präsentiert, auf den ersten 21-Meter-Stoß wartet er aber noch. Die Tschechen hoffen auf Tomáš Staněk, mit 20,94 Metern Zweiter der Meldeliste, sowie auf den Dritten von 2013 Ladislav Prášil. Für Christian Jagusch und Tobias Dahm wird es schwer, sich fürs Finale der besten Acht zu qualifizieren – dafür muss wohl schon eine neue Bestleistung her.

Titelverteidiger: Asmir Kolašinac (Serbien), 20,62 m
Europas Jahresbester: David Storl (SC DHfK Leipzig), 21,26 m
Deutsche Teilnehmer: David Storl (SC DHfK Leipzig), 21,26 m; Christian Jagusch (SC Neubrandenburg), 19,87 m; Tobias Dahm (VfL Sindelfingen), 19,76 m

Siebenkampf

Die Mehrkampf-begeisterten Tschechen stellen mit Adam Helcelet den Jahresbesten – gute Voraussetzungen für zwei Tage Siebenkampf-Spektakel, zu dem auch der Ulmer Arthur Abele beitragen könnte. Er geht topfit und mit großen Ambitionen in seinen ersten internationalen Hallen-Mehrkampf. 6.200 Punkte hat der 28-Jährige als Ziel ausgegeben, so viele hat in diesem Jahr noch kein Europäer gesammelt. Geht sein Plan auf, winkt eine Medaille. Größter Konkurrent im Kampf um die vordersten Plätze dürfte nach der Absage von Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) Titelverteidiger Eelco Sintnicolaas werden, der 2013 auf stolze 6.372 Punkte kam, zuletzt aber angeschlagen war. Auch die Russen mit Ilya Shkurenyov und Artem Lukyanenko sollte man auf der Rechnung haben. Einfach nur lernen und genießen darf Abeles Trainingspartner Mathias Brugger (SSV Ulm 1846), der Anfang Februar in Tallinn (Estland) an der 6.000-Punkte-Marke kratzte und dafür als Nachrücker für Kazmirek mit einem Hallen-EM-Startplatz belohnt wurde.

Titelverteidiger: Eelco Sintnicolaas (Niederlande), 6.372 Pkt
Europas Jahresbester: Adam Helcelet (Tschechische Republik), 6.164 Pkt
Deutsche Teilnehmer: Mathias Brugger (SSV Ulm 1846), 5.975 Pkt; Arthur Abele (SSV Ulm 1846)

4x400 Meter

Der Staffel-Wettbewerbe könnte zum krönenden Abschluss für die Gastgeber werden. Schließlich stellen die Tschechen mit Pavel Maslák und Jan Tesař die Nummer eins und zwei Europas. Auf einen großen Pool an starken Viertelmeilern können stets auch die Briten zurückgreifen, die als Titelverteidiger an den Start gehen. Russland, Irland, Polen und Belgien komplettieren das Sextett, das vom Europaverband EAA nach Prag eingeladen wurde. Die Russen kamen 2013 als Zweite ein, die Polen sinnen auf Wiedergutmachung: Sie wurden vor zwei Jahren in Göteborg (Schweden) disqualifiziert.

Titelverteidiger: Großbritannien, 3:05,78 min

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