Hallen-WM – Das DLV-Team in der Einzelkritik
leichtathletik.de hat die Leistungen der DLV-Starter bei der Hallen-WM noch einmal betrachtet und im zweiten Blick etwas genauer hingesehen. Was ist zu den einzelnen Auftritten noch festzuhalten, was sind die Leistungen wert, wer hat enttäuscht und wer kann erhobenen Hauptes in die Vorbereitung auf den Sommer gehen. Lesen Sie dazu die Einzelkritiken...
Der Mannschaftskapitän konnte nicht mit gutem Beispiel vorangehen. Mit 19,93 Metern verabschiedete sich Ralf Bartels in der Qualifikation und blieb damit unter seinen Möglichkeiten. Die Halle scheint nicht so sein Pflaster zu sein. Auch 2002 bei der Hallen-EM in Wien und 2003 bei der Hallen-WM in Birmingham war er schon am Finaleinzug gescheitert. Gut, dass es bei dem EM-Dritten an frischer Luft um einiges besser läuft, wenn es gilt.
Der U20-Europameister, der für den FC Schalke 04 startet, verkaufte sich bei der Hallen-WM gut. Er zeigte im Vorlauf mit Hallen-Weltrekordler Frankie Fredericks keinerlei Respekt und lief als Erster ein. Auch das Halbfinale, in dem er Dritter wurde, konnte sich sehen lassen. Sebastian Ernst ist sicherlich ein Name, den man sich auch für den Sommer merken sollte. Ein Youngster, der auf den Olympiazug nach Athen aufspringen könnte.
Die Wattenscheiderin bekam im Vorlauf eine Gratis-Lehrstunde der Weltspitze. Der wie wild davonjagenden Maria Mutola konnte sie nur hinterher schauen und dann kam schließlich die Marokkanerin Mina Ait Hammou, die ihr den (direkten) Einzug in die zweite Runde vor der Nase wegschnappte. Vielleicht hilft diese Erfahrung Monika Gradzki dann weiter, wenn es sich im Sommer erstmal national gegen Claudia Gesell und Ivonne Teichmann wieder zu bewähren gilt.
Mal klappt es mit dem Finale, meistens nicht. In Budapest sprang die Mainzerin um einen Rang am Finale vorbei. Es war nach München (EM) und Paris (WM) allerdings schon das dritte Mal in Folge, dass Carolin Hingst in der Ausscheidung hängen blieb. Die 4,30 Meter, die sie in diesem Winter nicht beständig gesprungen ist, sind halt international nicht viel wert, so dass das Aus nur die unvermeidliche Konsequenz war.
Nach ihren 6,63 Metern von Chemnitz hatte man sich von der Rehlingerin mehr erhofft. Mit dieser Weite wäre sie nämlich direkt in das Finale eingezogen. Stattdessen brachte sie es nur auf 6,47 Meter, was bei der Hallen-WM nicht mehr als wertloses Mittelmaß war. Deshalb wird in der Weitsprungszene – leider für Bianca Kappler – zunächst wohl weiter mehr von einer Heike Drechsler, Susen Tiedtke oder Sophie Krauel die Rede sein. Noch, hoffen wir für sie, denn dass sie mehr kann, hat sie schon gezeigt.
Die Magdeburgerin lieferte mit Platz vier das beste Ergebnis im Frauenbereich des DLV ab. Außerdem war sie die einzige der ganzen Mannschaft, die es verstand, in Budapest ihre Jahresbestleistung zu verbessern. Dafür gab es auch Schulterklopfen von Funktionärsseite. Nadine Kleinert hat sich auf alle Fälle für ihr Quali-Aus im Vorjahr rehabilitiert und das Thema Birmingham sollte damit endgültig abgehakt sein.
Zumindest im internen Duell mit Bianca Kappler hatte die 19-jährige Schülerin wieder um zwei Zentimeter die Nase vorne und bestätigte damit nebenbei ihren Titelgewinn bei den Hallen-Meisterschaften in Dortmund. Die 6,49 Meter waren für Sophie Krauel weder schlecht noch herausragend. Hervorheben muss man bei ihr, dass sie in diesem Winter ein beständiges Niveau jenseits der 6,40 Meter anbot, worauf sich gut aufbauen lässt.
Der Kölner hatte oft genug betont, dass ihm aus dem Herbst 300 Trainingssprünge fehlen würden. Trotzdem war die Medaille zum Greifen nah, denn Silber und Bronze gingen mit den 5,70 Metern weg, die auch Tim Lobinger sprang. Immerhin verstand er es im Vorfeld, die Erwartungen an ihn ins rechte Licht zu rücken. Jetzt werden die Karten neu gemischt, der "Nicht-Mehr-Hallen-Weltmeister" muss und kann sich im Olympiasommer neu beweisen.
Die Siegerländerin taktierte sich erfolgreich in das Finale und wurde dort Siebte. Da kann man nicht meckern. Sabrina Mockenhaupt versteckte sich keineswegs und versuchte Akzente zu setzen. Nachdem die Weltelite bekanntlich noch ein Stück weg ist, gelang ihr das im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Die kleine Läuferin wird immer mehr zu einer festen Größe im DLV-Team.
Nach einer Verletzung erst spät in die Saison eingestiegen, lieferte Ronny Ostwald in Budapest ein solides Ergebnis ab. Er überstand den Vorlauf als Zweiter und wurde im Semifinale Dritter. Damit konnte er zusammen mit den 200-Meter-Kollegen Tobias Unger und Sebastian Ernst Budapest erhobenen Hauptes wieder verlassen. Wieviel Ronny Ostwald aber zum Aufschwung im Sprint wirklich beitragen kann, muss er im Sommer beweisen.
Björn Otto sah sich nach seinen 5,81 Metern im Vorfeld einer riesigen Erwartungshaltung und einem enormen Interesse an seiner Person gegenüber. Doch nach dem Aus in der Qualifikation musste er sich eingestehen, dass das Erreichen eines Finales kein Kinderspiel ist. Das i-Tüpfelchen am Ende einer sehr guten Hallensaison fehlte bei dem Dormagener, der sich aber als Tagebuch-Athlet aus dem DLV-Lager auf leichtathletik.de das Prädikat "sehr gut" verdiente.
Daniela Rath musste erkennen, dass bei einer Hallen-WM auch die Konkurrenz hoch springen kann und man sich für eine Medaille keine noch so kleine Schwäche leisten darf. Trotzdem: Sie landete dort, wo sie nach den Vorleistungen hingehörte – in den Top Five. Denkt man rund ein Jahr zurück, ist das ein großartiges Ergebnis, das die drei Zwei-Meter-Sprünge in der Zwischenzeit zu bescheiden erscheinen lassen und deshalb umso mehr Anerkennung verdient. Da sollte sie sich selbst nichts anderes einreden. Etwas leichtfertig ging sie allerdings in die Qualifikation, denn das Wissen darum, wie viele Athletinnen das Finale erreichen, gehört auch zur Wettkampfvorbereitung.
Nastja Ryshich hat bei ihrer Rückkehr ins Nationaltrikot nicht wirklich enttäuscht. Die Ludwigshafenerin stand im Finale, dass sie mit der Medaillenvergabe nichts zu tun haben würde, war vorher schon klar. Die frühere Hallen-Weltmeisterin musste am eigenen Leib erleben, wie sich der Frauen-Stabhochsprung in den fünf Jahren ihrer Abstinenz von der internationalen Bühne weiterentwickelt hat. Aber einfach wieder dabei gewesen zu sein, sollte Nastja Ryshich Schwung für den Sommer geben.
Die Fürtherin blieb den Nachweis internationalen Niveaus schuldig. Als sie sich in der Qualifikation bereits mit 1,81 und 1,86 Metern abmühte, um sich dann bei 1,90 Metern zu verabschieden, hatten die meisten anderen Hochspringerinnen noch eine blütenweiße Weste. Zugute halten muss man Melanie Skotnik, dass es für sie keine einfache Hallensaison war und das Erreichen der Hallen-WM-Norm als plötzlicher Erfolg unverhofft kam. Mehr Konstanz wird in den Leistungen aber nötig sein, um sich schon national mehr und mehr zu behaupten.
Während die anderen Hürdensprinterinnen zur Hallen-WM so richtig auf Touren kamen, konnte die in diesem Winter in Deutschland oft gefeierte Juliane Sprenger-Afflerbach nicht zulegen. Nach zweimal 8,05 Sekunden war nach dem glücklichen Weiterkommen im Vorlauf Platz acht im Halbfinale die logische Konsequenz. Um international bestehen zu können, sind einfach Zeiten mit der Sieben vor dem Komma das absolute Muss.
Der Sprinter ging unbeirrt seinen Weg und eilte zu Bronze. Damit war Tobias Unger der Ehrenretter im DLV-Team. Er verlieh der deutschen Sprintszene wieder Medaillenglanz und biss sich gegen Kontrahenten wie Joseph Batangdon oder Marcin Urbas durch. Vor dieser Leistung muss man den Hut ziehen. Vor allem, weil sich Tobias Unger keine Schwäche leistete und das zu Ende brachte, was er bei der Hallen-DM in Dortmund angefangen hatte.
Ein winziger Zentimeter fehlte Nils Winter zum Einzug in das Finale. Mit seinen 7,95 Metern bewegte er sich in dem Leistungsvermögen, das er in dieser Saison gezeigt hatte. Er rechtfertigte seine Nachnominierung, aber nicht mehr. Für den Sommer ist mit Blick auf die Olympischen Spiele klar: der Leverkusener muss noch eine Schippe draufpacken, um auch international mehr Akzente setzen zu können.
4x400-Meter-Staffel Männer
Der kurzfristige Ausfall von Simon Kirch war nicht zu kompensieren. Zwei Rempler bremsten das Quartett, nur Ruwen Faller ging unbeirrt seinen Weg. Nach den Vorleistungen in diesem Winter wäre das Erreichen des Finales das Soll gewesen. Dass und wie es geht, zeigten die Schweizer. Da ist jetzt eine Rechnung offen. Der abstinente Ingo Schultz wird es zur Kenntnis genommen haben.