Harry Aikines-Aryeetey - Der schnelle Youngster
10,35 Sekunden ist er auf 100 Meter schon im letzten Jahr bei der U18-WM in Marrakesch (Marokko) gelaufen. Für die aktuelle Junioren-WM in Peking (China; 15. bis 20. August) hat er sich vorgenommen, diese Marke zu knacken. Er scheint dieser Tage als große Hoffnung des krisengeschüttelten britischen Männersprint-Szene. Er führt die britische U20-Bestenliste an und das, obwohl er erst 17 Jahre alt ist. Seine Name: Harry Aikines-Aryeetey.
Harry Aikines-Aryeetey sprintet bei der Junioren-WM um den Titel (Foto: Möldner)
Die zunächst naheliegendste Frage ist, wie spricht man den Namen dieses jungen Mannes eigentlich korrekt aus? Bei der Bauhaus DLV-Junioren-Gala in Mannheim, wo er im Juli zu Gast war, konnte man ein gutes Dutzend von Variationen seines Namens hören. "Einige Aussprachen waren sehr amüsant, aber richtig ist Akins (wie im englischen Wort ache, also Schmerzen) und Arethee", sagte der britische Sprinter lachend.Für dieses Jahr hat er sich große Ziele gesteckt. Der Schüler der Greenshaw High möchte aus Peking von der Junioren-Weltmeisterschaft möglichst auch eine Medaille heim ins Empire holen. Und es sieht gut aus. Vor- und Zwischenlauf überstand er ohne größere Mühe, jetzt gilt es am Mittwochabend im Finale.
Zwischenzeitlich war es schlecht um dieses Ziel bestellt. Mitte Juni war Harry Aikines-Aryeetey noch verletzt, doch mittlerweile ist die Blessur überstanden und auch die Zeiten stimmen wieder. In Gateshead, vor seiner Verletzung, war er 10,38 Sekunden auf 100 Meter gelaufen. In Mannheim konnte der schnelle Mann von der Insel mit 10,39 Sekunden an diese Zeit anknüpfen: "Die Zeit aus Mannheim ließ mich sehr zuversichtlich nach China fahren. Ich scheine meine alte Form erreicht zu haben", sagte Harry Aikines-Aryeetey selbstbewusst. Für die Junioren-Weltmeisterschaft, wo er im Halbfinale die 10,38 Sekunden bereits bestätigte hat er sich dann auch vorgenommen, seine alte Bestmarke von 10,35 Sekunden zu unterbieten.
Bescheidenheit
Dass er durchaus zu den Topfavoriten auf einen Podiumsplatz zählt, hat er 2005 mit dem ersten Doppelsieg über 100 und 200 Meter in der Geschichte der Jugend-WM in Marrakesch bewiesen.
Allerdings gab sich Harry Aikines-Aryeetey bescheiden: "Wenn ich mich nicht erneut verletze und in Form bleibe, kann mir in Peking zum Saisonhöhepunkt eine tolle Zeit gelingen. Aber man muss natürlich sehen, dass in Peking starke Läufer aus vielen Ländern an den Start gehen."
In der Frage "wer an internationalen Läufern am stärksten einzuschätzen sei", wollte sich der junge Engländer noch nicht exakt festlegen, allerdings ist für ihn sicher, dass man seinen Landsleute Wade Benett-Jackson, der in Mannheim noch eine Hundertstel Sekunde langsamer lief als Harry Aikines-Aryeete, und Alex Nelson, der 2005 mit 10,31 Sekunden die schnellste Zeit aller Jugendlichen ablieferte, auf der Rechnung haben müsse.
Junioren-Weltrekord möglich?
Mit großem Respekt spricht Harry Aikines-Aryeetey auch von Perry Willie, der im Moment der schnellste Junior der Welt ist. Dieser lief Ende Juni in Indianapolis (USA) 10,12 Sekunden auf 100 Meter und galt somit als großer Favorit für die Junioren-Weltmeisterschaft. Dort schied er nun aber schon vorzeitig aus.
Auch wenn es in Peking nicht für einen Podestplatz reichen sollte, hat sich der 17-jährige Brite viel vorgenommen: "Ich bin noch sehr jung. Wenn man mir etwas Zeit gibt und ich mich weiter steigern kann, dann ist nächstes Jahr vielleicht der Junioren-Weltrekord möglich. Allerdings ist mir das alles auch nicht so unglaublich wichtig, mein großes Ziel ist es, in vier, fünf Jahren bei den großen Events weltweit mitlaufen zu können und eine gute Figur abzugeben."
Der Junioren-Weltrekord stammt aus dem Jahr 2003, wird von Darrel Brown (Trinidad und Tobago) gehalten und liegt bei 10,01 Sekunden. Bis dahin ist es für Harry Aikines-Aryeetey noch ein Stück, aber zuzutrauen wäre ihm die Bestmarke.
Zu Gast bei Justin Gatlin
Auch außerhalb des Vereinigten Königreiches ist das Talent schon erkannt worden. Nach einigen Trainingseinheiten in den Staaten hat Trevor Graham, der Coach des nunmehr nach einem Dopingverdacht umstrittenen Weltrekordhalters Justin Gatlin (USA; 9,77 sec), den britischen Schüler in seine Trainingsgruppe eingeladen.
Der junge Sprinter lehnte jedoch dankend ab: "Ich habe einige Male mit der Gruppe trainiert, die aus vielen guten Läufern besteht. Allerdings habe ich für den Moment entschieden, dass meine Ausbildung in Großbritannien vorgeht. Ich möchte erst die Schule zu Ende machen und dann weitersehen." Harry Aikines-Aryeetey hat sich nach den jüngsten Anschuldigungen auch von Trevor Graham und Justin Gatlin distanziert.
Auf dem Weg nach London
Der junge Sprinter könnte der Star seines Landes bei den Olympischen Spielen 2012 in London werden. Noch ist es ein langer Weg bis dahin, aber auch neben dem Platz tut die Anwesenheit des Youngsters seiner Nationalmannschaft gut. Er wirkt wie der Entertainer des Teams, ist immer für einen Spaß zu haben und macht nach und vor seinen Läufen Stimmung und feuert seine Mannschaftsmitglieder leidenschaftlich an.
"Teamgeist und die Stimmung in der Mannschaft sind das Wichtigste. Hier muss einer den anderen unterstützen und wenn ich dazu beitragen kann, dass es gut im Team läuft, dann tue ich das gerne", sagte Harry Aikines-Aryeetey, während er sich umdreht, um einem 400-Meter-Läufer für seinen guten Lauf zu feiern.