Hartwig Gauder feiert zweiten 15. Geburtstag
Zweite Chance mit neuem Herzen: Ende Januar 1997 wurde dem todkranken Hartwig Gauder, 1980 Olympiasieger im 50 Kilometer Gehen, ein neues Leben geschenkt. 15 Jahre danach sagt der weltweit einzige ehemalige Spitzensportler mit fremdem Herzen: "Ich bin unglaublich dankbar für diese neue Chance.“

Zwei Jahre hatte er selbst auf das Transplantat gewartet - ständig das drohende Ende vor Augen. Nachdem Chlamydien (Bakterien) sein Herz systematisch zerstört hatten, musste er auch gegen eine Krankenhaus-Sepsis ankämpfen. Zehn Monate lang schlug ein Kunstherz in seiner Brust, bevor ihn das Organ eines tödlich Verunglückten rettete. "Es kam offenbar aus dem Ausland, darauf deutete der Transport mit dem Learjet hin", sagt Hartwig Gauder, der wie alle Transplantierten keine Informationen zur Person des Spenders erhielt.
Leben mit Risiko
Lange Zeit musste der Olympiasieger von Moskau 1980 und Weltmeister von Rom 1987 täglich ein ganzes Paket Medikamente einnehmen, heute deutlich weniger. "Jederzeit kann ein Abstoßungseffekt eintreten. Einige, die abgesetzt haben, mussten das mit dem Leben bezahlen", sagt Hartwig Gauder.
Am 6. August 2009 erlebte er noch einmal eine kritische Situation Eine fünfstündige, komplizierte Operation war nötig. Durch eine Katheder-Untersuchung war ein Herzklappenschaden entstanden, der repariert werden musste. Hartwig Gauder erhielt zudem Bypässe und Stents, benötigte ein Jahr, um wieder die frühere Leistungsfähigkeit zu erreichen.
Es war die schlimmste Phase seit der Transplantation, deren Zeit er rückblickend so erlebte: "Am Anfang war jede Stunde ein Geschenk für mich. Ich fühlte die Verpflichtung, das neue Leben aktiv anzunehmen und anderen zu helfen, nachdem mir geholfen worden war."
Seminare und Buchveröffentlichungen
Hartwig Gauder sagt: "Ich gebe Motivationsseminare, berate chronisch Kranke, stehe Familien mit transplantierten Kindern zur Seite, halte auch in Japan Vorträge zu medizinischen Themen, habe dort drei Bücher veröffentlicht, in Deutschland entsteht gerade mein viertes ["Das reparierte Herz"]. Und ich räume auch meiner Ehe und dem Familienleben viel Stellenwert ein. Es ist schön, den Sohn aufwachsen zu sehen, der jetzt kurz vor seiner Promotion steht."
Hartwig Gauder hatte nach der Transplantation beruflich vor dem Nichts gestanden. "Ich hatte keinen Beruf, nahm das zu DDR-Zeiten als Leistungssportler begonnene Architekturstudium wieder auf und machte nach 48 Semestern erfolgreich Examen."
Danach arbeitete er als Architekt im Staatsbauamt, wechselte ins Thüringer Wirtschaftsministerium und von dort ins Sozialministerium. Jetzt leitet er die Stabsstelle Gesundheitsmarketing am Universitätsklinikum in Jena.
Marathon nach Transplantation
Auch sportlich machte der in Vaihingen (Baden-Württemberg) geborene Hartwig Gauder, als Kleinkind mit den Eltern in die DDR übergesiedelt, wieder auf sich aufmerksam. Zwei Jahre nach der Transplantation bestritt er den New York Marathon, bestieg in Japan den heiligen Berg Fuji, hielt oder hält sich mit Jogging, Walken, Gymnastik, Golf, Tennis und Krafttraining fit.
Hartwig Gauder will seinen "15. Geburtstag" nicht groß feiern. "Ich gehe mit meiner Frau essen, denke an den Menschen, der mir durch sein Organ geholfen hat", sagt der Olympiasieger und meint: "Mit dem eigenen Herzen habe ich 42 Jahre gelebt, das will ich auch mit dem transplantierten Organ erreichen und 84 werden. Die Lebenserwartung hat sich durch immer bessere Medikamente zunehmend erhöht."
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)