Heidler will weiter Geschichte schreiben
Hammerwerferin Betty Heidler schrieb bei den Deutschen Meisterschaften Geschichte: Mit 73,93 Metern holte die Frankfurterin in Ulm ihren neunten Titel hintereinander – nur zwei Leichtathleten waren in der DM-Historie ähnlich erfolgreich. Im Moskau will sie jetzt ihre vierte WM-Medaille gewinnen – auch das gelang erst zwei Frauen vor ihr.

Denn mit ihrem neunten DM-Gold hintereinander schrieb Heidler Geschichte: Nur zwei Leichtathleten haben eine ähnlich lange Siegesserie vorzuweisen – Diskuswerferin Gisela Mauermayer (TV Nymphenburg München), die von 1934 bis 1943 immer ganz vorne landete, und Kugelstoßerin Claudia Losch (LAC Quelle Fürth), deren Gold-Abo von 1982 bis 1991 dauerte.
Technische Feinheitenraubten Meter
Und niemand zweifelt daran, dass die Frankfurterin auch im kommenden Jahr wieder die beste deutsche Hammerwerferin sein wird – dafür präsentierte sie sich in Ulm allzu dominant. Am Ende hatte sie fast vier Meter Vorsprung auf die zweitplatzierte Kathrin Klaas (LG Eintracht Frankfurt/ 69,98 m). Trotzdem war die Olympia-Dritte nicht ganz glücklich: „Konstant gültig, aber auch ein bisschen zu wenig“, bilanzierte sie ihren Wettkampf. „Von der Weite her bin ich nicht so zufrieden.“
Angepeilt hatte sie eigentlich 75 Meter und mehr, doch dafür sei die Technik an diesem Tag nicht gut genug gewesen, so Heidler. „Ich habe mit dem Oberkörper viel am Hammer gearbeitet und zu wenig aus den Beinen. So etwas macht sich dann ganz schnell bemerkbar beim Hammerwerfen. Die kleinsten Fehler rauben einem die Meter“, sagte sie.
Immer noch nervös bei DMs
Hinzu kam in den ersten drei Versuchen die Aufregung vor einer Deutschen Meisterschaft, die selbst eine so erfahrene Athletin wie Betty Heidler bislang nicht abgelegt hat. „Es sind ja mehr als acht Athleten am Start, da muss man in den ersten drei Durchgängen unbedingt einen gültigen Versuch haben. Ich bin jedes Mal aufgeregt – und das ist auch gut so.“
Trotz der erwähnten Technikprobleme bei den Deutschen Meisterschaften wähnt sich Heidler insgesamt auf einem guten Weg zur WM. Sie sei jetzt bei zwei Dritteln ihres Leistungsniveaus angelangt, erzählt sie. Das letzte Drittel soll mit zwei Trainingslagern erreicht werden: Vom 16. bis 22. Juli in Herzogenhorn im Schwarzwald und vom 28. Juli bis unmittelbar vor dem WM-Auftakt im Bundesleistungszentrum in Kienbaum. „Ich bin zuversichtlich, dass ich topfit nach Moskau reisen werde“, sagt Heidler.
Schon drei WM-Medaillen
Dort hat sie die Chance, nach Gold 2007 und Silber 2009 und 2011 ihr viertes Edelmetall bei Weltmeisterschaften gewinnen, was weltweit bislang erst zwei Athletinnen gelungen ist – Yipsi Moreno aus Kuba (Gold 2001, 2003, Silber 2005, 2007) und der Russin Olga Kuzenkova (Gold 2005, Silber 1999, 2001, 2003), deren Goldmedaille allerdings später wegen Dopins aberkannt wurde.
Die Favoritenbürde ist Heidler nach Oksana Kondratyevas Wurf auf 77,13 Meter, mit dem sich die Russin Ende Juni an die Spitze der Weltjahresbestenliste setzte, erst einmal los. Sie sei aber ohnehin ganz entspannt, sagt sie: In Moskau würden die Karten neu gemischt – da sei es unerheblich, wer vorher bei welchem Meeting ohne nennenswerte Konkurrenz wie weit geworfen hat. Zumal Betty Heidler weiß, dass sie ihre Leistungen allesamt im direkten Duell mit den besten Hammerwerferinnen der Welt erzielt hat.
Offenes Feld in Moskau
Auch beim Meeting in Stettin (Polen), wo sie Mitte Juni ihre aktuelle Saisonbestleistung von 76,48 Metern aufstellte, waren mit Yipsi Moreno und der polnischen Olympia-Zweiten Anita Wlodarczyk zwei absolute Top-Athletinnen am Start und mussten sich der Deutschen geschlagen geben. „Das heißt aber nicht, dass ich jetzt nach Moskau fahre und automatisch 76 Meter werfe“, so Heidler. Sie betont noch einmal: „Dort werden die Karten neu gemischt.“
Unterstützung beim Kampf um eine WM-Medaille bekommt die Hammerwerferin mittlerweile auch vom Sportamt der Stadt Frankfurt am Main. Vor einigen Wochen hatte sich Heidler in der Presse über die aus ihrer Sicht unzumutbaren Trainingsbedingungen am Frankfurter Stützpunkt beschwert. Das Wurfhaus ist so konstruiert, dass jeder, der zu den Umkleiden und Toiletten oder in den Kraftraum will, am Ring vorbeilaufen muss.
Probleme in Frankfurt behoben
„Ich habe nicht den Anspruch, dass ich das Wurfhaus ganz für mich allein habe. Aber ich habe den Anspruch, dass ich in Ruhe mein Training absolvieren kann, ohne dass ich alle paar Minuten in der Konzentration gestört werde“, schreibt Heidler auf ihrer Homepage. Eine weitere Beschwerde betraf den Rasen, der nur selten gemäht wurde und den Werfern manchmal fast bis zur Wade reichte: „Man sieht weder die Einschlaglöcher, in denen man übrigens auch wunderbar umknicken kann, noch findet man die Hämmer im Feld“, sagt die Deutsche Meisterin.
Nachdem ihre Beschwerde öffentlich wurde, reagierte das Sportamt und rückte mit dem Rasenmäher aus. Im Wurfhaus ist nun eine Trennwand aufgestellt und neben dem Gebäude soll ein weiterer Wurfkäfig entstehen. „Wenn ich gewusst hätte, dass sich so schnell etwas tut, hätte ich schon früher mal etwas gesagt“, so Heidler. Sie sei froh, dass sich die Sache erledigt hat: „Jetzt können wir endlich wieder in Ruhe arbeiten.“
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift