Heimspiel und Heimsieg für Manuel Meyer
Kurz hinterm Walkenbrücker Tor, als Ezekiel Kimutai auf dem Kopfsteinpflaster die Sohlen schleifen ließ, nutzte Manuel Meyer beim Coesfelder City-Lauf die Gunst des Augenblicks. Mit aller Energie haute er den höchsten Gang ins Laufgetriebe, brachte seine langen Beine noch mal richtig auf Touren und verabschiedete sich auf Nimmerwiedersehen von seinem ostafrikanischen Wegbegleiter.
Manuel Meyer freute sich über seinen Sieg in Coesfeld (Foto: Hörnemann)
"Ich wollte es nicht auf einen kurzen Sprint ankommen lassen", schilderte "ManU", so sein Spitzname, die spannende Phase im 10-Kilometer-Rennen, "darum habe ich Vollgas gegeben." Nach Rüdiger Stenzel und Mark Ostendarp, die auf dem Coesfelder Marktplatz zu den ersten Gratulanten zählten, ist er nunmehr der dritte Lokalmatador in der elfjährigen Historie dieser Großveranstaltung, der sich in die Siegerliste eingetragen hat.Nach dem Startschuss war der 23-jährige Letteraner, der bei der LG Coesfeld das ABC der Lauferei gelernt und beim TV Wattenscheid 01 den Feinschliff bekommen hat, losgestürmt, als sei der Leibhaftige hinter ihm her. Dem unerschrockenen Bolzer dicht auf den Fersen folgte einzig und allein Ezekiel Kimutai, ein Halbbruder von Reuben Koskei, dem einstigen Olympiasieger und Weltmeister über 3000 Meter Hindernis.
Windschatten-Kenianer
"Der Kenianer legte sich von Anfang an in meinen Windschatten", beklagte sich Manuel Meyer bei seinem Heimspiel hinterher, "in der dritten von vier Runden hab' ich ihn vorbei gelassen, damit er mal Tempo macht. Doch dabei sind wir fast stehen geblieben." Dadurch verkürzte Michael Fietz, 2000 in Sydney noch Olympia-Teilnehmer im Marathon, den Rückstand zusehends, rückte den Ausreißern, die die erste Hälfte in 15:20 Minuten passierten, immer dichter auf den Pelz und schob sich auf der Zielgeraden noch an Ezekiel Kimutai vorbei.
Mit seiner mutigen Attacke führte Manuel Meyer, dessen Trainer Heiko Schulze live dabei war, die Entscheidung endgültig zu seinen Gunsten herbei. Angefeuert von den begeisterten Zuschauern nahm er auf der Zielgeraden die Parade ab, riss jubelnd die Arme in die Höhe und strahlte mit Ehefrau und Töchterchen Jana um die Wette. Bei einer elektronisch gestoppten Siegerzeit von 31:04,10 Minuten folgten Michael Fietz (31:11,65 min) und Ezekiel Kimutai (31:14,55 min) auf den Plätzen. "Ich bin zufrieden und liege voll im Plan für Frankfurt", erklärte der zweitplatzierte Michael Fietz, "dort hoffe ich auf eine Marathon-Zeit unter 2:15."
Ecke langsamer, aber gewonnen
Manuel Meyer, ein schmales Handtuch von gerade mal 63 Kilo, die sich auf 1,86 Meter Körperlänge verteilen, kann sogar noch viel schneller rennen. In Bad Liebenzell, Schauplatz der Deutschen Meisterschaften im 10-Kilometer-Straßenlauf, war er Zwölfter in 30:13 Minuten. "Da bin ich heute eine Ecke langsamer gewesen", meinte "ManU", "dafür hab' ich gewonnen." Mark Ostendarps Streckenrekord von 29:48 Minuten, anno 2000 aufgestellt, der bisher allen Stürmen Stand gehalten hat, war auch tabu für Manuel Meyer, den Hauptdarsteller von 928 Aktiven, die bei der elften Auflage im Zielkanal erfasst wurden.
Der jetzt 31-jährige Mark Ostendarp hat mittlerweile vom Hochleistungssport Abschied genommen. Dafür hat er beruflich Karriere gemacht. Denn der ehemalige Hindernisspezialist, 1997 in Athen WM-Neunter und zweitbester Europäer, arbeitet beim VW-Werk in Wolfsburg, wo er derzeit im Bereich Prozess-Optimierung tätig ist. Doch Mark Ostendarp, diplomierter Maschinenbau-Ingenieur mit dem Spezialgebiet Fertigungstechnik, hat die Laufschuhe keineswegs komplett in die Ecke gestellt. "Ab und an nehme ich sogar an Wettkämpfen teil."
Duell der Ex-Asse auf dem Rad
Einen Triathlon hat er absolviert und einen 10-Kilometer-Lauf vor drei Wochen in Hannover, den er in 31:36 Minuten beendet hat. Flott ist er immer noch. "Den Manuel hätte ich aber nicht schlagen können, nie und nimmer", betonte Mark Ostendarp, "die 31:36 sind mir schon schwer gefallen."
Rüdiger Stenzel, sein Trainingspartner von früher, konterte mit keckem Grinsen: "31:35 könnte ich auch noch laufen." Rüdiger Stenzel, in der Marketing-Abteilung des Bundesligisten FC Schalke 04 beschäftigt, beliebte zu scherzen. "Nein, nein, ich lauf kaum noch", gab er ehrlich zu, "dafür bin ich oft mit dem Rennrad unterwegs." Mark Ostendarp kann's bestätigen. "Neulich", dachte er zurück an eine gemeinsame Tour, "hat mich der Rüdiger platt gemacht." In ähnlicher Manier wie Manuel Meyer den Kenianer mürbe gelaufen hat.