Heiße Diskussion um Anti-Doping-Gesetz
Wenige Tage vor der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Samstag in Stuttgart bekommen die Befürworter eines Anti-Doping-Gesetzes immer mehr Zulauf.
Auf der Mitgliederversammlung des DOSB kommt es am Samstag zu einer mit Spannung erwarteten Abstimmung. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) fordert dabei unter anderem die Erhöhung der Strafen für Dopingverstöße, die Einführung einer Kronzeugenregelung sowie die uneingeschränkte Strafbarkeit des Besitzes von Dopingmitteln.„Viele Athleten fordern strafrechtliche Konsequenzen bis hin zu Gefängnisstrafen", erklärte am Donnerstag DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop dem Sport-Informations-Dienst (SID). Ob es bei der Abstimmung am Samstag zum Durchbruch reicht, bleibt abzuwarten. "Aber auch das Frauenwahlrecht ist nicht im ersten Anlauf beschlossen worden", sagt der Regensburger Amtsgerichtsdirektor und macht deutlich: "Ein starkes Votum für eine Strafverschärfung wäre ein guter Schritt in Richtung Anti-Doping-Gesetz."
Ermittlungen möglich machen
Dieses solle nicht die Sportgerichtsbarkeit ersetzen, wie immer wieder fälschlicherweise behauptet werde, sondern ergänzende Ermittlungen von Behörden möglich machen. Derzeit kämpften die staatlichen Ermittlungsbehörden "mit einem stumpfen Schwert", da die Rechtslage kein effektives Instriumentarium zur Dopingbekämpfung zur Verfügung stelle.
Die Führungsspitze des DOSB hatte in der Vergangenheit einer verstärkten staatlichen Verfolgung von Dopern immer wieder eine Absage erteilt.
"Innerhalb des DOSB besteht Einigkeit im Ziel der Schärfung der Werkzeuge im Kampf gegen Doping. Dazu gibt es eine Reihe konstruktiver Vorschläge", sagte DOSB-Präsident Thomas Bach.
Eigener DOSB-Antrag
Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) wird einen eigenen Antrag zur Verschärfung des Kampfes gegen Doping in die Mitgliederversammlung am Samstag in Stuttgart einbringen. Dieser Beschluss wurde am Donnerstag in Stuttgart gefasst.
„Es gibt eine Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten im staatlichen Kampf gegen Doping, die auch der von Prof. Jahn erstellte Evaluierungsbericht der Bundesregierung aufgezeigt hat. Wir fordern den Gesetzgeber auf, diese zeitnah umzusetzen“, sagte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper.
Kriminologe für Verschärfung
Der Kriminologe Dieter Rössner sprach sich zuletzt neben Sportlern wie Tischtennis-Ass Timo Boll und Radsprinter Andre Greipel ebenfalls für eine schärfere Anti-Doping-Gesetzgebung in Deutschland aus. "Wenn man Doping im Spitzensport angreifen will, dann muss man Eigendoping unter Strafe stellen", sagte der Professor der Universität Marburg im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): "Wir brauchen eine direkte Kriminalisierung des Dopings. Das wäre ein echtes Zeichen für den Spitzensport."
Tischtennis-Verbandspräsident Thomas Weikert warnte: "Es darf in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entstehen, dass die deutschen Sportorganisationen den Kampf gegen Doping und Drogenmissbrauch nur halbherzig führen." Dem DLV-Antrag sicherte er Unterstützung zu: "Unabhängig davon, dass am Ende über neue Gesetze die Politik entscheidet - der deutsche Sport muss jetzt ein Signal aussenden und massivere staatliche Unterstützung anfordern."
Spitzensportler schwer zu verfolgen
Der Anwalt aus Limburg betonte darüber hinaus, dass der Sport alleine mit seinen begrenzten Ermittlungsmöglichkeiten den Kampf mit der kriminellen Energie einzelner und den dahinter stehenden professionellen Profitmachern und Netzwerken nicht erfolgreich führen könne, "wenn nicht hinter uns auch die Drohung des Gesetzgebers mit Staatsanwalt, Gericht und Gefängnis steht".
Bisher läuft die strafrechtliche Verfolgung von Dopingvergehen über das 2007 verschärfte Arzneimittelgesetz. Dabei sind aber nur der Besitz von "nicht geringen Mengen" verbotener Substanzen und der Handel strafbar, dopende Sportler unterliegen lediglich der Sportgerichtsbarkeit. An einem Evaluierungsbericht der Bundesregierung, der der bisherigen Regelung ein gutes Zeugnis ausstellt, hatte sich in der vergangenen Woche im Sportausschuss des Deutschen Bundestages ein heftiger Streit entzündet.
In dem Bericht heißt es unter anderem, die Zahl der Strafverfahren sei stark angestiegen. Kritiker bemängeln jedoch, dass es sich dabei hauptsächlich um Fälle aus dem Breitensport handele. Dopende Spitzensportler seien mit den derzeitigen Regelungen nur schwer zu verfolgen.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)