Helge Schwarzer - Graffiti und die Hürdenkunst
Es riecht nach Farbe. Gesprüht mit einer Spraydose auf eine Leinwand. In der Mitte ein Schriftzug: „ATHLETX“. das neuste Graffiti-Art-Projekt des Hürdensprinters Helge Schwarzer (Hamburger SV). Die Studenten-WG ist voll mit künstlerisch bemalten Leinwänden, ein Ausgleich für das Leben auf der Kunststoffbahn und im Hürdenwald.

Helge Schwarzer ist auf dem Weg nach oben. Ein Saisoneinstieg, der besser nicht hätte laufen können und doch ist der Wahl-Hamburger nicht ganz zufrieden mit seinen bisherigen Läufen. „Die Rennen bis jetzt waren alle sehr, sehr durchwachsen und am Samstag beim Sparkassen-Cup in Stuttgart hatte ich sogar mit einer Erkältung zu kämpfen, dass ich trotzdem eine 7,69 Sekunden gelaufen bin, beruhigt mich schon ziemlich, zumal ich den Start auch noch verpennt hatte“.
Schon im Dezember hatte Helge Schwarzer ein gutes Gefühl für die anstehende Hallensaison und so schrieb er auf seiner Homepage www.helgeschwarzer110m.blogspot.com: „Ich merke, was in meinem Körper unter der Oberfläche schläft und ich bin glücklich darüber, das diesen Winter herauszulassen!“ Damit hatte der BWL-Student in der Vergangenheit oft seine Probleme, gerade bei den wichtigen Rennen gelang es ihm nicht sein Leistungspotential abzurufen und so fanden alle bisherigen internationalen Meisterschaften ohne den aufgeweckten Hürdensprinter statt, das soll jetzt in Turin ein Ende haben.
Vorbild Colin Jackson
Dabei sieht der gebürtige Hannoveraner einige Parallelen zwischen sich und dem Weltklasse-Hürdensprinter Colin Jackson (Großbritannien). In dessen jungen Jahren haben viele Kritiker behauptet, dass dieser das große Rennen nicht gewinnen könne („He can't win the big race“) und auch Helge Schwarzer wurde oft nur am Rande wahrgenommen. „Ich wollte das nicht mehr auf mir sitzen lassen und auch mal zeigen, dass ich auch anders kann, ich kann auch große Rennen gewinnen, ich kann auch wirklich schnell laufen und will endlich ernst genommen werden“.
Die großen Rennen also als eine alte Schwäche des sympathischen Hamburgers? Doch nicht mehr lange: „Ich arbeite gerade daran, diese abzubauen, damit es mir dann auch mal bei den großen Rennen gelingt, annähernd Bestzeit zu laufen“. Colin Jackson wurde ein Jahr später Weltmeister und auch Helge Schwarzer will im August bei den Weltmeisterschaften in Berlin am Start sein. Dafür hat er sich extra für ein Jahr von seiner Universität Hamburg beurlauben lassen. „Ich will es nochmal wissen und alles geben, um bei diesem Ereignis dabei zu sein.“
Endlich einmal qualifizieren!
Im Moment liegt der Hürdensprinter ziemlich gut im internationalen Vergleich. Seine 7,66 Sekunden bedeuten in dieser Saison Platz 14 in der Welt und sogar Platz sechs in Europa. Das Finale bei der Hallen-EM steht im klaren Fokus. „Ich versuche auf jeden Fall, noch in dieser Saison in den Anfang-60er-Bereich zu laufen und mich dann dort zu stabilisieren, um bei der Hallen-EM eine gute Rolle zu spielen. Als erstes will ich mich aber qualifizieren. Im Moment haben zwar nur Erik Balnuweit und ich die Norm, aber mit Alexander John und Willi Mathiszik (alle LAZ Leipzig) gibt es auf jeden Fall noch zwei deutsche Athleten, die die Norm laufen können.“
Bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Leipzig (21./22. Februar) will Helge Schwarzer den Hürdensprintern des LAZ Leipzig einen Strich durch die Rechnung machen und rüstet sich für einen harten Kampf. „Ich denke, Erik Balnuweit und ich werden uns ein großes Rennen liefern, natürlich können dabei Alexander John und Willi Mathiszik immer eingreifen. Bei den Hürden ist alles möglich. Fünf Hürden und 60 Meter, das ist gar nichts, wenn man da den Start verpennt und erstmal hinten dranhängt, dann wird es schon mal ganz schwer, ein super Rennen abzuliefern.“
Sportinternat Hannover als Talentschmiede
Angefangen hat es bei Helge Schwarzer in Hannover, als seine Mutter den 10-Jährigen zu einem Probetraining der Leichtathletik brachte. Gar nicht begeistert von der Idee, wurde er doch bald in deren Bann gezogen. Über den Mehrkampf zog es ihn dann schließlich zum Hürdensprint und über das Sportinternat Hannover und Hannover 96 zum Hamburger SV. „Vor drei Jahren ging es nach Hamburg, einfach aus der Situation heraus, dass mein Trainer Joachim Witt und ich ein neues Umfeld brauchten, da seine Beschäftigung in Niedersachsen zu Ende ging. Hier in Hamburg haben wir eine tolle Perspektive bekommen und optimale Rahmenbedingungen, um Top-Leistungen produzieren zu können“, ist Helge Schwarzer sehr zufrieden mit seiner neuen Lebenssituation.
In Hannover, mit 15 Jahren, nahm auch seine zweite Leidenschaft ihren Lauf: Graffiti. Zuerst legal auf Hauswänden, mittlerweile dann doch lieber Zuhause auf der Leinwand und jetzt auch bereits auf einem T-Shirt zu bestaunen. „Das mache ich einfach, um ein wenig abzuspannen. Das ist das perfekte Hobby, um sich abzulenken und den Kopf frei zu bekommen“, ist sich Helge Schwarzer der Wirkung seines Hobbys bewusst.
Leichtathletik modernisieren
Sein T-Shirt „ATHLETX“ versucht der Leichtathletik ein moderneres Aussehen zu geben und den Sport somit auch einem jüngeren Publikum zu präsentieren. „Ob man es dann mag oder nicht, ist oft Geschmackssache, da Graffiti enorm polarisiert.“ Zu bewundern sind seine Kunstwerke ebenfalls auf Helge Schwarzers Homepage.
Eines ist sicher, durch Helge Schwarzer kann man den frischen Nordwind im Hürdensprint schon jetzt spüren und gespannt sein, in welcher Geschwindigkeit er am 21./22. Februar durch die Leipzig-Arena fegen wird, um endlich das große Rennen zu gewinnen.