Henry Wanyoike - „Im Teamwork erfolgreich“
„From zero to hero!“ Das ist der Lebensweg von Henry Wanyoike, der mit 15:11,07 Minuten, 31:37,25 Minuten, 1:10:26 Stunden und 2:31:31 Stunden beachtliche Weltrekorde der Blinden über 5.000 und 10.000 Meter sowie im Halbmarathon und Marathon aufgestellt hat. Im Interview erzählt der kenianische Ausnahmeläufer, wie für ihn ein großer Traum wahr geworden ist, nachdem er zuvor schon seinen Lebensmut verloren hatte, als er über Nacht mit 21 Jahren sein Augenlicht verlor, und warum er seinen Erfolg so gerne mit anderen teilt.
Henry Wanyoike, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Halbmarathon von Gelsenkirchen nach Essen. So viele Zuschauer haben Sie angefeuert, um die Arbeit der Christopher-Blindenmission (CBM), dessen Trikot Sie tragen, zu unterstützen. Wie hat sich das heute angefühlt? Henry Wanyoike:Der Lauf war gut. Ich bin sehr glücklich, drei Halbmarathonläufe in einem Monat gelaufen zu sein. In Bonn bin ich 1:14:56 Stunden, in Mannheim 1:19:27 Stunden und heute 1:18:04 Stunden gelaufen – also nicht schlecht. Das zeigt, dass alles gut läuft nach einem Autounfall vor einem Jahr und ich plane, nächstes Jahr noch schneller zu sein. Wir sind glücklich, die CBM zu unterstützen und gleichzeitig so viel Beifall von den Deutschen, die unsere Freunde sind, zu bekommen.Wann haben Sie mit dem Laufen begonnen und was war Ihre Motivation, ein Langstreckenläufer zu werden?Henry Wanyoike: Mit dem Laufen begann ich, als ich zwölf Jahre alt und ziemlich jung war. Mein Traum war es, ein erfolgreicher Läufer in meinem Land zu werden, weil es in Kenia viele gute Läufer gibt. Es war meine Bestimmung und Traum, ein Held in meinem Land zu werden und für mein Land zu laufen. Das war meine Motivation, ein Weltmeister zu werden und Kenia bekannter zu machen.Bei den Paralympics in Peking haben Sie sich entschieden, den Marathon anstelle der 10.000 Meter zu rennen, nachdem Sie zuvor schon Bronze über 5.000 Meter gewonnen hatten. Können Sie erklären, warum Sie dann aber mitten im Rennen ausgestiegen sind?Henry Wanyoike: Ich war sehr glücklich, als ich die Bronze-Medaille über 5.000 Meter gewonnen hatte. Den Marathon wollte ich danach nicht als Wettkampf laufen. Mein Autounfall lag noch nicht lange zurück und ich hatte mich bis zu den Paralympics in Peking noch nicht völlig davon erholt. Deshalb war ich sehr froh, dass ich überhaupt Bronze holen konnte und niemand meine Rekorde schlug. Nach den Problemen und dem Trainingsausfall war das für uns eine der wichtigsten Medaillen gewesen. Da wir zusammen mit Athleten laufen, die auch etwas sehen und dadurch schneller sein können, entschieden wir während des Marathons in Zusammenhang mit den anderen Dingen, nicht die ganze Strecke zu absolvieren.
Im Frühjahr dieses Jahres waren Sie bereits in Deutschland gewesen, um beim Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) diese Chancenungleichheit zwischen den nicht sehenden und den restsehfähigen Läufern anzusprechen. Konnte eine Lösung dieses Problems gefunden werden?
Henry Wanyoike:
Das Treffen, das in Bonn stattfand, war sehr erfolgreich. Ich denke, dass Athleten mit schwereren Handicaps nicht mit anderen aus stärkeren Klassen, die alleine laufen, mithalten können und alle Medaillen deshalb an die Stärkeren gehen. Vielleicht wird es Veränderungen bei den nächsten IPC Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2011 in Neuseeland geben.Obwohl sich Ihr Leben nach der Erblindung völlig geändert hat, scheinen Sie sehr glücklich und voller ansteckender Lebensfreude zu sein. Wer stand Ihnen zur Seite, als Sie selbst Hilfe benötigten?
Henry Wanyoike:
Ich habe Gott gewonnen, weil er immer bei mir ist. Bei allem, was ich tue, gibt er mir immer eine zweite Chance und ich bin glücklich, dass er mir Kraft gibt, um weiter zu machen. Ich danke meiner Familie und niemals könnte ich die tolle Arbeit von meinem Guide Joseph vergessen, die er immer wieder vollbringt, um mich zu begleiten, denn alleine hätte ich die ganzen Siege nicht erreicht. Nur mit meinem Freund Joseph ist das möglich, weil wir im Teamwork erfolgreich sind! Dieses Prinzip eines Teamworks versuche ich den Menschen zu vermitteln und zu zeigen, wie wichtig es für alle Menschen ist, zusammen zu arbeiten, um erfolgreich zu sein. Ich bin sehr glücklich über die Hilfe der CBM. Menschen, wie der Autor Bengt Pflughaupt, haben mir geholfen. Ich danke meinen Freunden, die mich aus allen Erdteilen unterstützen.Sie sind nicht nur ein Ausnahmeläufer, sondern Sie kümmern sich auch um viele soziale Projekte. Erzählen Sie bitte ein wenig davon!Henry Wanyoike: Seitdem ich Medaillen gewonnen habe und Weltmeister geworden bin, ist es für mich von großer Bedeutung, anderen mit meinen Gewinnen zu helfen. So wie ich nun vier Wochen für die CBM gelaufen bin, die mir geholfen haben, als ich 1992 erblindete. Es ist immer gut, etwas zurückzugeben. Ich freue mich sehr, wenn ich etwas für sie tun kann. Ich habe eine Stiftung gegründet, damit wir den Armen in unserem Land helfen. Ein Projekt ist zum Beispiel „Kühe für Kenia“, bei dem wir den armen Familien eine Kuh für das tägliche Brot geben. Wir kümmern uns auch um Menschen mit Behinderungen, um Bildung und die Umwelt. Dafür ist die Stiftung da und für Sport. Wir versuchen immer neue Projekte zu ermöglichen. In den kommenden Monaten wollen wir ein „Heim für Hoffnung“ bauen.
In Ihrem Wohnort Kikuyu, in der Nähe von Nairobi, veranstalten Sie dieses Jahr zum dritten Mal den „Run for hope“. Was erwarten Sie dieses Jahr von diesem Event?Henry Wanyoike:
Es ist wichtig, die Gemeinschaft zu fördern. Aus den Siegesfeiern meiner Erfolge entstand diese Veranstaltung. Wir bringen die Menschen zusammen und geben ihnen Hoffnung, damit sie nicht aufgeben. Besonders die jungen Leute sollen sehen, dass sie auch erfolgreich sein können. Henry erblindete und hat trotzdem so viel geschafft. Letztes Jahr haben 6.000 Leute mitgemacht und dieses Jahr erwarten wir noch mehr, so dass es nach dem Nairobi-Marathon der zweitgrößte Lauf unseres Landes werden wird.Haben Sie ein Vorbild in sportlicher Sichtweise?Henry Wanyoike:
Er ist heute ein alter Mann: Kipchoge Keino. Er war so gut, dass er ein Vorbild für das ganze Land ist. Deshalb haben wir auch so viele gute Läufer, denn alle wollen so sein wie er. Er hat so viel getan und die Türen für die anderen Menschen geöffnet.
Und wem drücken Sie für die Weltmeisterschaften in diesem Jahr die Daumen?Henry Wanyoike:
Samuel Wanjiru, der den Marathon bei den Olympischen Spielen in Peking gewonnen hat. Ich glaube, dass er auch in Berlin gewinnen könnte.