Hochsprung der Frauen - Abschied und Umbruch
In den aktuellen Kaderlisten im Hochsprung der Frauen fehlen seit 2013 zwei bekannte Namen: Mit Meike Kröger (LG Nord Berlin) und Julia Wanner (LG Eintracht Frankfurt) haben gleich zwei Hoffnungsträgerinnen der vergangenen Jahre die Spikes an den Nagel gehängt. Neben der deutschen Rekordhalterin Ariane Friedrich (LG Eintracht Frankfurt) sollen nun vor allem die Athletinnen der Jahrgänge 1990 und jünger den Anschluss an die Weltspitze wieder herstellen.
Es ging nicht mehr. Ständig diese Schmerzen, und dann auch noch die Diagnose des Arztes, der vorhersagte: „Das wird nicht besser.“ Ein fast schon chronisches Knochenödem im Fuß bremste Julia Wanner auf ihrem Weg aus, der 2009 noch so vielversprechend aussah: Bestleistung von 1,93 Meter, Platz fünf bei der U23-EM, Platz drei bei der Universiade.Der Spaß am Sport ging verloren, und so fällte die heute 25-Jährige bereits zu Beginn des vergangenen Jahres den Entschluss, es mit dem Hochsprung sein zu lassen. „Die Entscheidung zu treffen war schwerer, als sie dann auch durchzuziehen“, sagt sie rückblickend. „Es war eine schöne Zeit, aber ich merke auch jetzt noch, dass es nicht weiter gegangen wäre.“
Nach einem Abstecher nach Frankfurt und zur Trainingsgruppe von Günter Eisinger ist sie wieder in ihre Heimat Berlin zurückgekehrt. Ab und zu schaut sie noch beim Training ihrer ehemaligen Trainingsgruppe beim LAC vorbei, selbst trainiert sie nicht mehr.
Berg- und Talfahrt bei Meike Kröger
Ähnlich verlief die Leidensgeschichte von Meike Kröger. 2009 hatte es die Berlinerin bei der Heim-WM noch auf Platz elf geschafft, in der anschließenden Hallensaison trumpfte sie mit einem Satz über 2,00 Meter auf. Dann ging es auf einmal nur noch bergab. Meike Kröger war müde, schlapp, ausgelaugt - Folgen einer Schilddrüsen-Unterfunktion, die erst im Herbst 2010 diagnostiziert wurde.
Ihr Architektur-Studium konnte die heute 26-Jährige trotz dieser Belastung 2011 abschließen, sportliche Höhenflüge stellten sich dagegen nicht wieder ein. Ein Knorpelschaden im Knie brachte schließlich das Fass zum Überlaufen. „Mein Knie ist wie ein Sandkasten“, erklärt Meike Kröger - wenn sie es belastet, knirscht es. Keine guten Voraussetzungen für den Leistungssport. „Mein Arzt hat mir nahe gelegt, mich mit dem Ende des Leistungssports auseinander zu setzen, wenn ich einen halbwegs normalen Alltag leben will.“
Dieser Empfehlung beugte sich Meike Kröger im Juli 2012, als sie den Schlussstrich unter ihre sportliche Karriere zog. Leicht war das nicht. Vereinzelt gibt es noch immer Tage, an denen ihr der Abschied nahe geht. Ablenkung bietet ihr neues Leben in Zürich (Schweiz), wo sie seit 2011 als Architektin arbeitet. „Dorthin zu ziehen war das Beste, was mir damals passieren konnte“, sagt sie. Ihr Fokus gilt jetzt der beruflichen Karriere: geplant ist ein Architektur-Master-Studium.
Zuschauen bei neuen Hoffnungsträgerinnen
Sowohl Julia Wanner als auch Meike Kröger haben den Kontakt zur Leichtathletik nicht ganz abgebrochen. Beide stehen weiterhin in Kontakt mit ehemaligen Weggefährten und interessieren sich für die Entwicklungen im Hochsprung der Frauen. Gut möglich, dass wir sie im Winter bei dem einen oder anderen Wettkampf im Zuschauerraum sehen werden.
Dort stehen dann andere Athletinnen im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Ariane Friedrich, deutsche Rekordhalter, Hallen-Europameisterin 2009 und langjährige Leistungsträgerin, wird erst im Sommer wieder zu Höhenflügen ansetzen. So ruhen im Winter die größten Hoffnungen auf Athletinnen, die 22 Jahre oder jünger sind.
Allein die 26 Jahre alte Leverkusenerin Julia Straub, die zwischen 2006 und 2009 bereits mehrfach die 1,90 Meter überquert hat und nach langer Verletzungspause wieder an alte Form anknüpfen will, könnte den Youngstern einen Strich durch die Rechnung machen.
Vorspringerin: Marie-Laurence Jungfleisch
Vorweg springen wird in der noch jungen Hallensaison vermutlich Marie-Laurence Jungfleisch (LAV Stadtwerke Tübingen). Die EM-Teilnehmerin meisterte im vergangenen Jahr erstmals 1,95 Meter und verpasste die Olympia-Nominierung nur knapp. Unter dem Hallendach steht ihre Bestleistung bei 1,92 Meter.
Bundestrainerin Brigitte Kurschilgen setzt große Hoffnungen auf die 1,81 Meter große Athletin, die ihr Leistungspotenzial noch lange nicht ausgereizt hat und unter der Regie von Trainer Tamás Kiss behutsam an die Weltspitze herangeführt werden soll. Als nächster internationaler Auftritt könnte die Hallen-EM in Göteborg (Schweden; 1. bis 3. März) warten. Die Norm liegt bei 1,92 Meter, diese Höhe hatte die 22-Jährige im Sommer fest im Griff.
Nachwuchs auf dem Sprung
Hoffnungsvolle Talente finden sich auch in der Trainingsgruppe der Bundestrainerin in Wattenscheid: Nadja Kampschulte mit einer Hallen-Bestleistung von 1,91 Meter und Nele Hollmann, Bestleistung 1,85 Meter, beide erst 20 Jahre alt, haben die Zukunft vor sich. Dasselbe gilt für Melina Brenner (TV Wipperfürth), Sechste der U20-WM, die vor ihrem ersten Jahr in der Aktivenklasse steht. Alexandra Plaza (LT DSHS Köln), Vierte der U20-WM, hat sogar noch ein Jahr im Nachwuchsbereich vor sich.
Die ganz großen Sprünge sind von ihnen in naher Zukunft noch nicht zu erwarten. Für einen Start bei der WM in Moskau (Russland) kommt nach derzeitigem Stand nur das Duo Ariane Friedrich und Marie-Laurence Jungfleisch in Frage. Der Nachwuchs kann bei der U23-EM in Tampere (Finnland) Erfahrungen sammeln. Wenn die jungen Athletinnen gesund bleiben, könnten sie bis zu den Olympischen Spielen in Rio (Brasilien) 2016 den Anschluss an die Weltspitze schaffen.