„Hühnchen-Bein“ Allyson Felix mit Gott zu Gold
Allyson Felix sagt, die 200 Meter seien ihr "Baby". Nach zwei vergeblichen Versuchen hat die US-Amerikanerin das Rennen bei den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) endlich gewonnen.
Kurz bevor Allyson Felix ihre Bühne betritt und explodiert, sucht sich die Sprinterin einen ruhigen Platz, holt ihre Bibel heraus und beginnt, im Brief des Paulus an die Philipper zu lesen. Es ist ein Ritual, das ihr Kraft gibt. "Meine Geschwindigkeit ist ein Geschenk des Herrn, und ich laufe, um ihn zu ehren", sagt die 26-Jährige, "alles was ich mache, erlaubt er mir zu tun."Am späten Mittwochabend schwebte Allyson Felix mit Gott und in ihrem unnachahmlich leichten Stil in 21,88 Sekunden über 200 Meter zu Olympia-Gold. Endlich. Zuvor war sie zwei Mal ganz knapp am ultimativen Triumph vorbeigeschrammt - 2004 und 2008 hatte sie gegen die Jamaikanerin Veronica Campbell-Brown knapp verloren.
"Ich musste lange auf diesen Moment warten. Vor dem Rennen habe ich an die Enttäuschungen von Athen und Peking gedacht und jetzt ist mein Traum wahr geworden", sagte sie: "Unglaublich, ich kann es noch gar nicht fassen."
Erstes US-Gold seit 1992
Drei WM-Titel hatte Allyson Felix vor London schon über die 200 Meter gewonnen. Doch bei Olympia brachte ihr die Strecke, die sie als ihr "Baby" bezeichnet, nichts als Liebeskummer ein. Bis jetzt. Nach ihrem Triumph, dem ersten der USA über die halbe Stadionrunde seit Gwen Torrence 1992, legte sich die 1,68 Meter große und nur 57 Kilo schwere Sprinterin die "Stars and Stripes" um die schmalen Schultern, strahlte über das ganze Gesicht und ließ sich von den 80.000 Zuschauern feiern.
Hinter der souveränen Siegerin, die vom legendären US-Trainer Bob Kersee betreut wird, kam 100-Meter-Olympiasiegerin Shelly-Ann Fraser-Pryce aus Jamaika ins Ziel. "Pocket Rocket", wie die kleine 25-Jährige genannt wird, wurde nach 22,09 Sekunde gestoppt. Bronze holte sich Carmelita Jeter aus den USA in 22,14 Sekunden.
Allyson Felix, Tochter eines Pastors und einer Lehrerin, hat mittlerweile unglaubliche zehn Goldmedaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften gesammelt. Aber keine davon hat für die ewig Lächelnde eine größere Bedeutung als die Jüngste von den 200 Meter.
200 Meter die Lieblingsstrecke
Obwohl sie alle Strecken von 100 bis 400 Meter beherrscht, sind die 200 Meter ihre Lieblingsstrecke. "Dieser Moment ist unbezahlbar", sagte Allyson Felix, die nach ihrer Karriere nicht wie ihr Vater der Kirche dienen möchte, sondern in die Fußstapfen der Mutter treten und Lehrerin werden will.
Das Gold hat nicht nur für die Athletin selbst eine große Bedeutung, sondern auch für die stolze Sprinternation der USA. "Hühnchen-Bein", wie Allyson Felix in der Schule wegen ihrer zierlichen Figur gerufen wurde, sorgte für den ersten Sieg über 100 oder 200 Meter seit 1996. Damals gewann Gail Devers die 100 Meter. Danach hatten sich die Amerikanerinnen stets geschlagen geben müssen. Bis Allyson Felix mit Gott zu Gold schwebte.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)
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