Hürden - Colin Jackson zum Vierten?
Europa schwächelt im Hürdensprint. Bei den Weltmeisterschaften in Edmonton waren nur zwei Europäer im Endlauf vertreten, in der aktuellen Weltjahresbestenliste definieren Anier Garcia und Allen Johnson die Spitze und selbst bei den Commonwealth Games in Manchester durchbrach brach der Südafrikaner Shaun Bownes die britische Vormachtstellung.
Colin Jackson - Nimmermüde über die 110 Meter Hürden (Foto: Chai)
Colin Jackson indes wird das egal sein. Auf seiner Abschiedstournee von der internationalen Leichtathletik zählt für ihn allein der vierte Europameistertitel in Folge. Dem walisischen Gentleman gefährlich werden, kann dabei einzig Stanislav Olijars. Mit 13,15 Sekunden hat der Lette exakt die gleiche Vorleistung wie Jackson erbracht.Der Held der Halleneuropameisterschaften von Wien, Elmar Lichtenegger, hatte bislang eine ebenso durchwachsene Saison wie das deutsche Hürdentrio. Mike Fenner, mit 13,35 Sekunden jahresbester Deutscher, absolvierte seit dem Vorlauf bei den Deutschen Meisterschaften in Wattenscheid wegen Achillessehnen- und Hüftproblemen keinen Wettkampf mehr. Der Titelträger von Wattenscheid Florian Schwarthoff kämpft bereits die ganze Saison um den Anschluss und auch Jan Schindzielorz ist auf der Suche nach eben jener seit er Anfang Juni den Hürdenwald in überraschenden 13,50 Sekunden durchquerte. Bekommen die Deutschen ihre Probleme in den Griff, sollte der EM-Endlauf im Bereich des Machbaren sein.
Duell der Weltmeister
Zwei Weltmeister streiten sich um den Titel über 400 Meter Hürden. Der Italiener Fabrizio Mori stand 1999 in Sevilla ganz oben und kann auch dieses Jahr, Achillessehnenproblemen zum Trotz, bereits eine 48,23 Sekunden verzeichnen. Zwölf Hunderstel schneller war bisher der Titelträger von Athen 1997 Stephane Diagana. Mit seinem Sieg in Lausanne brachte sich zudem der Brite Chris Rawlinson ins Gespräch.
In der Meldeliste fällt ein weiterer Name ins Auge. Marek Plawgo, der Halleneuropameister von Wien über 400 Meter, bot dieses Jahr bereits 48,25 Sekunden an. Allerdings wird sich der junge Pole wohl auf sein Duell mit Ingo Schultz über die flache Stadionrunde konzentrieren. Bleibt noch der amtierende Europameister Pawel Januszewski. Der rannte zwar der Spitze bislang hinterher, 1998 in Budapest rechnete jedoch auch niemand mit dem mittlerweile 30jährigen Polen.
Für die zwei deutschen Küken des Meldefelds (der Finne Jussi Heikilä ist mit 19 Jahren der Jüngste) geht es in München lediglich darum, Erfahrungen zu sammeln. Denn Henning Hackelbusch und Christian Duma sind mit 20 Jahren nicht nur mit die jüngsten, sondern definieren mit ihren Zeiten von 50,26 Sekunden und 50,39 Sekunden auch das untere Ende des Tableaus. Die Halbfinalteilnahme wäre für die beiden Youngster bereits ein großer Erfolg.
Fliegt Vroemen zum Titel?
Endlich hat er es geschafft. Bereits 2000 war Simon Vroemen auf dem Weg zu einer Spitzenzeit, doch beim LIVE-Meeting in Nürnberg verhinderte das Fehlen eines Hindernisses den Sprung des "fliegenden Holländers" in die Weltspitze. Erst beim Golden-League-Meeting in Monaco verbesserte er in 8:06,91 Minuten nicht nur seinen eigenen Landesrekord, sondern auch den 18 Jahre alten Europarekord von Joseph Mahmoud und nahm zugleich dem Franzosen Bouabdallah Tahri die Bürde des Favoriten ab. Der gebürtige Marokkaner Tahri lief in Paris 8:10,83 Minuten.
Ungeachtet des schnellen Holländers ist wohl mit einem internen Länderkampf zu rechnen. Spanien und Frankreich sind mit jeweils drei starken Läufern gemeldet. Davon könnte auch die deutsche Fraktion profitieren. Denn mit der richtigen Taktik winkt für Filmon Ghirmai und Damian Kallabis, in Wattenscheid noch erbitterte Gegner auf der Zielgerade, eine achtbare Platzierung. Erst einmal zählt für den Shooting Star Ghirmai wie für den Titelverteidiger Kallabis ohnehin die Qualifikation für den Endlauf.