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Hürdensprinter Jonathan Petzke und die geheime Mehrkampf-Leidenschaft

60 Meter, fünf Hürden, Adrenalin pur: Für Jonathan Petzke bietet der Hürdensprint eine gehörige Portion Nervenkitzel. Bei der Jugend-Hallen-DM Ende Februar in Sindelfingen drehte der 18-jährige Dresdner im Hürdenwald richtig auf. In deutscher Jahresbestzeit von 7,81 Sekunden stürmte er zu seinem ersten nationalen Titel unterm Hallendach. In seinem Herzen lodert noch ein anderes Feuer, das für den Mehrkampf.
Sandra Arm

Er war im gelben Farbenmeer nicht so leicht auszumachen. Irgendwo mittendrin stand Jonathan Petzke (Dresdner SC). Nach dem Wettkampf fand sich das deutsche Team zu einem Gruppenfoto zusammen. Laut jubelnde Sportler hielten die Fotografen in der Sporthalle Brandberge in der Saalestadt Halle auf ihren Speicherkarten fest. Beim traditionellen Hallen-Dreiländerkampf der U20-Nationalmannschaften zwischen Deutschland, Frankreich und Italien sicherte sich das DLV-Team erneut den Sieg.

Wichtige Punkte zum Gesamterfolg steuerte der Dresdner bei. Für ihn war es nach Lyon (Frankreich; 2015) und Padua (Italien; 2016) schon der dritte Einsatz bei einem Länderkampf. Er ist stolz darauf, das Nationaltrikot tragen zu dürfen. "Es ist jedes Mal ein tolles Gefühl und beflügelt ein bisschen", sagt Jonathan Petzke. Und wie es antreibt. In beiden Läufen über 60 Meter Hürden, die Zeiten wurden für die Endabrechnung addiert, leuchtete vor seinem Namen die Eins auf. Groß die Freude nach dem zweiten Lauf, als eine Zeit von 7,81 Sekunden auf der Uhr stand.

Mit dieser bestätigte Jonathan Petzke seine deutsche Jahresbestzeit von der Jugend-Hallen-DM in Sindelfingen, wo er den Hürdensprint dominierte und sich erstmals den Hallentitel holte. "Bei der DM weiß jeder, du hast gewonnen. Beim Länderkampf sammelst du Punkte für das Team. Nach dem Sieg bei der DM war das eine schöne Zugabe." Oder der krönende Abschluss einer erfolgreichen Hallensaison.

Leistungsschub über die Hürden

In den vergangenen Wochen vollzog der Youngster einen Leistungsschub über die Hürden. Im Vergleich zum Vorjahr (7,87 sec) steigerte er seine Bestzeit um sechs Hundertstel. "Zu Beginn der Hallensaison habe ich mit solch einer Zeit geliebäugelt. Dass sie jetzt als Bestleistung in der Liste steht, ist einfach nur Wahnsinn", freut er sich über den positiven Verlauf. Ausbaufähig ist seine Hürdentechnik. "Ich bin so ungelenkig. Ich muss mich beim Laufen immer in den Hürdensitz prügeln, um halbwegs gut über die Hürde zu kommen", umschreibt er seine Schwäche.

Seine Stärke liegt in der Schnelligkeit. Eine Erklärung für seine Leistungsentwicklung hat Jonathan Petzke nicht, er zuckt mit den Schultern: "Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung." Eine mögliche Ursache könnte in den täglichen Einheiten liegen. "Wir haben das Training ein bisschen in Richtung Mehrkampf umgestellt. Dadurch habe ich neue Energie gewonnen. Ich renne nicht mehr nur geradeaus, sondern bin durch die neuen Impulse im Kopf ein bisschen freier geworden", erklärt der Gymnasiast, der die elfte Klasse besucht. 

Parallele zu Hürdensprinterin Cindy Roleder

Ein gutes Beispiel, dass Mehrkampf schnell macht, ist Hürden-Ass Cindy Roleder (SV Halle). Das vielseitige Training bei Siebenkampf-Bundestrainer Wolfgang Kühne bekommt der Vize-Weltmeisterin und frisch gekürten Hallen-Europameisterin über die Hürden richtig gut. Die Parallele mit der deutschen Hürdenflitzerin schmeichelt dem jungen Athleten. Noch scheut er den direkten Vergleich: "Sie läuft auf einem ganz anderen Niveau."

Für Jonathan Petzke ist der Mehrkampf seine heimliche Leidenschaft. Eins seiner größten Vorbilder: der zweimalige Zehnkampf-Olympiasieger Ashton Eaton aus den USA. "Für mich ist er das größte Idol, was ich habe. Schade, dass er aufgehört hat. Ich habe Niklas Kaul etwas beneidet, als er mit Eaton trainieren durfte." Aus seiner anfänglich geheimen Leidenschaft wurde zwischenzeitlich mehr.

Erfolgreiche Premiere im Hallen-Siebenkampf

Rückblick: Irgendwann im Spätsommer kam der Tag, der seinem sportlichen Weg eine neue Richtung geben sollte. "Ich habe mich auf meinen ersten Zehnkampf nicht sonderlich vorbereitet. Das war im Training, einfach aus Spaß", erklärt Jonathan Petzke seinen ersten Versuch. Seinem Trainer Stefan Poser, mit dem er seit vier Jahren in Dresden zusammenarbeitet, gefiel das, was er sah. "Er ist anschließend auf mich zugekommen und fragte mich, ob wir nicht für den Zehnkampf trainieren sollten." Sein Schützling war von der Idee sehr angetan.

Die Idee mündete in einer Premiere. Bei den Deutschen Hallen-Mehrkampfmeisterschaften in Hamburg absolvierte er erstmals unter Wettkampfbedingungen einen Siebenkampf. Er mischte im Feld der Spezialisten (U20) gehörig mit. Die Bestzeiten purzelten reihenweise, die kleine Sensation war nach dem abschließenden 1.000-Meter-Lauf perfekt. Mit 5.421 Punkten belegte das Hürden-Ass den zweiten Rang. "Ich bin ganz locker in den Wettkampf reingegangen. Ich war selbst überrascht, wie gut es lief. Der zweite Platz war einfach nur überragend und richtig cool."

Entscheidung über eine Fortsetzung im Mehrkampf offen

Ob es im Sommer eine Fortsetzung geben wird, lässt der Youngster bewusst offen. "Das muss ich in Ruhe mit meinem Trainer besprechen. Mal sehen, was er davon hält. In der Halle hat sich der Mehrkampf super angefühlt, mal schauen wie es dann draußen wird, wenn noch einige Disziplinen hinzukommen", blickt er voraus. Bei seinem Debüt unter den Spezialisten haben sich einige Schwächen im Hoch- und Stabhochsprung gezeigt. "Ich lasse dort einfach zu viele Punkte liegen", sagt er selbstkritisch.

Nicht so in seiner Paradedisziplin: dem Hürdensprint. Dort zeigt er der Konkurrenz die Fersen. Nach den Erfolgen in den Vorwochen hat Jonathan Petzke trainingsfrei bekommen. Eine Woche, einfach mal zum Runterkommen. Anschließend geht es wieder ins Aufbautraining, es folgt ein Trainingslager in Italien und im Mai der Saisoneinstieg. Die Konkurrenz ist gewarnt vor dem schnellen Sachsen, der schon jetzt richtig viel Lust auf 110 Meter, zehn Hürden und Adrenalin pur verspürt.

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