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IAAF-Athletenkommission gegen Wiedereingliederung der RUSADA

Die Athletenkommission des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, zu der auch Speerwurf-Europameister Thomas Röhler (LC Jena) gehört, hat sich vehement gegen die bevorstehende Wiedereingliederung der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA in die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) ausgesprochen. Darüber soll am Donnerstag entschieden werden. In einem Brief an die WADA und deren Chef Craig Reedie heißt es: „Im Namen der Athleten, die wir repräsentieren, bitten wir Sie inständig, gegen eine Wiederaufnahme der RUSADA zu stimmen.“
SID/alex

Verbunden mit der Aufforderung war die Bitte, dass sich die WADA an seine ursprünglich verfasste Roadmap halten solle. Diese sah vor, dass Russland einerseits uneingeschränkten Zugang zum Moskauer Anti-Doping-Labor gewähren muss. Zudem müsse der Report des kanadischen Ermittlers Richard McLaren anerkannt werden. In diesem war Russland ein staatlich gedecktes Dopingsystem nachgewiesen worden. Die RUSADA war daraufhin im November 2015 von der WADA suspendiert worden.

Die IAAF-Athletenkommission unter der Leitung des kanadischen Gehers Inaki Gomez räumte zwar Fortschritte Russlands bei der Aufarbeitung des Dopingskandals ein, pochte aber auf die von der WADA erhobenen Forderungen. „Die Roadmap wurde von Ihnen erarbeitet und verabschiedet. Unser Anliegen ist einfach: Folgen Sie den Regeln, die Sie selbst gesetzt haben. Sie sind es allen sauberen Athleten schuldig, dass Sie die Hüter eines sauberen Sports sind.“

Auch weltweit sorgte die wahrscheinliche Wiederaufnahme der RUSADA und die damit verbundene Rehabilitation der Doping-Großmacht Russland durch die WADA für Unverständnis.

„Das ist ein echter Witz und ein Schlag ins Gesicht eines jeden sauberen Athleten“, sagte Travis Tygart, Chef der US-Anti-Doping-Agentur USADA. Whistleblower Grigorij Rodtschenkow, der mit seinen Aussagen die Aufdeckung des Doping-Skandals in Russland ins Rollen gebracht hatte, sprach von einer „Katastrophe für den sauberen Sport“.

Dagmar Freitag übt Kritik

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) nannte es „fatal“, sollte die WADA von ihren Kriterien abweichen. Russland müsse endlich zeigen, dass der faire Wettkampf „als verbindendes Element des Weltsports akzeptiert und aktiv umgesetzt wird“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann dem SID.

Die Hoffnungen, dass es sich die WADA nach dem globalen Proteststurm doch noch anders überlegt, sind gering. „Die Äußerungen vieler Gegner dieser Entscheidung sorgen zwar derzeit für großes öffentliches Aufsehen“, sagte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag dem SID, „doch für Herrn Reedie sind die Wünsche des IOC entscheidend.“

IOC soll Druck ausgeübt haben

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) soll Druck auf die WADA und deren blassen Präsidenten Craig Reedie ausgeübt haben. Der unabhängige Compliance-Prüfungsausschuss CRC hatte am vergangenen Freitag überraschend der WADA empfohlen, die RUSADA nach drei Jahren wieder aufzunehmen. Als Grund nannte der CRC, dass die RUSADA die zwei noch offenen, elementaren Bedingungen erfüllen würde.

Seltsam nur, dass das CRC drei Tage zuvor noch die Aufrechterhaltung der Suspendierung gefordert hatte. „Mit Erstaunen nehmen wir zur Kenntnis, dass sich nun aber über Nacht die Dinge geändert haben“, schrieb die deutsche Nationale Anti-Doping Agentur (NADA).

Zuvor hatte der CRC einen Brief vom russischen Sportministerium erhalten, in dem in Aussicht gestellt wurde, die Ergebnisse des Schmid-Reports über Doping in Russland anzuerkennen. Für den weiteren strittigen Punkt, den Zugang zum Moskauer Anti-Doping-Labor, soll es einen konkreten Zeitplan geben.

Innerhalb der WADA brodelt es

In der Tat jedoch war die WADA auf Russland zugegangen. Aus einem Schreiben von Reedie an den russischen Sportminister Pawel Kolobkow vom 22. Juni geht hervor, dass die Agentur mit Sitz in Montreal zugunsten der Russen von ihrer ursprünglichen harten Marschroute abgewichen war und vor allem beim Kriterium Zugang zum Moskauer Dopinglabor große Zugeständnisse gemacht hat. Ein unabhängiges Gremium, nicht die WADA, soll die Kontrollen durchführen, und zwar erst nach einer Wiederaufnahme der RUSADA.  Zudem mussten die Russen plötzlich auch nicht mehr den McLaren-Report, sondern nur noch den weniger strikt formulierten IOC-Report des Schweizers Samuel Schmid anerkennen.

Travis Tygart reagierte mit Wut und Unverständnis. „Bis zum heutigen Tag haben WADA-Offizielle keinen Zugang zu den Proben von Athleten im Moskauer Labor. Zudem ist der McLaren-Report bislang nicht öffentlich anerkannt worden“, sagte der einst im Fall Lance Armstrong federführende Ankläger zuletzt und schob nach: „Die Interessen einer Handvoll Sportfunktionäre werden über die Rechte von Millionen sauberer Athleten gestellt.“

Auch innerhalb der WADA brodelt es. Athletensprecherin Beckie Scott trat aus Protest aus dem CRC zurück. Silke Kassner, stellvertretende Vorsitzende des Vereins Athleten Deutschland, forderte die WADA „dringend auf“, die Entscheidung in der Causa Russland zu vertagen. „Wir brauchen das System, es ist alternativlos. Aber gesetzte Regeln müssen eingehalten werden, sonst brauchen wir die Institution WADA nicht.“

Quelle: Sport-Informations-Dienst (SID)

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