| Wiederaufnahme der RUSADA

IAAF sieht WADA-Entscheidung kritisch

Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hat durchaus kritisch auf die Entscheidung der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA reagiert, die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA wieder aufzunehmen und kündigte an, die Aufnahme der russischen Leichtathleten in den Weltverband nach eigenen Kriterien prüfen zu wollen.
SID / pam

Man habe seine "eigenen Kriterien für die Wiederaufnahme der Russischen Leichtathletik-Föderation (RusAF)", hieß es in einer Mitteilung der IAAF. Beim Ausschluss der russischen Leichtathleten 2015 habe man drei Bedingungen für eine vollumfängliche Rehabilitation aufgestellt, die Wiederaufnahme der RUSADA durch die WADA sei nur eine davon gewesen.

"Die Festlegung unserer eigenen Kriterien und der Prozess der Bewertung der Fortschritte im Hinblick auf diese Kriterien hat der Leichtathletik in den letzten drei Jahren gut getan, sodass wir uns weiterhin auf die Taskforce und unsere klare Roadmap für die Wiedereinsetzung der RusAF verlassen werden", erklärte IAAF-Präsident Sebastian Coe. Eine Entscheidung werde über eine Wiederaufnahme werde erst nach genauer Prüfung durch die Taskforce getroffen.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) nahm die Entscheidung der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA zunächst nur zur Kenntnis und kommentierte sie nicht weiter. In einem IOC-Statement heißt es wörtlich: "Wir nehmen das Votum der WADA-Exekutive, das gleichermaßen von Regierungsmitgliedern und Sportfunktionären getroffen wurde, zur Kenntnis. Es folgt der Empfehlung des unabhängigen Compliance-Prüfungsausschusses."

Dagmar Freitag regt politische Allianz gegen IOC und Verbände an

Dagmar Freitag, die Sportausschussvorsitzende im Deutschen Bundestag, regt nach der umstrittenen Wiederaufnahme Russlands durch die WADA eine politische Allianz gegen das Establishment im internationalen Sport an. "Da das IOC aus meiner Sicht als Korrektiv zu solchen Entscheidungen ein Totalausfall ist, stellt sich aber zumindest die Frage, ob die Regierungen hier nicht ihre Möglichkeiten besser nutzen sollten", sagte Freitag dem SID.

Ein Zeichen könne laut der SPD-Politikerin die Unterstützung der Kandidatur der Norwegerin Linda Helleland als Nachfolgerin von Craig Reedie sein, "dessen Amtszeit als WADA-Präsident sich glücklicherweise endlich ihrem Ende nähert". Klar sei laut Freitag, dass man das "Feld nicht dem IOC überlassen" dürfe. Der vom deutschen Wirtschaftsanwalt Thomas Bach geführte Dachverband des weltweiten Sports stehe laut Freitag mit der sogenannten International Testing Agency (ITA) "schon in den Startlöchern", die WADA zu ersetzen.

Die WADA, zu gleichen Teilen finanziert von IOC und den Staaten, werfe "deutlich mehr Fragen auf", als sie Antworten gebe. "Auch Deutschland beteiligt sich jedes Jahr mit einer nicht unerheblichen Summe an der Finanzierung der WADA. Leider sehe ich im Moment noch keine Alternative dazu, da der Kampf gegen Doping ohne einen koordinierenden internationalen Überbau nicht möglich ist", sagte Freitag.

Alfons Hörmann: "Russland muss endlich Verantwortung übernehmen"

Für DOSB-Präsident Alfons Hörmann ist weiterhin "nicht erkennbar", dass Russland Verantwortung für den staatlich gelenkten Doping-Skandal übernimmt. Deshalb werde durch die Wiederaufnahme der Russen in die Welt-Anti-Doping-Agentur "das Vertrauen der Athletinnen und Athleten in die WADA und in die internationale Dopingbekämpfung nicht gestärkt", sagte der 58-Jährige im Welt-Interview: "Das ist nur zurückzugewinnen, wenn konsequent, transparent und nachvollziehbar gehandelt wird."

Die "gesamte Misere der WADA" zeige sich schon seit Jahren. "Die WADA muss daran interessiert sein, ihre Unabhängigkeit in Struktur und personeller Besetzung weiter auszubauen", sagte Hörmann: Durch die Gründung der Internationalen Test-Organisation ITA sei "zumindest ein erster Schritt in diese Richtung vollzogen. Es müssen aber nun weitere folgen."

NADA kritisiert IOC und Sportstrukturen scharf

Die Nationale Anti-Doping Agentur NADA hat nach der umstrittenen Wiederaufnahme Russlands durch die WADA das Internationale Olympische Komitee IOC und die verkrusteten Strukturen im Weltsport scharf kritisiert. "Das lässt uns im Moment ratlos zurück, dass wir mit unseren aus der Praxis kommenden Anregungen nicht durchdringen und an der Phalanx des Sports aus IOC und internationalen Verbänden abprallen", sagte NADA-Vorstand Lars Mortsiefer im SID-Interview.

Das IOC habe eine "völlig andere Sichtweise". Es wolle "auch aus wirtschaftlichen Gründen alle Nationen an Bord haben, letztlich auch die Russen", sagte der NADA-Chefjurist. Zudem gebe es "Seilschaften, Abhängigkeitsverhältnisse und Interessenkonflikte, alles über Jahre und Jahrzehnte gewachsen". Diesen Status quo bezeichnete Mortsiefer als "eine ständige Bedrohung des internationalen Anti-Doping-Kampfes". Die "Aussitzmentalität" des internationalen Sports sei das "wirklich Erschreckende".

Normalerweise könnten durch "stetige Sachargumente, Arbeit in Gremien und internationales Zusammenwirken, aber auch öffentliche Transparenz Entscheidungsgrundlagen mitbestimmt werden", ergänzte Mortsiefer: "Im Sport scheint es genau andersherum zu sein. Durch Druck entsteht gar nichts – beziehungsweise nur noch stärkere Verknotungen im Gestern, nur noch stärkeres Verharren. Das ist erschütternd." Konkrete Pläne, wie die NADA mit der Situation in Zukunft umgehen will, konnte Mortsiefer nicht benennen. "Wir werden noch klarer hervorheben, für wen wir arbeiten: für die sauberen Athleten", sagte Mortsiefer. Es werde nicht reichen, die Stimme zu erheben, wahrscheinlich müsse man "auch mit Hilfe der Athleten rigorosere Schritte einleiten". Vielleicht gebe es rechtliche Möglichkeiten, aber das alles sei noch nicht spruchreif.

Quelle: Sport-Informations-Dienst (SID)

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