Tatjana Lebedeva springt um den Jackpot
Tatjana Lebedeva ist Russlands Springer-Queen und seit dem Golden-League-Meeting in Zürich in diesem Jahr die letzte in der Königsklasse im Rennen um den Millionen-Jackpot verbliebene Athletin. Mit der Maximalausbeute von sechs Siegen möchte sich die Dreispringerin am morgigen Sonntag beim ISTAF in Berlin über das verpasste WM-Gold hinwegtrösten.
Tatjana Lebedeva ist in Berlin die Nummer eins (Foto: Chai)
In Helsinki konnte Tatjana Lebedeva wegen Achillessehnenproblemen den Titel, den sie bereits 2001 in Edmonton und 2003 in Paris errungen hatte, nicht zum zweiten Mal verteidigen.Die Verletzung hatte sie sich Ende Juli in Oslo zugezogen. Von ärztlicher Seite wurde ihr zu einer dreiwöchigen Sprungpause geraten, um keine Verschlechterung der Beschwerden zu riskieren. "Also musste ich mich zwischen der WM und der Golden League entscheiden", erklärte die Russin.
Golden League eine Chance
Diese Entscheidung fiel zugunsten der Meetings in Zürich, Brüssel und Berlin. Nicht nur wegen des Millionen-Jackpots, der nun lockt. "Die Golden League ist eine Chance, das ist auch etwas Neues für mich", sagte sie, "ich möchte jetzt auch in der Reihe der großen Namen stehen, die das schon geschafft und den Jackpot gewonnen haben." Wenn sie es schafft, will Tatjana Lebedeva auch zehn Prozent ihres Preisgeldes, also 100.000 US-Dollar, an Schulen und Kindergärten in ihrer Heimat Volgograd spenden.
Mit nur 1,71 Metern Körpergröße ist sie ein explosives Sprungpaket. In über vierzig Wettkämpfen landete sie in ihrer Laufbahn im Dreisprung schon jenseits der 14,80 Meter. Eine beeindruckende Serie, von solcher Konstanz träumen andere Springerinnen nur.
Tatjana Lebedeva ist Weitsprung-Olympiasiegerin, Olympia-Zweite und -Dritte im Dreisprung sowie amtierende Hallen-Weltmeisterin in beiden Sprungdisziplinen. Seit der Hallen-WM in Budapest im letzten Jahr hält sie auch den Hallen-Weltrekord im Dreisprung von 15,36 Metern. Der Ruf einer "Springer-Queen" kommt also nicht von ungefähr.
Die Welt erobert
Dabei hatten ihre Eltern einst ganz andere Pläne. Die kleine Tatjana sollte nämlich eine Turnerin werden. Doch im Alter von zehn Jahren entdeckte sie dann, als sie in einer Sportschule landete, ihre Liebe für die Leichtathletik. Das Laufen wurde ihr bald zu langweilig, sie wandte sich zunächst dem Weit- und Hochsprung zu, um dann im Alter von erst 14 Jahren in ihrem ersten Dreisprung-Wettkampf bereits 12,91 Meter zu erzielen.
Von da an begann Tatjana Lebedeva davon zu träumen, die Welt zu erobern. Ihre Lieblingslektüren, Abenteuer-Geschichten von Jules Vernes, Jack London oder Herbert Wells, taten ihr Übriges dazu.
1998 zog sie es sie dann mit der ersten Berufung in die russische Nationalmannschaft hinaus in die große weite Leichtathletik-Welt. Es ging schnell voran. Dem vierten WM-Platz 1999 in Sevilla folgte bei den Olympischen Spielen in Sydney Rang zwei. Doch sie war als die Favoritin angetreten. "Das war eine große Enttäuschung für mich", erinnert sie sich.
Alles nach Plan?
Doch diesen persönlichen Rückschlag steckte sie weg. Zwischen den WM-Titeln in Edmonton und Paris widmete sie sich dann ganz gezielt der Familienplanung. Das EM-Jahr 2002 nutzte Tatjana Lebedeva, die gerne mal mit einer ausgefallen Frisur auffällt, für die Geburt ihrer Tochter Anastasia. Diese wurde in dieser Woche drei Jahre alt und Tatjana Lebedeva hat einen Wunsch: "Ich möchte, dass sie wie ich ein großer Star wird, aber das muss nicht in der Leichtathletik sein."
Vieles, wenn auch nicht alles, läuft für Tatjana Lebedeva nach Plan. Ob auch der goldene Jackpotgewinn planbar ist, muss sich beim ISTAF in Berlin zeigen. Denn angesichts der starken Konkurrenz ist der sportliche Erfolg nicht programmierbar. Weltmeisterin Trecia Smith (Jamaika) kündigte bereits noch am Rande der WM an: "Ich wäre gerne die Spielverderberin." Sie musste nun aber verletzungsbedingt absagen.
Trotzdem traut Tatjana Lebdeva, die sich für diesen Sommer eigentlich einen Weltrekord vorgenommen hatte, dem Frieden noch nicht so recht: "Ich entspanne mich jetzt nicht, es kann immer noch jemand überraschen. Für mich geht es nur um den Sieg."