Ilgner: "Sportler keine Medaillen-Maschinen"
Im März 2010 hat der frühere Wasserball-Nationalspieler Dr. Michael Ilgner die Aufgabe des Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Deutsche Sporthilfe übernommen. In den letzten Jahren hat sich die Sporthilfe sehr erfolgreich weiter entwickelt. Im Interview mit DLV-Mediendirektor Peter Schmitt erläutert Ilgner unter anderem, warum die Sporthilfe keine Sponsoring-Konzepte kopiert, wieso er die Idee von Robert Hartings Sportlotterie richtig findet und welche Ziele es für die Zukunft gibt.
Wie sieht Ihre Zielsetzung für den 44. Ball des Sports aus, der am 8. Februar unter dem Motto „Sprung nach Sotchi“ in Wiesbaden stattfindet?Michael Ilgner:
Unser Ziel ist es, die Förderer, die uns 365 Tage unterstützen, zu begeistern und dazu zu bewegen, uns auch für die nächsten 365 Tage zu unterstützen. Der Reinerlös des Balls liegt bei rund 700.000 Euro. Die Sportler, die von uns unterstützt werden, sind dabei die wichtigsten Gäste.
Im Mittelpunkt der Aufgaben der Sporthilfe steht die Förderung der Athletinnen und Athleten. Sind Sie mit dem derzeitigen Fördersystem der Sporthilfe zufrieden oder gibt es hier noch Potenzial nach oben?
Michael Ilgner:
Meine Aufgabe ist es, immer unzufrieden zu sein und immer das Maximale für die Sportler zu erreichen. Ein Athlet, der Spitzensport betreibt, hat im Schnitt 626 Euro zur Verfügung bei 59,8 Stunden Einsatz im Monat für Sport und Studium bzw. Ausbildung. In den einzelnen Sportarten gibt es Unterschiede in den Strukturen. Deshalb müssen wir permanent den Stand der Dinge analysieren. Die Leichtathletik als Olympische Kernsportart hat sich in den letzten Jahren sehr erfolgreich repositioniert, dennoch können wir nicht den gesamten Leichtathletik-Bereich mit insgesamt 500 Kaderathleten fördern. Wir müssen auch hier von Jahr zu Jahr die Förderung genau überprüfen. Derzeit unterstützen wir 220 Leichtathleten mit über einer halben Million Euro im Jahr.
Wie finden Sie die Idee von Robert Harting, um die Sportförderung zu verbessern, eine Sportlotterie einzuführen?
Michael Ilgner:
Der Unternehmer Gerald Wagner hat diese Idee vorgestellt. Wir selbst haben uns ebenfalls damit beschäftigt. Die Sporthilfe ist einer der Gesellschafter der gemeinnützigen Deutsche Sportlotterie GmbH. Ich finde es gut und richtig, dass sich Robert Harting dafür einsetzt. Er ist ein wichtiges Sprachrohr des deutschen Sports auch wenn er manchmal mit seinen Aussagen sehr kantig wirkt. Ziel muss es sein, das derzeitige Förderniveau anzuheben. Dies ist auch sportfachlich absolut begründet. Derzeit bekommt ein Athlet im A-Kader 300 Euro, im B-Kader 200 Euro, im C-Kader 100 Euro monatlich. In der Elite-Förderung erhalten alle Athleten, die bei herausragenden Ereignissen, vor allem WM oder Olympischen Spielen, Platz eins bis drei belegt haben, 500 bis 800 Euro im Monat.
Wie gelingt es Ihnen immer wieder die Wirtschaft für das Förderprogramm der Sporthilfe zu begeistern?
Michael Ilgner:
Wir haben nicht einfach die gängigen Sport-Sponsoring-Konzepte kopiert, sondern sind unseren eigenen Weg mit eigenen Kampagnen gegangen. So haben wir es letztlich geschafft, die Beiträge aus der Wirtschaft deutlich zu erhöhen. Wir sehen die Sportler nicht als Medaillen-Maschinen, sondern als Menschen, die wir optimal fördern wollen, im Sport und im Beruf. Allein im letzten Olympia-Zyklus wurden Jahr für Jahr zwischen 10 und 12 Millionen an Fördergeldern verteilt.
Im März sind Sie vier Jahre Vorstands-Vorsitzender der Deutschen Sporthilfe. Was macht Sie besonders stolz und wo müssen Sie noch Gas geben?
Michael Ilgner:
Besonders stolz macht es mich, dass wir die Sporthilfe dank der Unterstützung unseres Aufsichtsrats-Chefs Werner E. Klatten neu aufgestellt haben. Das Engagement der Wirtschaft ist nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein freundschaftliches. Viele Vorstandsmitglieder von Dax-Unternehmen engagieren sich inzwischen bei uns im Aufsichtsrat. Wir sind noch nicht da, wo wir hin wollen. Aber wir können optimistisch sein. Unsere Aktion „Sprungbrett Zukunft“, die wir im April 2013 ins Leben gerufen haben, ist beispielhaft für ein Modell der dualen Karriere, was uns besonders am Herzen liegt. Von insgesamt angefragten 350 Unternehmen haben inzwischen über 100 Unternehmen fest zugesagt, uns zu unterstützen – und damit Athleten Chancengleichheit verschaffen gegenüber Bewerbern, die sich ganz auf die Ausbildung konzentriert haben und so bei Studiendauer und -noten oder Praktika andere Voraussetzungen mitbringen. Das empfinde ich als großartiges gesellschaftspolitisches Zeichen, dass die besonderen Qualitäten von Spitzensportlern, von Team- bis Kampfgeist, anerkannt werden. In fünf, sechs oder sieben Jahren muss ein junger Athlet sagen können: „Der Spitzensport kann mich auch beruflich weiter bringen." Dafür müssen wir die Basis schaffen, es geht nicht allein ums Finanzielle. Ein weiteres Ziel ist es, in den kommenden Jahren diese Förder-Philosophie noch besser regional und institutionell zu verankern.
Die Förderung der Deutschen Sporthilfe Derzeit werden 3.800 Sportler in über 50 Sportarten von der Deutschen Sporthilfe gefördert. Seit der Gründung 1967 wurden insgesamt 385 Millionen Euro an Fördergeldern ausgeschüttet. |