Ilke Wyludda bei Premiere ohne Medaillendruck
Am Dienstag (4. September) startet Diskus-Olympiasiegerin Ilke Wyludda (SV Halle) in London (Großbritannien) in ihren ersten Paralympics-Wettkampf. 16 Jahre nach dem Gold von Atlanta (USA) 1996 ist sie mindestens so nervös wie in alten Zeiten, auch wenn sie gar nicht zum Favoritenkreis zählt.
"Zurück in die Zukunft": Wenn Diskus-Olympiasiegerin Ilke Wyludda 16 Jahre nach dem Gold von Atlanata in London ihren Einstand bei den Paralympics gibt, kommen unwillkürlich Gedanken an den Filmklassiker mit Michael J. Fox in der Hauptrolle auf."Für sie wird das ein Déjà-vu. Ich hoffe, sie kann die Atmosphäre und die Kulisse im Olympiastadion genießen", sagte Karl Quade, der deutsche Chef de Mission, über den prominenten Namen im Aufgebot des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS).
Keine Medaillenkandidatin
Vor der Rückkehr auf die große Bühne machte sich bei Ausnahme-Athletin Ilke Wyludda Nervosität breit. In den Medien meldete sich die Medizinerin aus Halle an der Saale nur selten zu Wort. "Ich bin in der Wettkampfvorbereitung", sagte die 43-Jährige.
Dabei könnte die Narkose-Ärztin die Paralympics eigentlich mit einer gewissen Gelassenheit angehen, schließlich zählt sie als Neuling im Behindertensport nicht wie in der ersten Karriere zu den Medaillenkandidaten.
Auch Karl Quade nahm bereits im Vorfeld des Saisonhöhepunktes den Druck von der zweimaligen Europameisterin. "Man darf keine Wunderdinge von ihr erwarten", sagte er: "Man kann sie sicherlich nicht als Favoritin sehen, denn für uns ist sie eine relativ neue Sportlerin." Erst Ende des vergangenen Jahres bestritt sie in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) ihren ersten Testwettkampf.
80 Prozent des damaligen Pensums
Im Dezember 2010 musste Ilke Wyludda sichim Klinikum Bergmannstrost in Halle den rechten Unterschenkel amputieren lassen. Ausgerechnet an jenem Ort, wo sie heute als Anästhesistin arbeitet. Eine offene Wunde, die seit Jahren nicht richtig verheilte, hatte sich nach einer abermaligen Operation bakteriell infiziert.
"Es ging um mein Leben, das war mir klar - und da war die Amputation ein guter Kompromiss", sagte die zweimalige Vize-Weltmeisterin, die trotz der Operation weiter Sport treiben wollte.
"Ich habe irgendwann gespürt, dass ich körperlich wieder etwas tun muss", erklärte die frühere 70-Meter-Werferin ihren Antrieb. Schnell war klar, dass Ilke Wyludda den Sport nicht als bloßen Zeitvertreib ansah: "Ich absolviere 80 Prozent meines damaligen Trainingspensums".
"Ehrgeiz der gleiche"
"Ihr Ehrgeiz ist der gleiche wie früher", sagte ihr Trainer Gerhard Böttcher, der Ilke Wyludda wie in alten Zeiten zu Höchstleistungen antreibt. "Ich musste keine Sekunde zögern. Ich habe sie als 13-Jährige nach Halle geholt". Mit der Qualifikation für die Paralympics hat sich das erneute Engagement bereits gelohnt. "Aber das war kein Selbstläufer", sagte er.
Neben dem Diskuswerfen geht Ilke Wyludda, die ihre erste Karriere nach zahlreichen Verletzungen 2001 beendet hatte, im Londoner Olympiastadion auch noch am Samstag (8. September) im Kugelstoßen an den Start. Die Vorbereitung sei gut verlaufen, lässt sie wissen, aber sie versucht auch die eigene Erwartungshaltung auf ein Minimum zu reduzieren.
"Von Medaillen zu reden, wäre etwas vermessen", sagte sie. Schließlich gibt es ja auch noch eine Zeit nach London. "Wenn nicht jetzt, dann in vier Jahren in Rio", versichert Gerhard Böttcher.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)