Im Blog - Der tiefe Fall & DQ IAAF Rule 32.2.a
Einsichten und Ansichten, Einblicke und Ausblicke. "Im Blog" gibt Ihnen die leichtathletik.de-Redaktion in gewissen Abständen, aber doch immer wieder, etwas davon. Lesen Sie selbst…

Ihre herausragenden sportlichen Leistungen, drei Olympiasiege, ihr bezauberndes Lächeln, das mit dem Gold um ihren Hals erfolgreich konkurrierte, ihre sportliche Figur. Es stimmte einfach alles. Marion Jones flimmerte als Darling aus Australien über die deutschen Bildschirme und ließ auf diesem Weg hierzulande so manch hartes Männerherz weich werden.
Ein Weltstar war geboren. Jahrelang wurde diese Marion Jones von Meeting zu Meeting, von Meisterschaft zu Meisterschaft, von Podest zu Podest, von Bühne zu Bühne, von TV-Studio zu TV-Studio gereicht und gefeiert.
Erste Kratzer
2004 bekam sie dann die ersten Kratzer ab, immer mehr Gerüchte rankten sich um die US-Athletin und ihre Leistungen. Bei der damaligen Team Challenge in München wollte man sie am liebsten schon gar nicht mehr haben, aber der US-Verband hatte Marion Jones nominiert, hielt ihr die Stange. Damit war an der Isar jede weitere Diskussion zwecklos. Es war übrigens ihr letzter Auftritt auf deutschem Boden.
Heute schreibt eben jener US-Verband von einer „traurigen Serie von Vorkommnissen“ um das einstige Aushängeschild. Spätgeständig in Sachen Doping, Meineide, verwickelt in Scheckbetrug!? „No silver lining“, so lautet das vernichtende Urteil von USATF über Marion Jones mittlerweile.
“Every cloud has a silver lining”, so heißt es. In allem Schlechten läge das Gute also schon verborgen. Das kann man an dieser Stelle nur noch hoffen.
Von ESPN bis AWN
Denn mit silbernem oder goldenem Glanz hat es wirklich nichts mehr zu tun, wenn man wie Marion Jones für sechs Monate in den Knast muss und man es damit in die Nachrichten schafft. Vom großen TV-Giganten ESPN, dessen Kommentar zu diesem Fall ich eben über das Web sehen konnte, bis hin zum kleinen niederbayerischen Radiosender AWN, den ich vorhin gehört habe.
Für große Schlagzeilen taugt Marion Jones offenbar immer (noch). Oder vielmehr sorgt sie dafür, so oder so. Vor siebeneinhalb Jahren und jetzt! Doch tiefer kann man als Sport-Superstar kaum mehr fallen. Und nichts könnte es besser dokumentieren, als die Meldung, dass nur wenige Augenblicke nach dem Gerichtsurteil vom Freitag in der „Track and Field Hall of Honor“ von North Carolina die Bilder der Athletin abgehängt wurden.
Tal der Tränen
Marion Jones hat ihre Ehre und Würde aber nicht nur als Sportlerin verloren. Es ist tragisch. In den USA geht man hart mit ihr ins Gericht. Man fragt sich, ob sie vielleicht noch immer lügt. ESPN meint, sie sei mit den sechs Monaten Knast noch gut bedient. Sie fragt sich, wie sie das alles ihren Kindern erklären soll. Tja...
Leute wie jener Geschäftsmann würden heute nur noch abschätzig auf sie herabblicken, anstatt sich aus der Ferne mit ihr über galaktische Triumphe zu freuen und sich von ihrem Lächeln verzaubern zu lassen.
Mit diesem Lächeln einer Blenderin ist es ohnehin schon länger vorbei. Was es zuletzt von Marion Jones noch zu sehen gab, war ein einziges Tal der Tränen, des Wimmern und des Bettelns. Mitleid hat es aber wohl nur noch bei den wenigsten hervorgerufen. Nicht bei mir, nicht bei anderen, mit denen ich darüber gesprochen habe, und erst recht nicht bei Richter Kenneth Karas, der sie mit Ansage hinter schwedische Gardinen schickte.
DQ IAAF Rule 32.2.a - Zeile für Zeile
Von ihren glanzvollen Rennen vor schwedischen Gardinen, wie etwa am 1. August 2000 in Stockholm, als sie die 100 Meter in 10,68 Sekunden zurücklegte, kann Marion Jones nur noch träumen. Es ist nichts mehr davon übrig. In einer von uns viel benutzten Athletendatenbank steht inzwischen, wie ich gerade gesehen habe, hinter ihren Leistungen nun vielmehr noch folgendes und das Zeile für Zeile: DQ IAAF Rule 32.2.a
Es bedeutet nichts anderes, als dass eine einst großartig erscheinende Sportkarriere ausgelöscht ist. Für immer und ewig.
Und es ist gut so.
Christian Fuchs ist Projektleiter von leichtathletik.de