Im Blog - Leute, auf nach Herrieden!
Einsichten und Ansichten, Einblicke und Ausblicke. "Im Blog" gibt Ihnen die leichtathletik.de-Redaktion in gewissen Abständen, aber doch immer wieder, etwas davon. Lesen Sie selbst!
Manchmal verfolgt mich mein Job. Aber manchmal kommt es auch wirklich zu netten Begegnungen. Am Sonntagabend waren mein Freund und ich auf dem Rückweg von den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg nach Darmstadt. Für eine geschätzte Ankunftszeit zwischen 22 und 23 Uhr war der Hunger definitiv zu groß, so dass wir von der Autobahn fuhren, um etwas zu essen - in der Weltstadt Herrieden, an der A6.Mit dem Restaurant Limbacher hatten wir auch schnell etwas gefunden. Schon kurz nachdem wir bestellt hatten, gesellte sich der Wirt zu uns und fragte, woher wir kommen und ob wir auf einer Wanderung gewesen seien. Dass er nach unserer Erklärung wissen wollten, ob wir selbst als Teilnehmer in Nürnberg gewesen seien, schmeichelte uns, aber wir klärten ihn schweren Herzens doch auf, dass wir nur passiv auf der Pressetribüne gesessen hatten.
Fußball-Nationalspieler
Er selbst hatte übrigens im vergangenen Jahr in der Fußball-Nationalmannschaft gekickt - jetzt waren wir baff. Aber auch er blieb ehrlich. In der Nationalmannschaft der Köche. Und nachdem er gleich zu Beginn über die Mittellinie gestolpert war und ihm der Ball sowieso zu schwer war, hatte er sich auch nach 20 Minuten auswechseln lassen.
Aber damit nicht genug, das nächste Highlight folgte schon wenige Minuten später, als er wieder vorbeikam. Vor zehn Jahren sei er auf einer Bergtour gewesen und habe dort ein Mädchen mit DLV-T-Shirt kennen gelernt. Sie sei Speerwerferin gewesen und habe kurz vorher die Qualifikation für die EM in Budapest (Ungarn) um einen Meter verpasst. Ihre Trainerin habe ihr daher geraten, einfach mal eine Woche etwas ganz anderes zu tun.
Über's Stadion hinaus
Das kann nicht sein, oder? Da fahren wir irgendwo in die fränkische Provinz und dieser Wirt erzählt uns von seinem Treffen mit einer deutschen Top-Speerwerferin?
„Wenn du zurück bist, wirfst du über das Stadion hinaus.“ Damit hatte er sie verabschiedet und schon am nächsten Wochenende hatte sie ihn angerufen. Sie sei auf dem Rückweg von einem Wettkampf in Freiburg und würde mit ihren Sportkameraden vorbei kommen. Bei Pasta, die er extra für die Werfertruppe gemacht hatte, habe sie ihm verraten, dass sie eine neue persönliche Bestleistung geworfen habe.
Uns ließ das keine Ruhe. Und nach Recherchen, die wir daheim angestellt haben, müsste es die Speerwerferin Karen Forkel aus Halle gewesen sein. Jedenfalls war sie nicht in Budapest, hat aber am 6. September 1998 in Gengenbach bei Freiburg 63,83 Meter geworfen. Vielleicht kann sie sich noch an die Pasta aus Herrieden erinnern, wir sollten mal nachfragen.
Wozu Psychologen?
Mein Freund und ich waren jedenfalls baff. Nicht nur, dass er wusste, dass Tobias Unger am Tag zuvor 10,20 Sekunden gesprintet war und Bianca Kappler sich am Sonntag verletzt hatte. Vor zehn Jahren hätte er - „mit dem einen oder anderen Drink und ein paar Unterhaltungen“ - sogar einer Speerwerferin schon zur Bestleistung verholfen. Leute, lasst die Psychologen Psychologen sein und fahrt nach Herrieden!
Auch in Beziehungsfragen und Abendgestaltung lohnt sich ein Ausflug nach Franken. Beim Ball des Sports hatte er einst für einen bekannten Sekt-Produzenten gearbeitet und mit einer Flasche des Prickelwassers sogar Hochspringer Carlo Thränhardt und die Dressur-Reiterinnen um Nicole Uphoff zusammen an einen Tisch gebracht. Die Damen waren begeistert.
Nicke
Wir übrigens auch. Nicht nur von seinem Leichtathletik-Wissen und von der Tatsache, dass er schon einmal in der Fußball-Nationalmannschaft gespielt hatte. Sondern auch davon, dass er mal als Tischtennis-Spieler bei einem Jugendfestival in Köln war, im Roncalli-Zirkus für Jean-Paul Belmondo gekocht hat und nicht zuletzt von dem köstlichen Essen, das wir an dem Abend bekamen. Kommen wir noch einmal über die A6 und haben Hunger, werden wir sicher wieder einen Abstecher nach Herrieden machen.
Dafür muss man sich übrigens nicht extra schick machen. „Ah Nicke!“ Was? Habe ich genickt? Ach nein, er hat den kleinen Swoosh auf meinem T-Shirt gemeint. Ja, mein Job verfolgt mich wirklich...
Anja Herrlitz ist Projektmanagerin bei leichtathletik.de