Im Blog - Mein Debüt beim Human Race
Einsichten und Ansichten, Einblicke und Ausblicke. "Im Blog" gibt Ihnen die leichtathletik.de-Redaktion in gewissen Abständen, aber doch immer wieder, etwas davon. Lesen Sie selbst!
Ein Interview? Wie das läuft, weiß ich. Ich, die Journalistin, stehe in der so genannten Mixed Zone, und warte, bis der verschwitzte Athlet zu mir kommt und meine Fragen beantwortet. Bin ja schließlich schon lange genug als Reporterin für leichtathletik.de im Einsatz.Von wegen, gar nichts weiß ich. Zehn lange Kilometer liegen hinter mir. Auf mindestens sieben habe ich mich gequält. Wenigstens kennt mich hier keiner. Und wenn schon, in der Masse der fast 15.000 Läufer, die alle im gleichen roten Shirt beim Human Race durch München unterwegs sind, wird mich schon keiner erkennen.
Denkste. „Bist Du mitgelaufen? Du bist im Gesicht ja nicht mal verschwitzt? Hast Du Dich nicht angestrengt?“ Eine Frage nach der anderen prasselte auf mich nieder, kaum hatte ich das Ziel im Olympiastadion erreicht. So funktioniert ein Interview also. Und die Fragen stellte nicht ich, sondern kein Geringer als 10.000-Meter-Europameister Jan Fitschen, der mich im Ziel begrüßte. Er genießt den Rollentausch, schließlich habe ich ihn schon oft genug nach guten oder weniger guten Rennen mit meinen Fragen getriezt.
Der Plan war irgendwie anders...
Dabei war mein Plan ein ganz anderer gewesen. Ich war sehr froh, meinen ersten Langlaufwettbewerb seit meiner Schülerzeit, als ich zu solchen Veranstaltungen noch „zwangsverpflichtet“ worden war, in der Anonymität einer Großveranstaltung absolvieren zu können.
Und jetzt stand ich hechelnd vor einem grinsenden Jan Fitschen. So muss sich ein Top-Athlet fühlen, wenn er nach seinem Wettkampf den Journalisten Rede und Antwort steht.
Ein absolutes Erlebnis
Ich hab’s genossen. Vor allem das Erlebnis, mit 15.000 anderen durch München zu rennen. In dem Bewusstsein, dass in mehr als zwanzig Städten weltweit zig tausend Menschen das Gleiche taten. Es war ein absolutes Erlebnis. Schon vor dem Start kamen mir so viele Sportler entgegen und jeder im gleichen T-Shirt, so dass man sich sofort unter Gleichgesinnten und wie in einer großen Familie fühlte.
Da wuchs die Vorfreude automatisch und Bedenken, die zehn Kilometer nicht zu schaffen, kamen gar nicht erst auf. Nicht einmal bei mir als ehemaliger Hobby-Mehrkämpferin, für die die 800 Meter schon immer ein absoluter Graus gewesen waren.
Dann standen wir am Start in einem langen Wurm rot-beshirteter Läufer und der Countdown beginnt. Zehn, neun, acht, gleich geht’s los... drei, zwei, eins und auf. Auch wenn ich spätestens ab der Hälfte der Strecke schwere Beine habe und mich die Beteuerung meines Begleiters, ich sähe noch total locker aus und wir könnten jetzt ja mal ein wenig schneller laufen, nicht mehr wirklich mobilisieren kann: Der Lauf ist ein Erlebnis. Die Zuschauer und auch die anderen Läufer sorgen für super Stimmung.
„Saugeil“
Und wer ist in seinem Leben schon einmal durch das Marathontor ins Olympiastadion eingelaufen? Allein dafür lohnt sich die Reise nach München. Und der Leckerbissen wartet ja noch auf uns. Am Abend wird gefeiert. Mit „Blumentopf“, den „Sportfreunden Stiller“ und den „Fantastischen Vier“. Und deren Frontmann Thomas D. bringt es auf den Punkt. „Saugeil. Saugeil ist das hier.“
Wir Läufer feiern uns, denn nach zehn gelaufenen Kilometern können wir noch tanzen bis in die Nacht. Und dabei komme ich schon wieder ins Schwitzen. Allerdings - und das schreibe ich mit einem besonderen Gruß an Jan F.: Beim Laufen habe ich viel mehr geschwitzt...
Anja Herrlitz ist Projektmanagerin bei leichtathletik.de