Im Buhlen um die Marathonstars
Die Organisatoren des London-Marathons (17. April) haben für ihre Jubiläumsauflage in diesem Jahr von weither mit den Pfundnoten gewunken. Kaum ein Marathonstar von Paula Radcliffe über Haile Gebreselassie bis hin zu Paul Tergat, dem nicht ein Angebot auf den Tisch flatterte. Lange musste man fürchten, dass der einen Tag später angesetzte Boston-Marathon angesichts dieser Shoppingtour der Briten auf dem internationalen Läufermarkt vom Klassiker zum zweitklassigen Ableger degradiert wird.
Catherine Ndereba hält Boston die Treue (Foto: Avon)
Doch trotz der offensiven Einkaufspolitik der Briten kann sich das Elitefeld, das die Macher in den Staaten zusammengestellt haben und das vor allem unter diesen Vorzeichen, allemal sehen lassen. Fast hat es nun den Anschein, dass dort hinter den Kulissen fleißig gearbeitet wurde, während London frühzeitig eine schlagzeilenträchtige Verpflichtung nach der anderen hinausposaunte und jetzt die Absagen der Äthiopier Haile Gebreselassie und Gezhegne Abera bekannt geben musste. Weltmeisterin Catherine Ndereba, die dreimalige Siegerin, die mit einem weiteren Erfolg Geschichte schreiben kann, bleibt Boston treu und tritt auch in diesem Jahr wieder dort an. Trotz London wird die Neuauflage für die Kenianerin kein Alleingang werden.
Fünf der ersten Olympia-Zehn
Das Frauenfeld umfasst insgesamt fünf der Top 10 von den Olympischen Spielen in Athen. Alle Achtung!
Neben Catherine Ndereba sind unter anderem die Vorjahreszweite Elfenesh Alemu (Äthiopien), die Olympia-Sechste Olivera Jevtic (Serbien & Montenegro) und die erfahrene Russin Svetlana Zakharova dabei. Zu den fünf Teilnehmerinnen, die bereits eine Bestzeit unter 2:25 Stunden vorweisen können, gehören auch Nuta Olaru (Rumänien) und Gete Wami (Äthiopien).
Revanche auch bei den Männern
Bei den Männern haben exakt zehn Läufer, die schon unter der Schallmauer von 2:10 Stunden bleiben konnten, ihr Kommen nach Boston angekündigt. Der Großteil davon kommt aus Kenia. Die Fraktion der ostafrikanischen Läufernation wird vom Vorjahressieger Timothy Cherigat angeführt. An ihm will sich vor allem Robert Cheboror revanchieren. Als vermeintlich stärkster Europäer setzt der Franzose Mohammed Ouaadi über den großen Teich.
Boston wird am 18. April im Fernduell mit London, das mit Weltrekordhalter Paul Tergat (Kenia), Olympiasieger Stefano Baldini (Italien) und dem heimischen Superstar Paula Radcliffe die Sahnehäubchen auf die Strecke schickt, zweifelsfrei einen schweren Stand haben, die letzten Jahre haben aber immer wieder bewiesen, dass der Lauf genug Potenzial und Brisanz für ein hochkarätiges Rennen besitzt. Und wie man einen Marathon inszeniert, weiß man allemal. Das wird auch bei der 109. Auflage nicht anders sein, wie dieses Elitefeld unterstreicht. London oder Boston? Vielleicht ist es in diesem Jahr auch eine Frage des Herzens geworden.
Madrid läuft die Zeit davon
Ganz andere Sorgen hat man währenddessen in Madrid. Für den dortigen Marathon am 24. April würde man gerne noch Top-Läufer anheuern, aber augenscheinlich ist man zu spät in das Buhlen um die Asse mit eingestiegen.
Zumindest stehen die Organisatoren, die gerne mit einem Hochkaräter ihren Beitrag zu den Bemühungen der Stadt um die Olympischen Spiele 2012 beitragen würden, mit leeren Händen da und stießen in dieser Woche eine "Hilfeschrei" aus.
Dabei hängen die Ansprüche gar nicht so hoch. "Ich werde tun, was ich kann, um noch Läufer heranzuschaffen, die unter 2:12 Stunden bleiben können", sagte der Rennmanager Miguel Angel Mostaza.
Luminita Zaituc zwischen Hamburg und Düsseldorf
Gebuhlt wird aber nicht nur in London und Boston oder in Madrid, sondern auch auf deutschem Boden. So stand Vize-Europameisterin Luminita Zaituc auf der Einkaufsliste der Läufe in Hamburg und Düsseldorf ganz oben. Entschieden hat sich die Braunschweigerin – sehr zum Leidwesen des hanseatischen Renn-Direktors Wolfram Götz - diesmal für den Westen, wo sie am 8. Mai die WM-Norm in Angriff nehmen wird.
Die dortigen Veranstalter haben Männer-Ass Carsten Eich gleich vereinsmäßig an sich gebunden, um ihn für die eigene Veranstaltung auf der Habenseite zu sehen. Ob sie ihn dort auch verbuchen können, muss sich erst zeigen, denn der Olympia-Teilnehmer von 2000 klagte zuletzt über Verletzungssorgen und musste seinen Auftritt beim Berliner Halbmarathon absagen.
Spitzenverdienerin Paula Radcliffe
Hamburg (24. April) hat solide eingekauft, das internationale Feld bekommt durch Claudia Dreher (Gänsefurther Sportbewegung) und Melanie Kraus (TSV Bayer 04 Leverkusen) auch deutsche Brisanz. Beide liebäugeln mit der WM-Norm und suchen ihre Chance an der Elbe. Eine sympathisch sportliche Note bei all dem Geld, das auf der Straße liegt, unterstreicht es doch, dass immer noch der Sport die erste Geige spielt.
Die Spitzenverdiener findet man allerdings derzeit nicht in Deutschland, sondern im Ausland. Paula Radcliffe kann beim London-Marathon wieder richtig Kasse machen. Als sie dort vor zwei Jahren Weltrekord lief, lag ihre Börse Schätzungen zufolge an der Millionen-Dollar-Grenze. Umworben zu sein, zahlt sich also richtig aus!