| Interview spezial

Im Gespräch mit David Storls Meisterkugel

Form: rund. Gewicht: 7,26 Kilogramm. Durchmesser: 12 Zentimeter. Material: Eisen. Die steinharten Kugelstoß-Kugeln erleben einen Wettkampf immer aus einer ganz besonderen Perspektive. So auch jenes von ihnen, das David Storl bei der Hallen-DM in Karlsruhe bis auf 21,26 Meter durch die Luft gewuchtet hat. Ewald Walker wollte genauer wissen, wie die Meisterkugel den Wettkampf mit dem Weltmeister erlebt hat, und hat ein Interview der etwas anderen Art geführt.
Ewald Walker

Werte Kugel, Sie achten genau auf Ihre Form. Warum ist das so?

Kugel:

Weil es früher anders war: 1868 hat man noch mit quadratischen Gewichten gestoßen, dann jedoch gemerkt, dass das Runde viele Vorteile hat. 

Welches Gefühl hat man denn, von solchen Muskelprotzen einfach weggeworfen zu werden?

Kugel:

Na ja, eiskalt eben. In meinem Job gibt es keine Emotionen. Normalerweise liegen wir in Geräteräumen in Regalen herum, werden hin und wieder für irgendwelche Wettkämpfe poliert und auf Ständer neben dem Ring abgelegt, bis uns dann eben einer holt und wegwirft.

Heute waren Sie nun eine ganz besondere Kugel, die Kugel des Weltmeisters David Storl. Sind Sie stolz?

Kugel:

Na ja, so was hängt immer von der Behandlung ab. Storli hat da seine ganz eigene Methode. Er holt mich aus dem Ständer, legt mich in den Sektor, das ist meine letzte Verschnaufpause. Dann zieht er mich mit seiner Fußsohle heran, und wirft mich schon mal in die Luft. Hui, kann ich da nur sagen, denn ein wenig Bammel habe ich in diesen Momenten schon.

Wie kann eine Kugel Bammel haben?

Kugel:

Du weißt einfach nie, was kommt: Drehstoßtechnik oder Angleiten, wirst du nur geradeaus oder im Kreis beschleunigt, je nachdem kann es dir dabei auch richtig übel werden.

Und wie war‘s bei David Storl?

Kugel:

Angleiten mit Handbremse. Nach seiner Operation hat er noch nicht alles riskiert, Gott sei Dank kann ich da nur sagen. Denn wenn Storli volle Kanne durchzieht, beschleunigt er uns auf rund 50 km/h. Das ist Adrenalin pur.

Und dann kommt der Flug. Ein Genuss, oder?

Kugel:

Ja, aber nur für eineinhalb Sekunden. Denn dann schlägst du abrupt und meistens ziemlich hart auf. In der Halle sind die Matten zwar gepolstert, aber wenn die Jungs draußen stoßen, verschwinden wir meist im Sand – puh, da kann einem wirklich für einen Moment die Luft wegbleiben.

Wie hat sich David Storl denn nach seinem tollen Comeback verhalten?

Kugel: 

Wenn ich ehrlich bin: eigentlich ziemlich schofelig.

Warum das denn?

Kugel:

21,26 Meter bin ich für ihn geflogen, damit ist er gleich wieder die Nummer eins in Europa und die Nummer zwei in der Welt. So weit, so gut. Nach dem Wettkampf hat er sich dann bei allen seinen Konkurrenten per Handschlag bedankt, sogar den Kampfrichtern hat er die Hand geschüttelt. Mich dagegen hat er links liegen gelassen. Man hat mich einfach wieder aus dem Rampenlicht zurück in den Geräteraum gebracht. Ist das nicht ein ziemlich trauriges Dasein? Von wegen Weltklassekugel. Einmal mit zur Siegerehrung, das wär’s!

Video: <link video:11778>David Storl holt Selbstvertrauen für Prag

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024