Im Porträt - Die leichtathletik.de-Fotografen
Folgende Szenen kennen wir alle: Topathleten in Aktion, in Jubelpose, mit hochgereckten Armen oder am Boden zerstört und den Tränen nahe. Sportfotografen halten Erfolge und Niederlagen, Momente des Glücks und der bodenlosen Enttäuschung in Bildern für die Ewigkeit fest. Grund genug, einmal die Personen hinter der Kamera und eine Auswahl ihrer gelungensten Aufnahmen in den Mittelpunkt zu stellen.
Gladys Chai-von der LaageGladys Chai-von der Laage liefert für leichtathletik.de die Fotos von allen großen internationalen Veranstaltungen. Hier fühlt sie sich auch deshalb wie zuhause, weil sie als Aktive einst selbst bei internationalen Meisterschaften an den Start ging. Zu den Erfolgen der gebürtigen Malaysierin, deren Eltern aus China stammen, zählen unter anderem die Vize-Asienmeisterschaft im Hochsprung sowie die Teilnahme am Fünfkampf der Olympischen Spiele 1972 in München.
„Ich war schon immer fasziniert von schönen Bildern im Sport“, erklärt sie, wenn man sie nach ihrem Werdegang im Bereich Fotografie fragt. 1971 emigrierte sie nach Deutschland und lernte später bei der Kölner Rundschau das Handwerk, wo sie Aufgaben im technischen Bereich und im Fotolabor übernahm. Profitieren konnte sie außerdem vom Engländer Tony Duffy, Gründer der Sportfotoagentur Allsport, dem sie bei der Arbeit über die Schulter schauen durfte.
Usain Bolt in Jubelpose bei den Olympischen Spielen in Peking (Foto: Chai)
Etwas Besonderes ist für die heute in Köln lebende Fotografin nach wie vor die Reise zu Olympischen Spielen. „Die Athleten bereiten sich vier Jahre lang intensiv darauf vor. Es stecken so viele Emotionen darin, man erlebt so viele glückliche Momente und Enttäuschungen mit, da bekomme ich oft selbst eine Gänsehaut.“ In der Woche vor Beginn der Leichtathletik-Wettbewerbe fotografiert sie zusätzlich bei anderen Sportarten, und auch sonst ist sie häufig auf dem Fußballplatz, beim Handball oder Eishockey mit der Kamera anzutreffen.
Die Vorlieben von Gladys Chai-von der Laage liegen jedoch bei der Leichtathletik, wobei sie hier keine bevorzugte Disziplin hat: „Das Schöne ist ja gerade, dass die Sportart so vielseitig ist.“ Die Kontakte zu den Athleten in den technischen Disziplinen seien allerdings intensiver, weil man mehr Zeit miteinander verbringt. „Die haben ja meist sechs Versuche. Und ein Stabhochsprung-Wettkampf kann sich über mehrere Stunden erstrecken. Das ist schon etwas anderes, als wenn jemand 100 Meter läuft und dann gleich das Stadion verlässt.“
Theo Kiefner
Für Theo Kiefner begann alles mit einer geliehenen Kamera. Er hatte sich wieder einmal darüber geärgert, dass so selten über seine Trainingsgruppe geschrieben wurde, und so übernahm er kurz entschlossen selbst die Berichterstattung. Für die Bilder musste er sich damals noch eine Kamera borgen.
Mittlerweile hat der Langstrecken-Läufer mit einer Marathon-Bestzeit von 2:32 Stunden eine Profi-Ausrüstung und ist vor allem bei Laufveranstaltungen anzutreffen. „Ich arbeite viel mit Magazinen wie Running, Spiridon oder Laufzeit zusammen, so hat sich das ergeben.“
Besonders gut in Erinnerung geblieben ist dem Fürther eine Begegnung am Vorabend der Veranstaltung, bei der er seinen ersten Weltrekord ablichtete: „Das war in Holland, beim Meeting in Hengelo. Ich war noch joggen, und als ich zurück zum Hotel kam, stieg Haile Gebrselassie aus dem Fahrstuhl. Er war ganz locker und entspannt und grüßte mich freundlich. Am Tag darauf lief er dann einen Weltrekord über 10.000 Meter.“
Marathonläufer mit Blick auf den Triumph-Bogen in Paris (Foto: Kiefner)
Dass Theo Kiefner häufig bis in die Nacht hinein mit der Archivierung von Fotos beschäftigt ist, verwundert nicht. Schließlich ist er hauptberuflich in der Kalkulation einer Druckerei und ehrenamtlich als Sportlicher Leiter beim LAC Quelle Fürth/München beschäftigt.
Manchmal müsse er sich schon disziplinieren, um nicht zu viele Aufnahmen zu machen, sagt er. Sonst ergeht es ihm wie vor kurzem, als er nach einer Cross-Veranstaltung 1.500 Bilder zu bearbeiten hatte: „Es war herrliches Crosswetter, so richtig schöner Matsch und Dreck, schön sonnig, tolles Licht – da ist dann das Fotografieren mit mir durchgegangen.“
Gustav Schröder
Als “Mann mit der Baskenmütze“ und dem Fotolatz mit der Nummer 13 ist Gustav Schröder den Leichtathletik-Freunden bekannt. „Über mein Leben könnte man glatt ein Buch schreiben“, sagt der Senior der deutschen Leichtathletik-Fotografen, der als Pressewart des LV Niederrhein erste Sportberichte schrieb. Auf die Idee, seine Artikel zu illustrieren, brachte den Sportredakteur der Westdeutschen Zeitung in Stadt und Kreis Neuss einmal der Chefredakteur: „Wenn Sie sowieso dahin gehen, nehmen Sie doch die Kamera mit!“
Es war jedoch ein Bild von ihm selbst, das den damaligen Niederrhein-Meister über 10.000 Meter dazu veranlasste, sich intensiver der Sportfotografie zu widmen. Bei einem Einladungs-Sportfest in Solingen wurde er auf dem Treppchen neben Olympiasieger Emil Zátopek und dem Olympia-Dritten Herbert Schade abgelichtet. „Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, was für eine Wirkung die Veröffentlichung eines Fotos haben kann. Auf das ‚Horstmüller-Foto’ des damals bekanntesten Sportfotografen wurde ich von vielen Seiten angesprochen.“
Die deutsche Weltrekord-Staffel 1977 über 4x1.500 Meter (Foto: Schröder)
Mit der Kamera entdecken und ermutigen bereitet ihm bei der Arbeit am meisten Spaß: „Wenn sich die Talente mit ihrem Konterfei in der Zeitung oder auf dem Bildschirm sehen, fühlen sie sich schon wie die Weltmeister und wollen das dann auch bestätigen“, erklärt der Gründer der Agentur Rhein-Ruhr-Foto. Der Düsseldorfer lebt heute in der Vulkaneifel und freut sich als typischer Rheinländer: „Ich finde es gut, wenn ich durch Randfotos ein wenig Humor in die Bilder hineinbringen kann.“
In Gustav Schröders schier unergründlichem Fotoarchiv sind unter anderem die ersten veröffentlichten Aufnahmen von Willi Wülbeck, Jürgen Hingsen oder Sabine Braun zu finden. Fast täglich fragen ehemalige Athleten nach alten Aufnahmen. Doch die meisten dieser Bilder sind auf schwarz-weiß Filmen gemacht, an denen allmählich der Zahn der Zeit nagt. Wenn er nicht gerade aktuelle Termine wahrnimmt, verbringt der „Rentner im Unruhestand“ deswegen an seinem Lebensabend viel Zeit damit, die alten Schätze zu digitalisieren.
Dirk Gantenberg
Vom Physikstudium über die Ausbildung zum Fachinformatiker verschlug es Dirk Gantenberg zur professionellen Fotografie. „Irgendwie zieht sich das wie ein roter Faden durch mein Leben, dass mich immer viele Dinge auf einmal interessieren“, sagt er.
Er begleitet leichtathletik.de bereits seit den Anfängen und hat auch zuvor schon mit Projektleiter Christian Fuchs bei dessen vorherigem Internetprojekt www.steeple.de zusammengearbeitet. Damals ging der Neusser nur in seiner Freizeit auf Bilder- und Stimmenfang. 2005 fasste er dann den Entschluss, sich als Fotograf und Programmierer selbständig zu machen.
Den deutschen Athleten ist er bestens bekannt, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass einige von ihnen schon in seinem eigenen Fotostudio zu Gast waren: „Auf Leichtathleten kann man sich verlassen“, stellt er fest, „da bin ich noch nie enttäuscht worden. Die Einstellung ist einfach professionell.“
Die weit aufgerissenen Augen des Brasilianers Thiago Dias (Foto: Gantenberg)
Voller Lob ist er auch für die Mitglieder des TSV Friedberg-Fauerbach, die er zwei Tage lang für die Bilder eines Kalenders ablichtete. Alle Altersgruppen und Disziplinen waren vertreten, und der Hessische Rundfunk drehte einen Beitrag über das Fotoshooting. „Das war schon ein kleiner Ritterschlag als Fotograf, dass das alles so gut geklappt hat“, blickt der Mann mit der markanten roten Brille zurück.
An der Leichtathletik-Fotografie fasziniert Dirk Gantenberg besonders die Möglichkeit, Momente festhalten zu können, die mit dem bloßen Auge oft nicht sichtbar sind. Achtmal pro Sekunde friert seine Kamera eine Bewegung ein. Seine Lieblingsdisziplin ist in dieser Hinsicht der Stabhochsprung: „Den kann man von vier, fünf Seiten einfangen, und es bieten sich immer wieder neue Motive.“
Olaf Möldner
„Schöne Motive für die Fotografie sind überall zu finden“, sagt Olaf Möldner. „Es kann genauso interessant sein, einen Angler oder Pfarrer zu fotografieren, wie einen Sportler.“ Dennoch widmet der studierte Farboberflächen-Gestalter, der 1996 den fotografischen Bereich dieser Ausbildung zu seinem Hauptberuf machte, einen großen Teil seiner Zeit der Leichtathletik. Und das kommt nicht von ungefähr, war er doch selbst als Geher Mitglied beider deutscher Nationalmannschaften.
Besonders häufig trifft man den Potsdamer bei Wettbewerben des Nachwuchses an. „Ein junger Athlet ist unter Umständen ein dankbareres Opfer“, erklärt er. „Hier sind die Emotionen noch nicht so berechnend wie manchmal bei den Profis.“ Auch bei Seniorenveranstaltungen konnte Olaf Möldner schon bemerkenswerte Momente im Bild festhalten – zum Beispiel den, als ein spanischer Hindernisläufer fast ganz im Wassergraben eintauchte und dabei trotzdem noch lächelte.
Auch unter widrigen Umständen ein Lächeln auf den Lippen (Foto: Möldner)
Einen persönlichen Bezug zur aktuellen deutschen Leichtathletik hat der zweifache Weltcup-Teilnehmer durch seine Schwester Antje Möldner, Deutsche Rekordhalterin über 3.000 Meter Hindernis. Außerdem unterstützt er Ronald Weigel, Bundestrainer Gehen, beim Techniktraining der Potsdamer Athleten. Im Januar stattete er der Nationalmannschaft im Trainingscamp in Südafrika einen Besuch ab und machte Aufnahmen von der Saisonvorbereitung der besten deutschen Geher.
Den 20-jährigen Christopher Linke, Deutscher Meister über 50 Kilometer Gehen, hat Olaf Möldner in dieser Disziplin sogar selbst ausgebildet: „Christopher Linke ist ein Gewächs von mir. Ob ihm der Durchbruch in die Weltspitze gelingt, ist schwer vorauszusagen. Aber wir setzen große Hoffnungen in ihn. Er hat einen sehr ästhetischen Gehstil und technisch sehr, sehr gute Voraussetzungen.“ Für die fotografische Dokumentation zukünftiger Erfolge ist mit Sicherheit gesorgt.
Hanns Krebs
Es war Mitte der 60er Jahre, als Hanns Krebs das erste Mal um die Veröffentlichung eines seiner Fotos gebeten wurde. In einem Weitsprung-Wettbewerb im Münchner Dantestadion, an dem er auch selbst teilnahm, hatte er gerade einen weiten Satz des späteren Deutschen Rekordhalters Josef Schwarz im Bild festgehalten. 1972 gewann der Allgäuer als einer von 28.000 Einsendern einen Hauptpreis des Olympia-Fotowettbewerbs. Dies bescherte ihm nicht nur einen zweiwöchigen Aufenthalt bei den Olympischen Spielen in München, sondern auch zahlreiche Anfragen von Fotoagenturen.
Das Fotografieren sollte jedoch immer ein Hobby bleiben für den mittlerweile pensionierten Studiendirektor, der am Gymnasium in Marktoberdorf die Fächer Deutsch und Sport unterrichtete. Mehr als 20 Mal erreichte der ehemalige Weitspringer (Bestleistung 7,36 m) und Mehrkämpfer mit seinen Schulmannschaften in der Leichtathletik und im Skilanglauf das Finale von „Jugend trainiert für Olympia“ und errang dabei drei Bundessiege. Zudem trainierte er im Verein, im Bayerischen Landesverband (BLV) und im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) den weiblichen Weitsprung-Nachwuchs.
Das Siegerbild: Hürdenläuferinnen bei den Deutschen Junioren-Meisterschaften 1971 in Augsburg (Foto: Krebs)
Bei all diesen Aktivitäten war die Kamera für Hanns Krebs ein ständiger Begleiter. Besonders die Zeitschrift leichtathletik und das bayerische Jahrbuch veröffentlichten viele seiner Bilder. Seit 1975 hat er regelmäßig die Spitzenleistungen der deutschen Athleten bei Deutschen Meisterschaften dokumentiert, und auch bei den ersten Weltmeisterschaften 1983 in Helsinki (Finnland) sowie den darauf folgenden internationalen Meisterschaften war er vor Ort mit dabei.
Damit auch noch Zeit für die Enkel bleibt, arbeitet Hanns Krebs mittlerweile vor allem bei regionalen Sportveranstaltungen im süddeutschen Raum. In den vergangenen Monaten war er jedoch trotzdem viel unterwegs – und zwar nicht in Sporthallen, sondern auf Skipisten. Dort herrschen andere Verhältnisse als bei der Leichtathletik: „Stunden vor Rennbeginn muss man bei oft eisiger Kälte mit Steigeisen auf der total vereisten Piste den passendsten, aber ungefährlichen Fotostandpunkt suchen. Diesen darf man nach der ‚Genehmigung’ durch den FIS-Delegierten bis zum Schluss des Rennens nicht mehr verlassen.
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