Im Rhythmus jede Hürde nehmen
Was den langjährigen, anhaltenden Erfolg des Nikolauslehrgangs von Fred Eberle und des Württembergischen Leichtathletik-Verbands (WLV) in Schwäbisch-Gmünd ausmacht? Nicht nur die Leichtathletik-Trainer und Sportlehrer ziehen ihren Nutzen aus ihm, sondern auch Vertreter anderer Sportarten. Und sehr oft ist das Thema so lebens- und alltagsnah, dass alle Sportbegeisterten profitieren könn(t)en.
Mal ehrlich, wer musste im wahren Leben noch nie Hürden meistern, Hindernisse überwinden? Jedenfalls gab der 35. Nikolauslehrgang (oder ist es einer mehr?) am 5. Dezember allen anwesenden Trainern und Übungsleitern einen tiefen, praxisnahen, aber nie trockenen Einblick in das Thema „Hindernisse überlaufen – Hürdensprinten“ von der Kinderleichtathletik bis hin zur Talentschulung.Und dass es besonders auf die „Unterzeile“ – ...und ohne Rhythmus geht schon gar nichts – ankam, wurde allen schnell bewusst. Wie meinte Fred Eberle, Vorsitzender des DLV-Bundesausschusses Aus- und Fortbildung, Wissenschaft, Trainerschule, noch? Wir alle werden im Alltag teils schon unbewusst von Rhythmen „beherrscht“.
Wichtige Entwicklungsphase unterstützen
Ganz wichtig sei das für die Kinder, und da zeigte Fred Eberle auch Perspektiven der Leichtathletik für die Schulen auf: „Kinder leben in ihrer eigenen Welt“, darum müsse es auch eine „eigenständige“ Welt der Kinderleichtathletik geben. Man müsse stets beachten, dass sich Kinder im „günstigsten“ motorischen Lernalter befänden. Die wichtige „koordinative“ Entwicklungsphase sei geprägt von einem hohen Maß an Geschicklichkeit. Diese müsse man unterstützen und nicht „verkümmern“ lassen.
„Kinder haben Geist, deshalb kann man sie leicht begeistern.“ Das kam an bei den Leichtathletik-Ausbildern. Fred Eberle zeigte die Wege von der Kinderleichtathletik bis hin zur Talentschulung und Ausbildung auf, die später von Carsten Köhrbrück, dem Landestrainer Berlins und DLV-Experte, nochmals unterstrichen wurden.
Von der Grundausbildung zum weiterführenden Training
Am Anfang stünde in der (Kinder-)Leichtathletik die „Grundausbildung“, es folge das Grundlagentraining, dann das Aufbautraining. Weit mehr, so Fred Eberle, stecke hinter den Bewegungsformen des Laufens - Springens - Werfens während der Grundausbildung, bereits hier käme es auf eine „breite“ und variable Orientierung an.
Das „Bewegungshandeln“ machte die Waldstetter Grundschulklasse, unterstützt durch die Trainer vor: „Schnell weg, schnell drüber – schnell weiter.“ Die Kinder wurden körperlich und kognitiv gefordert. Und immer wieder wurde der Begriff „Rhythmus“ erwähnt. Die nächste Praxisdemonstration zeigte systematisch die einzelnen Schritte oder, „Bausteine“ auf, wie das „ach so hoch komplizierte“ (Fred Eberle) Hürdenlaufen „leicht gemacht“ werden könne.
Schnell ran, schnell drüber, schnell weg – stets mit viel Rhythmus
Man kann auch sagen, den Läufern und Sprintern würde durch das richtige Training die Angst vor der Hürde genommen. Alles ist erlernbar: Schnell ran, schnell drüber, schnell weg, aber „Alles ist nichts“ ohne Rhythmus.
Den ganzen Vormittag über zeigten sich die Teilnehmer als äußerst interessierte Zuhörer, bevor einige von ihnen nachmittags selbst ran durften, um den Rhythmus selbst zu erfahren und zu spüren.
Informative Tipps für das Aufbautraining
Den Tagesabschluss machte der Berliner Landestrainer und ehemalige 400-Meter-Hürdenläufer Carsten Köhrbrück. Er gab Tipps für das Aufbautraining und die konditionellen, koordinativen und technischen Grundlagen, die wichtig für das Hürdentraining sind.
Abschließend wurden die Hürdentechniken der derzeit drei schnellsten DLV B-Jugend-Hürdensprinter Sven Zellner, Gregor Traber und Moritz Riekert analysiert. Kurzum, nicht nur als Fortbildungstag kam der Nikolauslehrgang wieder bei allen Teilnehmern bestens an.
INTERVIEW |
Carsten Köhrbrück (42) war einst erfolgreicher Staffelläufer (EM-Silber 1990), Teilnehmer an Weltmeisterschaften in Tokio (Japan) und an den Olympischen Spielen in Barcelona (Spanien). Bereits als 18-Jähriger holte er eine Bronzemedaille bei den Junioren-Europameisterschaften. Vom Nikolauslehrgang ist er überzeugt.
Herr Köhrbrück, wie hat Ihnen der Nikolauslehrgang gefallen?
Carsten Köhrbrück:
Ganz toll, schon die Einführung von Fred Eberle war begeisternd, dass kann er, der Fred. Wenn wir das als Trainer auch schaffen, bleibt die Jugend auch bei der Stange. So war es dann auch keine Frage, dass ich komme, als mich Fred Eberle darum gebeten hat, beim Nikolauslehrgang dabei zu sein.
Was gefällt Ihnen an dem Lehrgang besonders?
Carsten Köhrbrück:
Nun, toll finde ich die Hilfsutensilien und Materialien hier - mit herkömmlichen, alltäglichen Geräten, werden Trainingsutensilien geschaffen. Ein Trainer muss begeistern können, manchmal sich auch selbst helfen können. Er muss kreativ sein.
Wie steht es um die deutsche Leichtathletik und deren Athleten?
Carsten Köhrbrück:
Also verstecken muss sich die deutsche Leichtathletik, der deutsche Sport überhaupt nicht. Die Infrastruktur in der deutschen Leichtathletik ist sehr gut aufgestellt. Es gibt Trainingsstützpunkte, Leistungszentren, und auch die Trainer fungieren teilweise als "Entwicklungshelfer" in anderen Ländern. Natürlich gibt es immer etwas zu verbessern, sonst würde man ja stehen bleiben. Wir müssen das Schulsystem überdenken, und wie wir mit der Leichtathletik besser mit den Schulen kooperieren können. Das Beispiel Ganztagsschulen zeigt, wie der DLV ein begonnenes Konzept vertiefen kann.
Auch andere Sportarten schauen verstärkt in die Leichtathletik hinein...
Carsten Köhrbrück:
Was ja nicht schlecht ist. Alle anderen Sportarten kommen ohne eine Grundlagenausbildung der Leichtathletik kaum aus. Ein bisschen müssen wir vielleicht aufpassen, dass wir nicht zum "Zulieferer" oder Bedienungsladen anderer Sportarten degradiert werden. Hier müssen wir uns gut aufstellen, selbst für Spiel, Spaß und Spannung sorgen. Das geht nur mit viel Engagement. Aber so lange es Trainer wie Fred Eberle gibt, ist mir um die Nachwuchsarbeit nicht bange.
(Mit freundlicher Genemigung der Rems Zeitung und der Gmünder Tagespost)