Ingalena Heuck - „Laufen ist Lebensschule“
Vor einer Woche in Darmstadt qualifizierte sie sich als schnellste Juniorin für die Cross-Europameisterschaften in Brüssel (Belgien; 14. Dezember) – ihre dritten nach 2005 und 2006. Im Interview mit leichtathletik.de spricht die 22-jährige Ingalena Heuck (LG Stadtwerke München) über den Crosslauf, die Bedeutung von Laufen in ihrem Leben und ihr großes Ziel: Olympia 2012 in London (Großbritannien).
Ingalena Heuck, Australien, Venezuela, Namibia, Südafrika! Sie sind bekannt dafür, dass Sie gerne reisen. In zwei Wochen geht es nach Belgien. Nicht gerade ein klassisches Urlaubsland. Freuen Sie sich trotzdem?Ingalena Heuck:
Natürlich freue ich mich sehr. In erster Linie geht es in Brüssel darum, dass ich gut laufe. Aber Brüssel ist auch eine wichtige Stadt im politischen Geschehen von Europa. Ich hoffe, dass ich die Zeit finde, mir das ein oder andere anzuschauen. Gerade die EU-Gebäude interessieren mich sehr. Man kann im Ausland immer viele neue Dinge sehen und erleben und lernt vor allem viel über sich selber, sieht die Dinge aus einem anderen Blickwinkel. Deswegen reise ich so gerne.
Nach 2005 und 2006 ist es bereits Ihre dritte Teilnahme bei einer Cross-EM. Wie kommt es, dass Sie im Gelände so stark sind?
Ingalena Heuck:
Ich bin auf dem Land aufgewachsen und schon immer viel im Gelände gelaufen. Mir gefällt einfach die Abwechslung beim Crosslauf. Außerdem habe ich nicht die klassische Leichtathletikkarriere durchlaufen. Ich bin erst 2004 zur Leichtathletik gekommen. Davor habe ich Fußball, Handball und Tennis gespielt und war im Schwimmverein. Durch das abwechslungsreiche Training habe ich eine sehr vielseitige, sportliche Ausbildung, was mir im Gelände zu Gute kommt.
Viele Athleten meiden den Crosslauf oder nutzen ihn nur zu Trainingszwecken. Welchen Stellenwert hat der Crosslauf für Sie?
Ingalena Heuck:
In meinen Augen ist der Crosslauf enorm wichtig. Gute Bahnleistungen im Sommer werden durch das Cross-Laufen im Winter wunderbar vorbereitet, sie ergänzen sich. Crosslauf ist sehr abwechslungsreich und fördert damit mentale Stärke und Kampfgeist.
Bei der Qualifikation zur Cross-EM in Darmstadt waren Sie die schnellste Juniorin und die drittschnellste Frau. Waren Sie überrascht, dass es so gut lief?
Ingalena Heuck:
Nein, das hatte sich schon im Training angedeutet. In Pforzheim zwei Wochen zuvor war ich noch sehr verhalten angelaufen, da ich eine harte Trainingswoche hinter mir hatte und nicht genau wusste, wo ich mich von der Leistung im Vergleich zu den anderen befinde. Dort kam mein Angriff zu spät. So bin ich in Darmstadt mit einer anderen Renneinteilung in den Wettkampf gegangen.
Mit welchen Zielen reisen Sie nach Brüssel?
Ingalena Heuck:
Es ist immer schwierig, eine Prognose abzugeben. Mein primäres Ziel für Brüssel ist es, ein gutes Rennen abzuliefern. Ich muss ins Ziel kommen und sagen können: „Hey, ich habe alles gegeben, alles aus mir rausgeholt.“ Dann bin ich zufrieden. Jeder Lauf bietet eine neue Herausforderung und so ist das Laufen eine Lebensschule und damit unersetzbar für mich.
Der Deutsche Leichtathletik Verband hat auch eine Mannschaft nominiert. Wie schätzen Sie die Chancen hier ein?
Ingalena Heuck:
Erstmal finde ich es sehr schön, dass es eine Mannschaft gibt. Das unterstützt natürlich immer die individuelle Leistung. Man gibt alles für das Team und läuft dadurch auch für die Einzelwertung schneller. Ich denke, dass wir in diesem Jahr eine sehr starke U23 Mannschaft haben.
In der vergangen Saison gewannen Sie drei deutsche Juniorentitel (5.000, 10.000 Meter, 10 Kilometer) und stellten zahlreiche Bestzeiten auf. Wie kam es zu diesem Leistungsschub?
Ingalena Heuck:
In der Saison zuvor hatte ich nicht so viel trainiert, da ich in Venezuela und Ecuador als Au-Pair gearbeitet habe. Seit Herbst 2007 trainiere ich nun bei Pierre Ayadi. Ich habe die Intensität und den Umfang im Training deutlich erhöht, habe mein Umfeld professionalisiert, sowie meine Ernährung mit Hilfe von Dr. Wolfgang Feil umgestellt. Außerdem arbeite ich regelmäßig mit meinem Physiotherapeuten Jan Frieling. Die guten Leistungen und Siege tun ihren Rest dazu. So erklärt sich der Leistungssprung.
Sie haben den Trainerwechsel zu Pierre Ayadi angesprochen. Welche Rolle spielt er bei Ihren Erfolgen?
Ingalena Heuck:
Ein guter Trainer ist sehr entscheidend für die Leistung eines Athleten. Die Zusammenarbeit mit Pierre hat vieles in meinem Training und meinem Alltag verändert. Da er in Dortmund lebt, bekomme ich die Pläne per E-Mail, aber wir stehen auch in ständigem Telefonkontakt und wir sehen uns zu den Wettkämpfen und zwischendurch. So kann er mir immer auch Tipps zu meinem Laufstil geben.
Neben dem Laufen studieren Sie Sportwissenschaften an der Technischen Universität in München. Wie bewältigen Sie die Doppelbelastung?
Ingalena Heuck:
Es klappt ganz gut. Momentan lege ich den Schwerpunkt ganz klar auf das Laufen. Da ich aber sehr ehrgeizig bin, möchte ich auch im Studium gute Leistungen bringen. Zu den Prüfungszeiten wird es dann schon ziemlich stressig.
Mit 22 Jahren gehören Sie noch zu den jungen Athletinnen. Im nächsten Jahr kommen Sie zu von den Juniorinnen zu den Aktiven. Wie sehen Ihre Ziele für diese Saison und darüber hinaus aus?
Ingalena Heuck:
Platzierungsprognosen sind schwierig abzugeben, da das Feld bei den einzelnen Wettkämpfen sehr variieren kann. So setze ich meinen Fokus auf eine weitere Verbesserung meiner Bestzeiten und hoffe, dass ich damit im vorderen Bereich in Deutschland mitlaufen kann. Ich habe mir einen Zwei-Jahres-Plan aufgestellt. Im Sommer 2010 entscheide ich dann, wie es mit dem Laufen weitergehen wird. Habe ich realistische Chancen auf die Olympischen Spiele 2012 in London? London ist mein großes Ziel, doch es wichtig, sich Zwischenziele zu setzen und stets ein zweites Standbein zu haben. Für mich gehört zum Leistungssport auch eine „geistige Arbeit“, so dass ich einen Ausgleich habe und nicht von meinem funktionierenden Körper abhängig bin.
Lesen Sie auch:
Ingalena Heuck - "Wie Olympiasiegerin gefeiert"