Ingo Schultz und Annika Becker glänzen in Madrid
"Ich glaube, unsere Mannschaft kann mit den Kontinentalteams mitkämpfen und wir hoffen, gute Mittelplätze zwischen vier und sieben zu erreichen", stellte Rüdiger Nickel, der DLV-Vize-Präsident Leistungssport, eingangs des Weltcups in Madrid fest. Zur Halbzeit am späten Freitagabend reihten sich schließlich die deutschen Frauen mit der siegreichen Überfliegerin Annika Becker und 43 Punkten auf der Sechs und die Männer, die am zweiten Tag noch mehrere Asse am Start haben, bei 41,5 Zählern auf dem Zwischenrang acht ein. In Front liegen die Afrikaner (65 Punkte) und die Europäerinnen (63).
Ingo Schultz lief eine neue DLV-Jahresbestzeit (Foto: Chai)
Für das größte Aufsehen und chaosartige Szenen sorgte zu Beginn der Veranstaltung ein heftiges Unwetter, das nach dem Hammerwerfen der Männer mit Europameister Adrian Annus (Ungarn; 80,93 m) als Sieger bei den nächsten anstehenden technischen Bewerben einsetzte (siehe gesonderte Meldung). Erst nach rund 45 Minuten war wieder alles unter Kontrolle und das sportliche Geschehen gewann die Oberhand über die Naturgewalten zurück.Mit rund zwanzig Minuten Verspätung griffen schließlich deshalb die Hürdenläuferinnen in das Geschehen auf der nassen Bahn ein. Die deutsche Vize-Europameisterin Heike Meißner (57,40 sec) konnte in dem starken Feld keine Akzente setzen und musste sich mit Platz sieben begnügen. Überlegene Siegerin war die Weltjahresbeste Yulia Pechonkina (Russland; 53,74 sec).
Erst um einiges später waren die Männer über diese Strecke an der Reihe. Der junge Frankfurter Christian Duma hatte die günstige Bahn fünf zugelost bekommen. Diese verhalf ihm allerdings zu keiner Überraschung, auch wenn er nur knapp über seiner Jahresbestzeit blieb. In 50,57 Sekunden wurde er Achter, während der US-Amerikaner James Carter mit einer Zeit von 48,27 Sekunden gewann.
Weltjahresbestmarken durch Sprintstaffeln
Marion Jones (USA) liess sich über 100 Meter von der ungünstigen Bahn eins nicht beirren und sprintete in 10,90 Sekunden zum ersten Platz vor der Jamaikanerin Tayna Lawrence (11,06 sec). Die Wattenscheiderin Melanie Paschke (11,37 sec) wurde Sechste. In der 4x100-Meter-Staffel wiesen die Amerikanerinnen Tayna Lawrence, Juliet Campbell, Beverly McDonald und Debbie Ferguson in der neuen Weltjahresbestleistung von 41,91 Sekunden ihre Kolleginnen aus den USA mit Marion Jones (42,05 sec) in die Schranken. Die deutsche Formation wurde mit einer Zeit von 43,36 Sekunden Fünfte.
"Frankie Fredericks hat mir seinen Platz abgegeben und ich habe die neun Punkte geholt", jubelte bei den Sprintern der Überraschungssieger Uchenna Emedolu aus Nigeria, der seine namhaften Konkurrenten in 10,06 Sekunden hinter sich ließ. Marc Blume lief in 10,46 Sekunden als Siebter über die Ziellinie. Auch bei den Männern gab es in den Sprintstaffeln durch die USA eine neue Weltjahresbestzeit von 37,95 Sekunden. Das DLV-Quartett wurde wegen einem Fehler beim dritten Wechsel disqualifiziert.
Starkes Rennen von Ingo Schultz zum Ausklang
Europameister Ingo Schultz liess vor dem Start über 400 Meter zunächst den Blick gewohnt gelassen über das nasse Rund schweifen, ehe es in den Startblock ging. Mit Reserven auf der Zielgerade zog der Deutsche dann am einbrechenden US-Boy Alvin Harrison vorbei und holte sich in glänzenden 44,86 Sekunden, zugleich DLV-Jahresbestzeit und die zweitbeste Leistung seiner Karriere, hinter Michael Blackwood (Jamaika; 44,60 sec) den zweiten Platz. Bei den Frauen bestimmte die Mexikanerin Ana Guevara in 49,56 Sekunden erwartungsgemäß souverän das Geschehen auf der Stadionrunde. Die Berlinerin Claudia Marx (52,30 sec) wurde Sechste.
Die Slowenin Jolanda Ceplak sorgte über 800 Meter von der Spitze weg für ein schnelles Tempo. Auf der Zielgerade sicherte sich allerdings Maria Mutola in 1:58,60 Minuten den Sieg für Afrika. Claudia Gesell (Deutschland; 2:01,58 min) lief als Sechste ein.
Über 1.500 Meter holte sich der Kenianer Bernard Lagat (3:31,20 min) in Abwesenheit des marokkanischen Weltmeisters Hicham El Guerrouj den angestrebten Erfolg: "Ich wollte die Saison mit einem Sieg beenden." Der DLV-Starter Franek Haschke (3:41,58 min) erkämpfte sich den fünften Platz.
Gabriela Szabo verschenkt Sieg
Nach einigem taktischen Geplänkel ging es über 3.000 Meter bei den Frauen erst auf den letzten 200 Metern richtig zur Sache. Die Rumänin Gabriela Szabo (8:50,89 min) sah wie die sichere Siegerin aus, nachdem sie auf der Zielgerade die führende Russin Yelena Zadorozhnaya (8:50,93 min) niedergerungen hatte. Aber durch ihren verfrühten Jubel verschenkte sie den Sieg noch an die Äthiopierin Berhane Adere (8:50,88 min). "Es ist nicht so schlimm, mal gewinnt man knapp, mal verliert man knapp", tröstete sie sich selbst. Die junge Grossengotternerin Melanie Schulz sammelte als Achte in 9:10,57 Minuten internationale Erfahrung.
Der Leverkusener Michael May kämpfte über 5.000 Meter lange Zeit um den Anschluss an die Spitzenklasseläufer. Eingangs der letzten Runde hatte er allerdings mit dem Spitzenquartett, in dem sich der Spanier Alberto Garcia (13:30,04 min) behauptete, nichts mehr zu tun und wurde in 13:39,73 Minuten Sechster.
Ralf Bartels guter Dritter
Mit einem exzellenten dritten Rang sorgte der Neubrandenburger Ralf Bartels im Kugelstoßen für Aufsehen. Seinen 20,67 Metern hatten die internationalen Konkurrenten im nassen Ring nach Durchgang drei noch nichts entgegenzusetzen. Erst im vierten und letzten Versuch überflügelten ihn noch Adam Nelson (USA; 20,80 m) und der Australier Justin Anlezark (20,77 m).
Dagegen musste sich die deutsche Vize-Europameisterin im Speerwurf, Steffi Nerius, mit 57,81 Metern und Rang vier begnügen. Auf dem nassen Untergrund fühlte sich die kubanische Weltrekordhalterin Osleidys Menendez mit 64,41 Metern am wohlsten. Die junge Leipziger Diskuswerferin Jana Tucholke erfüllte mit 57,94 Metern als Sechste das Soll. Zur Spitze mit der siegreichen Neuseeländerin Beatrice Faumuina (62,47 m) bestand jedoch noch ein entsprechender Abstand.
Im Hochsprung lieferten sich der russische Europameister Jaroslav Rybakov (2,31 m) und der Kanadier Mark Boswell (2,29 m) ein spannendes Duell, während sich der deutsche Weltmeister Martin Buß bereits nach übersprungenen 2,15 Metern als Fünfter aus der Konkurrenz verabschiedete. Der Zweikampf im Weitsprung zwischen Savante Stringfellow (8,21 m) und Ivan Pedroso (Kuba; 8,19 m) ging an die USA. Der DLV-Vertreter Andreas Pohle blieb mit 7,26 Metern deutlich unter seinen Möglichkeiten und wurde enttäuschter Neunter.
Annika Becker besiegt Europameisterin Svetlana Feofanova
Wesentlich besser lief es für die deutsche Rekordhalterin im Stabhochsprung, Annika Becker. Die EM-Fünfte wies mit 4,55 Metern die russische Europameisterin Svetlana Feofanova (4,40 m) in die Schranken und zeigte sich zum Saisonende noch einmal von ihrer besten Seite! Dabei waren es nicht einmal ihre eigenen Stäbe, die ihr zu diesem Coup verhalfen, sondern die geliehenen Arbeitswerkzeuge der Leverkusenerin Christine Adams. Svetlana Feofanova war nach der Niederlage so gefrustet, dass sie Annika Becker nicht einmal gratulierte.