Inna Weit - „Ein unbeschreibliches Gefühl“
Im vergangenen Sommer war Inna Weit als Deutsche Meisterin über 200 Meter eine große Aufsteigerin. Jetzt schickt sich die Paderbornerin an, genau so weiterzumachen. Mehr erfahren Sie im Interview.
Inna Weit, was war Ihr schönster sportlicher Moment 2012?Inna Weit:
Das ist schwer zu sagen. Das Jahr war voller besonderer Augenblicke und großer Emotionen. Besonders schön war natürlich, als ich in Mannheim die 200 Meter in 23,08 Sekunden gelaufen bin. Da wusste ich: Ich darf zu den Europameisterschaften nach Helsinki. Aber auch der Titelgewinn bei den Deutschen Meisterschaften war ein ganz besonderer Moment für mich.
In Ihrer Jugendzeit waren Sie bei keiner internationalen Nachwuchsmeisterschaft dabei. Somit war Ihr Auftritt bei der EM in Helsinki Ihr erstes Rennen auf so großem Terrain. Was war das für ein Erlebnis?
Inna Weit:
Die große Kulisse dort habe ich gar nicht so richtig wahrgenommen. Das habe ich ganz bewusst von mir ferngehalten und versucht, mir im Vorfeld auch selbst keinen Druck aufzuerlegen. Ich habe mir einfach gesagt: das ist ein Wettkampf wie jeder andere. Und auch wenn ich meine guten Zeiten aus dem Vorfeld dort nicht bestätigen konnte, habe ich einiges an Erfahrung gewonnen. Davon möchte ich der Zukunft profitieren.
In der vergangenen Saison haben Sie sich über 200 Meter um exakt eine Sekunde verbessert. Worauf führen Sie diese Steigerung zurück?
Inna Weit:
Ich hatte einfach vor diesem Rennen in Mannheim noch keinen Wettkampf, in dem wirklich alles gestimmt hat. Ich habe den Lauf vom Start weg optimal erwischt, dazu wehte ein bisschen Rückenwind und auch die Temperaturen waren ideal. Dazu kommt aber sicher auch, dass mein Körper sich inzwischen auf die Doppelbelastung aus Beruf und Sport einfach besser eingestellt hat.
Sie sprechen Ihre Arbeit an. Sie haben eine Ausbildung zur Physiotherapeutin absolviert. Warum ist Ihnen ein zweites Standbein neben dem Leistungssport so wichtig?
Inna Weit:
Das haben mir meine Eltern mit auf den Weg gegeben. Leichtathletik ist schließlich kein Fußball. In meinem Sport können nur ganz wenige so viel Geld verdienen, dass Sie längere Zeit davon gut leben können. Zudem ist es auch für meinen Kopf gut, zu wissen, dass es da noch etwas gibt, was ich gut kann und mit dem ich meinen Unterhalt verdienen kann. Mit diesem beruhigenden Wissen kann ich meinen Sport vielleicht auch befreiter ausüben als jemand, der finanziell darauf angewiesen ist.
Arbeiten Sie denn Vollzeit?
Inna Weit:
Nein, nicht mehr. Ich habe meine Arbeit auf 20 Wochenstunden reduziert, damit ausreichend Zeit für das Training bleibt.
Was mögen Sie an Ihrer Arbeit?
Inna Weit:
Ich habe eine sehr offene Mentalität und mag den Umgang mit anderen Menschen. Darüber hinaus finde ich meinen Beruf sehr spannend. Die Anatomie des menschlichen Körpers ist einfach sehr vielfältig. Hier funktioniert nichts nach „Schema F“. Und ich mag es sehr, meinen Kopf anzustrengen.
Was fasziniert Sie an den 200 Metern?
Inna Weit:
Die unterschiedlichen Phasen des Rennens. Und hier besonders der Augenblick, wenn man aus der Kurve kommt und spürt, dass man noch beschleunigen kann. Wenn man dann wirklich in dieses ganz schnelle Laufen kommt und die Beine nur so davonstürmen, das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Und das habe ich wohl erst in der letzten Saison so richtig erleben dürfen.
Was macht die Zusammenarbeit mit Ihrem Trainer Thomas Prange aus?
Inna Weit:
Wir arbeiten jetzt schon zehn Jahre zusammen und haben eine Verbindung, die über das übliche Trainer-Athleten-Verhältnis hinausgeht. Für mich ist er fast so etwas wie ein großer Bruder. Er weiß immer schon mit einem Blick, wie ich drauf bin und ob vielleicht etwas mit mir nicht stimmt. Das bedarf fast keiner Worte mehr.
Sie sind im Alter von sechs Jahren mit Ihren Eltern von Kasachstan nach Deutschland gekommen. Sprechen Sie Ihre Muttersprache noch?
Inna Weit:
Ja, ich spreche Russisch. Aber ich kann in dieser Sprache weder lesen noch schreiben. Und wenn ich mich mit echten Muttersprachlern unterhalte, kann es auch passieren, dass ich ein paar deutsche Worte untermische. Und wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich inzwischen eher so, als sei Deutsch meine Muttersprache.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Inna Weit:
Ich habe viele gute Freundinnen. Wir treffen uns oft zum Kochen oder gehen gemeinsam feiern. Ich tanze sehr gern.
Was sind Ihre Ziele für 2013?
Inna Weit:
Dass ich mir den Spaß am Training und am Laufen erhalte. Und dass es weiterhin für mich so gut läuft wie 2012. Wohin mich das dann bringen wird, wird man sehen...
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift