International: Stephen Ndungu Marathon-Sieger in L.A.
Der Gentleman bat zur Kasse. Stephen Ndungu, aus dem fernen Kenia angereist, freute sich diebisch über seinen Coup. Wieder hatte er gewonnen, noch dazu in neuer Bestzeit: 2:10:27 Stunden. So flott unterwegs war er noch nie!
Mit keckem Grinsen hielt er die Hand auf und steckte einen Scheck in die Tasche. Stolze 50.000 US-Dollar bekam er für seinen Triumph beim Los Angeles-Marathon, was sehr viel Geld ist in einem Land, in dem 27 Millionen Menschen bei einer Arbeitslosenquote von über 60 Prozent ein trauriges Dasein fristen.Neben der dicken Siegprämie gab es obendrein ein Auto! Das hat sich gelohnt für den 34-jährigen Afrikaner, dessen Vater seine Brötchen als Farmer verdient. Doch wer an einen Großgrundbesitzer denkt, befindet sich auf dem Holzweg. Denn alles, was in Kenia größer als ein Schrebergarten ist, nennt sich Farm.
Los Angeles, 1932 und 1984 Schauplatz der Olympischen Spiele, ist für Stephen Ndungu ein einträgliches Pflaster. Vor einem Jahr hatte er in der kalifornischen Glamour-City erstmals die Nase vorn gehabt. Schon damals beherrschte der Tempobolzer das Geschehen in souveräner Manier. Mit 2:10:13 Stunden lag er exakt zwei Minuten vor seinem Landsmann Ben Kimondiu, der im vergangenen Herbst in Chicago für eine faustdicke Überraschung sorgte, als er, der eigentliche „Hase“, den hohen Favoriten Paul Tergat schlug.
Stephen Ndungu musste sich auch diesmal mit seinen afrikanischen Mitstreitern herumschlagen. Doch konnten sie ihn wieder nicht gefährden. Raymond Chemwela belegte schließlich den zweiten Rang in 2:12:19 Stunden vor Benson Mbithi (2:12:32 h), der im März 2000 in Los Angeles gewonnen hatte. Noah Bor (2:16:17 h), der jüngere Bruder von Simon Bor, der 1999 den noch immer gültigen Streckenrekord (2:09:25 h) aufgestellt hat, und James Kuria Karanja (2:17:38 h), folgten auf den weiteren Plätzen und unterstrichen auf eindrucksvolle Art und Weise die Dominanz der Kenianer.
Die Hektik früh am morgen konnte den Naturburschen nichts anhaben. Wohl aber die ansteigenden Temperaturen: „Wenn wir pünktlich gestartet wären, hätte man sogar den Streckenrekord attackieren können“, beklagte sich Benson Mbithi hinterher, „je länger wir warten mussten, um so wärmer wurde es.“ Denn die Startzeit wurde verschoben, weil in unmittelbarer Nähe des Convention Centers ein verdächtiges Paket entdeckt worden war. Da die Polizei eine Bombe darin vermutete, wurde eine Spezialeinheit angefordert, doch das „Corpus delicti“ war leer.
Stephen Ndungu, der bereits zwei Mal in Berlin (1997 als 13. in 2:11:16 h und 1999 als Achter in 2:12:23 h) gelaufen ist, ließ sich von der allgemeinen Nervosiät nicht anstecken. Er blieb ganz cool und lief sein Rennen locker nach Hause. „Der neue Kurs ist perfekt im Vergleich zum letzten Jahr“, lobte er die Organisatoren, die einige Änderungen vorgenommen hatten, „ich habe davon profitiert und viele andere auch. Und die wenigen Anstiege, die es immer noch gibt, waren nicht so schlimm.“ Ndungu, der Hauptdarsteller im riesigen Feld von 22.107 Teilnehmern, war übrigens erst der zweite Läufer in der 17-jährigen Geschichte dieser Veranstaltung, der zweimal Erster war. Art Boileau aus Kanada gelang das begehrte Double 1987 und 1989.
Souverän wie ihr männlicher Kollege war auch Lyubov Denisova, Erste in 2:28:49 Stunden und einzige Läuferin, die unter zweieinhalb Stunden blieb. Ihr bereiteten die Temperaturen keinerlei Probleme: „Ich mag die Wärme.“ Sie war happy. Um 50.000 Dollar und ein Auto reicher geworden, steckte Densiova die Strapazen locker weg. Tatyana Pozdnyakova aus der Ukraine, Zweite in 2:30:26 Stunden, eine der weltbesten Mastersläuferinnen (älter als 40 Jahre), und Anna Pichtrova aus Tschechien, Dritte in 2:33:25 Stunden, flankierten sie auf dem Siegerpodest.
Los Angeles-Marathon (3.3.)
Männer:
1. Stephen Ndungu KEN 2:10:27
2. Raymond Chemwela KEN 2:12:19
3. Benson Mbithi KEN 2:12:32
4. Noah Bor KEN 2:16:17
5. James Kuria Karanja KEN 2:17:38
6. Karl Johan Rasmussen NOR 2:17:45
7. Peter De La Cerda USA 2:18:25
8. Naoki Watanabe JAP 2:20:54
9. Alfredo Arevalo Reyes GUA 2:21:54
10. Tom Coogan USA 2:24:21
Frauen:
1. Lyubov Denisova RUS 2:28:49
2. Tatyana Pozdnyakova UKR 2:30:26
3. Anna Pichrtova TCH 2:33:25
4. Constantina Dita ROM 2:33:58
5. Aurica Buia ROM 2:34:53
6. Lucia Subano KEN 2:36:08
7. Sylvia Mosqueda USA 2:36:38
8. Tatiana Titova RUS 2:37:16
9. Mary Akor USA 2:55:49
10. Margarita De Jesus Conde GUA 2:59:29