Dr. Clemens Prokop: "Leipzig setzt Kontrapunkt"
Das Nationale Olympische Komitee (NOK) hat sich auf seiner außerordentlichen Mitgliederversammlung in München für Leipzig als deutsche Bewerberstadt um die Olympischen Spiele 2012 entschieden. leichtathletik.de sprach anschließend mit dem DLV-Präsidenten und NOK-Vize-Präsidenten Dr. Clemens Prokop, der am selben Tag auch in das Council des Europäischen Leichtathletik-Verbandes wiedergewählt wurde, über dieses Ergebnis.
Auch für DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop kam die Wahl Leipzigs überraschend (Foto: Kiefner)
leichtathletik.de:Herr Dr. Prokop, die Entscheidung in München ist zugunsten von Leipzig gefallen. Wie schätzen Sie dieses Ergebnis ein?
Dr. Clemens Prokop:
Es ist auf alle Fälle eine große Überraschung. Leipzig war zwar so etwas wie der Kandidat der Herzen, aber der eigentliche Favorit war Leipzig sicherlich nicht. Dass sich Leipzig am Ende gegen Hamburg durchgesetzt hat, war umso mehr überraschend. Das zeigt aber auch, was sehr erfreulich ist , dass es diesen Ost-West-Konflikt inzwischen nicht mehr gibt und sich der deutsche Sport als eine Einheit darstellt. Ich denke, dass Leipzig letzten Endes auch noch sehr stark von seiner Präsentation, die auf Emotionen ausgerichtet und mit hohen Persönlichkeiten garniert war, profitiert hat. Die Auseinandersetzung im Vorfeld zwischen Düsseldorf und Hamburg hat sicherlich auch noch Einfluss genommen. Das hat erkennbar dazu geführt, dass die Stimmen nach dem Ausscheiden Düsseldorfs nicht nach Hamburg, sondern nach Leipzig gewandert sind. Damit war klar: Leipzig ist der Gewinner.
leichtathletik.de:
Leipzig hat sich in dem vergangenen Winter gerade in der Leichtathletik als neuer Standort mit der Arena etabliert. Wie geht es mit der Leichtathletik in der Olympiabewerberstadt weiter?
Dr. Clemens Prokop:
Wir waren mit Leipzig auch schon im Vorfeld im Gespräch. Unsere Gedankenspiele gehen hin bis zur Hallen-Europameisterschaft und Hallen-Weltmeisterschaft in der Arena. Wir werden diese Gedanken konsequent weiterführen und möglicherweise soweit voranschreiten, dass wir diese Veranstaltungen tatsächlich nach Leipzig holen.
leichtathletik.de:
Es gab in allen fünf Bewerberstädten positive Entwicklungen, auch für die Leichathletik. Glauben Sie, dass das auch bei den Unterlegenen fortgeführt wird?
Dr. Clemens Prokop:
Es ist natürlich jetzt eine kritische Situation dadurch entstanden, dass in den anderen Städten viel Geld und Engagement investiert worden ist, das im Endeffekt von den Delegierten nicht belohnt worden ist. Ich kann nur hoffen, dass sich diese Begeisterung für den Sport in diesen Städten fortsetzt und dass wir den Weg, den wir in den letzten beiden Jahren erfolgreich beschritten haben, in allen Regionen erfolgreich weitergehen.
leichtathletik.de:
Über die internationalen Chancen Leipzig gibt es durchaus unterschiedliche Einschätzungen. Wie sehen Sie es persönlich? Hat Leipzig auf IOC-Ebene eine Chance?
Dr. Clemens Prokop:
Leipzig muss einen konsequenten Weg zu Olympischen Spielen gehen, die eine Alternative zu dem Gigantismus der Spiele der Vergangenheit und auch der Gegenwart sind. Ich denke, Leipzig wird eine sehr sympathische Form der Olympischen Spiele anbieten und einen Kontrapunkt setzen zu Olympischen Spielen in Städten, die gleichsam gesichtslos und seelenlos sind.
leichtathletik.de:
Sie waren an diesem Wochenende noch in eine zweite sportpolitische Entscheidung involviert. In Athen hat sich der EAA-Kongress wieder für Sie als Mitglied des Councils des Europäischen Leichtathletik-Verbandes entschieden. Wie wichtig war diese Wahl für Sie?
Dr. Clemens Prokop:
Die Wiederwahl in das Council der EAA war für mich einschneidend. Da freut es mich ganz besonders, dass ich 39 von 44 abgegebenen Stimmen erhalten habe. Das ist bei der EAA ein Spitzenergebnis, insbesondere, wenn man bedenkt, dass ich bei der Wahl nicht anwesend sein konnte. Es ist auch eine Würdigung meines Engagements zugunsten der europäischen Leichtathletik, aber auch eine hohe Anerkennung für die Arbeit des DLV, der in Europa eine führende Rolle spielt, die mit diesem Wahlergebnis auch gehalten wird.