Pérec und ihr Lebensgefährte in der Warteschleife
Das Rätselraten hört nicht auf. Marie-José Pérec, die schrille Diva, hält die Öffentlichkeit in Atem. Oder zum Narren? In Cula Vista, dem US-Olympiazentrum in Kalifornien, bereitet sie sich auf ihr Comeback auf. Mit Anthuan Maybank, ihrem Freud und Trainingspartner, der heute beim Universitäts-Sportfest in San Diego über 200 Meter gemeldet ist. Er, Maybank, will starten, muss aber möglicherweise aus Verletzungsgründen verzichten. Sie, Pérec, könnte starten, möchte aber nicht, weil sie offensichtlich den Rummel um ihre Person fürchtet.
Wann ist Marie-José Pérec wieder auf der Laufbahn zu erleben. Keiner weiß es so genau. Nur wohl sie selbst.
Die Dame hat sich rar gemacht. Dabei bringt sie alle Voraussetzungen mit. Denn ihre langen Beine produzieren so Raum greifende Schritte, dass Marie-José Pérec der Konkurrenz in ihren besten Jahren auf und davon gerannt ist. Doch ihre Psyche hat ihr in der Vergangenheit schon manch üblen Streich gespielt wie zuletzt bei den Olympischen Spielen in Sydney, als sie Hals über Kopf den Ort des Geschehens verlassen hatte.Laut Trainer stimmt, die körperliche Verfassung
Jetzt ist sie wieder da, hat der französischen Sportzeitung "L'Equipe" vor Wochen ein Exclusiv-Interview gegeben und träumt voller Optimismus von der WM in Paris. "Marie-José ist körperlich in einer blendenden Verfassung", ließ der amerikanische Coach Brooks Johnson kürzlich in einem Interview mit der Nachrichtenagentur "Agence France Press" verlauten, "ihr Gewicht liegt bei 61 bis 62 Kilo." Ähnlich wie 1992 in Atlanta, wo sie olympisches Gold über 400 Meter gewann, und 1996 in Atlanta, als ihr das heiß begehrte Double über 200 Meter und 400 Meter gelang. "Auch im Kraftraum ist sie gut dabei", fügte er hinzu, "das einzige Problem, das auftreten könnte, ist der Druck, dem sie standhalten muss."
Ja, groß sind die Erwartungen. Riesengroß. Nach der WM-Pleite in Edmonton, als den Franzosen gerade mal zwei Bronzemedaillen durch Driss Maazouzi (1500 m) und die 4 x 100-Meter-Staffel (Frauen) vergönnt waren, wollen sie sich vor heimischer Kulisse rehabilitieren. Marie-José Pérec und ihre Wiederkehr, an die kaum einer geglaubt hatte, haben im Land der Trikolore hohe Erwartungen ausgelöst. Mit 34 ist die einstige Vorzeige-Athletin aber nicht mehr die Jüngste, und ihr letzter Wettkampf liegt Urzeiten zurück. Im Juli 2000 war's, als Pérec ihre Abschiedsvorstellung gegeben hat.
Stillschweigen über absolvierten Formtest
Brooks Johnson ist gleichwohl guter Dinge, dass sein prominenter Schützling zu alter Form zurückfindet. Ende Februar war die Rede von einem Formtest, dem sie sich im Rahmen ihrer Vorbereitungsphase unterziehen wollte. Johnson mochte sich freilich nicht äußern, wie das Ergebnis ausgefallen ist. Pérec erteilte ihm in dieser Angelegenheit striktes Redeverbot.
Anthuan Maybank, ihr 33-jähriger Freund, der die französische Staatsbürgerschaft annehmen möchte, hat ebenfalls eine längere Pause hinter sich. In der Freiluftsaison 2000 war er letztmals aktiv. Brooks Johnson traut dem US-Boy, der 1992 in Atlanta zum Gold-Quartett über 4 x 400 Meter zählte, eine ganze Menge zu. Ob er in San Diego seinen Einstand feiern wird, ist jedoch fraglich. Denn eine Oberschenkelverletzung mahnt zur Vorsicht.
Immer für eine Überraschung gut
Ein hohes Maß an Zurückhaltung ist auch angebracht, was die "never ending story" der Marie-José Pérec angeht. Wie die Vergangenheit lehrt, sind ihre Versprechungen nur mit allergrößter Vorsicht zu genießen. Bei ihr ist man vor Überraschungen, auch negativer Art, niemals sicher.