Interview mit DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop
"Müssen neue Form der Präsentation wagen" - Europameisterschaft in München bietet einmalige Chance
Dr. Clemens Prokop (Foto: Kiefner)
DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop fordert eine attraktivere Präsentation der Leichtathletik. "Die Zeit folgenloser Diskussionen ist abgelaufen, wir müssen endlich handeln", sagte Prokop beim Verbandstag des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes (WLV) in Pliezhausen (bei Reutlingen), wo er als Gastredner zur "Zukunft der Leichtathletik" eingeladen wurde. In einem Interview mit Ewald Walker stellte der 44-jährige ehemalige Weitspringer seine Gedanken zur Präsentation der Sportart näher vor.Stuttgart und der Württembergische Leichtathletik-Verband (WLV) haben bei der Bewerbung um die WM 2005 die dritte Abstimmungsniederlage in kürzester Zeit einstecken müssen. Der Weltcup ging nach Madrid, das Grand Prix-Finale nach Monte Carlo und Berlin erhielt den Vorzug bei der WM. Können Sie den "Frust" der Verbandsführung nachvollziehen?
Dr. Clemens Prokop:
"Der WLV war in der Vergangenheit der Verband mit den meisten Highlights. Dies setzt sich mit der DM 2003 in Ulm fort. Beim Grand-Prix-Finale waren die Zeichen für Stuttgart seitens der IAAF positiv, erst im letzten Moment ist hier die Stimmung zu Monaco gekippt. Dies sind ganz normale Risiken einer Bewerbung. Die Abstimmung um die WM 2005 für Berlin war ein demokratischer Vorgang, der als solcher zu akzeptieren ist."
Wo steht denn die Leichtathletik in Württemberg innerhalb des DLV?
Dr. Clemens Prokop:
"Der WLV weist eine beeindruckende Tradition auf, hat vielversprechende Ansätze im Nachwuchsbereich und ist mit der Mitgliederentwicklung im DLV beispielhaft. Maßstab des Erfolgs ist jedoch der Leistungsbereich, und hier kann der WLV im Top-Bereich nicht zufrieden sein. Der DLV ist kein Funsport- oder Gesundheitssportverband. Deshalb würde ich mir in Württemberg mehr finanzstarke Vereine mit starkem Engagement für die Spitzenleichtathletik wünschen."
Die Deutschen Hallen-Meisterschaften in Sindelfingen haben Kritik eingebracht. Was muss sich bei den Leichtathletik-Events ändern?
Dr. Clemens Prokop:
"Die Zeit folgenloser Diskussionen ist abgelaufen, wir müssen endlich handeln und völlig neue Formen der Präsentation wagen."
Wie soll die Präsentation künftig aussehen?
Dr. Clemens Prokop:
"Wir müssen weg vom reinen Fachpublikum als Zielpublikum und eine emotionalere Ebene anstreben, bei der beispielsweise Musik als Vermittler eine Rolle spielt. Wir brauchen zudem eine zuschauerorientierte Regie bei den Wettkämpfen, um der Sicht des Zuschauers mehr gerecht zu werden und müssen dabei die Duelle in den Mittelpunkt rücken."
Wo wollen Sie dies in die Praxis umsetzen?
Dr. Clemens Prokop:
"Wir werden Anfang Juni in Dortmund beim DLV-Meeting mit diesen Ideen in die Umsetzungsphase gehen. Manches wird experimentellen Charakter haben, aber wir müssen den Mut zum Wagnis haben."
Muss sich die Leichtathletik auch deshalb verändern, weil sie im Kampf mit den anderen Sportarten droht, abgehängt zu werden?
Dr. Clemens Prokop:
"Wir haben in der Tat gegenüber anderen Sportarten etwas an Boden verloren, zudem haben einige Sportarten wie Biathlon, Skispringen oder auch Boxen selber an Attraktivität hinzugewonnen. Die EM im Sommer in München bietet die einmalige Chance, durch Medienpräsenz und gleichzeitiger Erfüllung unserer Medaillenhoffnungen dafür zu sorgen, dass die Leichtathletik wieder populärer wird."