Schlechtes Gedächtnis - aber gute Chancen
19 Jahre internationale Leichtathletik, unzählige Wettkämpfe zwischen Los Angeles und Bad Langensalza. Da kann man schon einmal einen vergessen. Heike Drechsler jedenfalls behauptete anlässlich der Auftaktpressekonferenz des DLV noch nie in München gestartet zu sein. Umso mehr freut sich die Wahlbadenerin auf die Wettkämpfe in der bayerischen Landeshauptstadt.
Heike Drechsler:
Erst nachdem die Koryphäe unter den deutschen Leichtathletik-Journalisten, Gustav Schwenk, ihrem Gedächtnis auf die Sprünge half, erinnerte sich Heike Drechsler an ihren Sieg bei den deutschen Meisterschaften 1992. Der optische Eindruck jedenfalls hätte sie kaum zu dieser Erkenntnis verholfen. Wenn sie am Dienstag um 19.30 Uhr an ihrer Anlaufmarke steht und sich auf ihren ersten Versuch der Qualifikation konzentriert, wird sie das Stadion kaum wieder erkennen. Eine nagelneue Bahn, bunte Dekoration und jungfräuliche, bunte Sitze – das Olympiastadion hat sich für die kontinentalen Titelkämpfe herausgeputzt.Mehr als einen Blick wird sie jedoch wohl kaum riskieren. Rechtzeitig vor der EM hat Heike Drechsler ihre Wadenprobleme in den Griff bekommen, bei den Deutschen Meisterschaften in Wattenscheid Titel und Qualifikation errungen und zählt nach ihren 6,85 Meter beim Meeting in Leverkusen zu den zahlreichen Favoriten auf den zweiten Platz. Wohlgemerkt den zweiten Rang. Denn der Titel scheint nach menschlichem Ermessen vergeben. Tatjana Kotowa flog beim Europacup in Annecy auf 7,42 Meter, fünf weitere Wettkämpfe beendete die Russin jenseits der Sieben-Meter-Marke – eigentlich ist es überflüssig zu erwähnen, dass die 25jährige dieses Jahr ungeschlagen ist.
Heike Drechsler ist trotzdem überzeugt, "dass die Zuschauer hier ein Highlight erleben werden. Zumal bei einer EM alles möglich ist". Und wer sollte das besser beurteilen können als die zweifache Olympiasiegerin. Schließlich bestreitet Heike Drechsler in München ihre sechsten Europa-Meisterschaften. "Wenn man bedenkt, dass Europameisterschaften nur alle vier Jahre stattfinden, kann man sich ja ausrechnen, wie alt ich bin", so die 37jährige schmunzelnd. Ihr fortgeschrittenes Alter allerdings kann man schon einmal vergessen, wenn man sie abheben sieht. Das Olympiastadion dagegen wird Heike Drechsler wohl kaum wieder vergessen, sollte Heike Drechsler am 7. August auf dem Treppchen stehen.