Bronze, Silber - folgt am Donnerstag Gold?
Wer hätte wirklich gedacht, dass München nach nur zwei Tagen bei bescheidenem Wetter solch stimmungsvolle Europameisterschaften erleben würde? Die Laola, die durch das Rund des Olympiastadions brandet, berauschte Zehnkämpfer und die „Dieter, Dieter ...“-Sprechchöre, die einem noch in den Ohren klingen – das tolle Publikum verwandelt den Kühlschrank in einen Hexenkessel. Und es gibt keinen Grund, warum das nicht auch am morgigen Donnerstag so sein sollte.
Erstürmt Ingo Schultz das erste deutsche Gold? (Foto: Kiefner)
Anzufeuern haben die Fans jedenfalls genug und das schon in aller Frühe. Bereits um 9.05 Uhr machen sich die Geher auf die beschwerliche 50-Kilometer-Strecke. Die Favoriten um den Ausnahmesportler Robert Korzeniowski (Polen) werden gegen 12.45 Uhr wieder am Marathontor erwartet. Dazwischen setzen die Könige der Leichtathleten ihren Wettkampf fort. Der führende Weltrekordler Roman Sebrle und die neuen deutschen Publikumslieblinge Sebastian Knabe (nach den ersten fünf Disziplinen auf dem 8. Rang) und Mike Maczey (10.) kämpfen sich ab 9.20 Uhr durch den Hürdenwald – noch einmal 10 Minuten früher, als sie am Mittwoch in die Startblöcke gingen. Der Diskuswurf folgt um 10.45 Uhr, der Stabhochsprung um 15.30 Uhr und der Speerwurf um 18.00 Uhr. Etwa um 21.35 Uhr wird dann der neue Europameister erschöpft, aber glücklich die Ziellinie überqueren.Die großen 45 Minuten der Viertelmeiler
Davor haben zwei große deutsche Titelanwärter ihren großen Auftritt. Die Hoffnungen der hiesigen Leichtathletik-Gemeinde ruhen auf der Stadionrunde. Im 400-Meter-Endlauf der Männer (20.25 Uhr) geht der neue Posterboy des DLV, Ingo Schultz, an den Start – um 21.10 Uhr will Grit Breuer ihren Titel von Budapest verteidigen. Die Russin Olesya Zykina wird es ihr sicherlich nicht allzu leicht machen. Aber seit die Magdeburgerin bei den Weltmeisterschaften in Athen 1997 den Russinnen auf der Zielgerade den sicher geglaubten WM-Titel entriss, fürchten sie alle Sprinterinnen aus dem einstmals so großen Reich.
Die gleiche Strecke hat um Punkt acht Uhr Abends Heike Meissner zurückzulegen. Allerdings mit dem nicht unbedeutenden Nachteil auch noch zehn Hürden überqueren zu müssen. Für die Dresdnerin ist nach der ominösen Absage der Weltjahresbesten Yuliya Petschonkina nahezu alles möglich. Etwa um die gleiche Zeit ist es am Weltmeister Martin Buß, die skandinavischen Festspiele zu verhindern. Im Hochsprung der Männer gelten die lustigen Schweden Staffan Strand und Stefan Holm als die Favoriten. Dem Berliner Buß wollte dieses Jahr bisher so gar nichts gelingen, aber die gelungene Qualifikation bei englischem Wetter, sollte dem 26-Jährigen Mut für das Finale geben.
Schlackse treten für knapp zwei Minuten in den Hintergrund
Die sprunggewaltigen Schlackse werden jedoch um 20.50 Uhr in den Hintergrund treten müssen. Nämlich dann, wenn die bayerische Kampfläuferin Claudia Gesell an die Startlinie tritt. Im 800-Meter-Finale der Frauen scheint Gold an die Slowenin Jolanda Ceplak bereits vergeben. Aber dahinter ist alles denkbar - auch für die Oberpfälzerin Gesell und die Thüringerin Ivonne Teichmann.
„In München muss es klappen“, kündigte Steffi Nerius vor dem Speerwurf-Finale an. Bisher war die Diplom-Sportlehrerin bei der Vergabe der Medaillen bei großen, internationalen Meisterschaften immer leer ausgegangen. Im Olympiastadion soll es nun das Treppchen sein – die enge europäische Spitze verspricht jedenfalls einen spannenden Endkampf.
Ausnahmsweise ohne deutsche Beteiligung wird bereits um 19.40 Uhr der Titelträger über die metrische Meile ermittelt. Nach den ausgeglichenen Vorläufen gelten die französischen Läufer Mehdi Baala und Driss Maazouzi sowie der Portugiese Rui Silva als Favoriten. Wenn nicht noch der spanische Titelverteidiger Reyes Estevez seine außergewöhnlichen Spurtfähigkeiten wiederentdeckt. Von der fantastischen Stimmung in München werden sie sicherlich alle profitieren.