Weitsprung-Beauty Susen Tiedtke greift wieder an
Gedränge, Geschupse, lange Hälse und dazu das Blitzlichtgewitter von Hobbyfotografen. Wo befinden wir uns? Ganz genau, in der Nähe der Weitsprunggrube. In die ist eben Susen Tiedtke gesprungen und wie immer, gehen ihre Blicke jetzt zu Vater und Trainer Jürgen Tiedtke, der von den Zuschauerrängen ihren Anlauf korrigiert. Nach fünfzehnmonatiger Zwangspause ist die hübsche Berlinerin wieder zurück im Wettkampfgeschehen und natürlich sofort der Mittelpunkt, beim Weitsprung der Frauen. In der Halle sah man sie bei den Deutschen Meisterschaften im Sindelfinger Glaspalast und beim Meeting in Chemnitz. Jetzt läuft die Vorbereitung auf den Sommer.
Der entschlossene Blick von Susen Tiedtke gilt der EM in München (Foto: Kiefner)
Gewonnen hat sie die Wettbewerbe unter Dach jedoch nicht. Deutsche Meisterin wurde, wie so oft, Olympiasiegerin Heike Drechsler und mit der ehemaligen Mehrkämpferin, Mona Steigauf, schob sich im letzten Versuch noch eine Athletin vor die, für den LAC Chemnitz startende, Sportlerin. „Sie ist nicht aus sich herausgegangen, da war noch die Bremse drin“, analysierte Jürgen Tiedtke, „aber ich freue mich, dass sie jetzt wieder springen kann.“So viele Wettkämpfe wie möglich machen
Seit Anfang Dezember ist Susen Tiedtke endlich wieder schmerzfrei und konnte mit speziellem Weitsprungtraining beginnen. Die deutschen Hallenmeisterschaften in Sindelfingen sollten nur ein Test sein, ebenso das Indoor-Meeting in Chemnitz, bei dem sie letztendlich mit 6,24 Metern auf dem fünften Platz landete. Ihr Blick richtet sich nach vorne, zu den Europameisterschaften im eigenen Lande. „Nach der langen Pause möchte ich so viele Wettkämpfe wie möglich machen. Wir absolvieren in diesem Monat ein Trainingslager in Portugal und Mitte Mai will ich in die Saison einsteigen.“
Es macht ihr wieder Spaß. Zurück liegt eine lange Leidenszeit mit ungewissem Ausgang. Anfangs, erzählt sie, hätte sie sich noch spritzen lassen und trainiert was ging. Irgendwann konnte sie kaum noch laufen. „Wir haben sie mehr getragen, als dass sie selber gelaufen ist“, blickt Jürgen Tiedtke scherzhaft zurück. Eine Entzündung der Plantarsehne entlang der Fußsohle war die Ursache und es folgten viele und vor allen Dingen teure Behandlungen. Sie hatte da richtig viel Zeit. Abwechslung brachten Einladungen zu verschiedenen Quizshows, so etwa Günther Jauch’s IQ-Test, bei dem sie sich bravourös schlug.
Paris und Athen stehen auf dem Terminplan
Jetzt, sechzehn Monate später, blickt die Athletin, die in Ludwigshafen trainiert, optimistisch in die Zukunft. Von einem Ende ihrer Karriere in diesem Jahr ist keine Rede mehr. „Ich mach noch Paris und Athen, verkündet sie, weil mir der Weitsprung wieder richtig Freude macht.“ Danach schwebt ihr dann etwas im Bereich Business/Finanzen vor - das hatte sie in den USA studiert.
Für die deutsche Weitsprungszene kommt ihr Comeback nicht ungelegen. In diesen Tagen wird häufig über die Präsentation der Leichtathletik gesprochen. Neben vielen neuen und mutigen Ansätzen ist der Duellcharakter entscheidend für die Attraktivität einer Disziplin - und Duelle zwischen Heike Drechsler und Susen Tiedtke haben eine lange Tradition. Um der Olympiasiegerin von Sydney allerdings Paroli zu bieten, wird es für die gebürtige Berlinerin darauf ankommen, wieder in Regionen um 6,80 Meter zu springen. 6,37 Meter stehen erst mal für die Hallensaison zu Buche, ein guter Anfang, aber viel zu wenig, um die nachrückende Konkurrenz zu beeindrucken. Die Freiluftsaison wird zeigen, wo sie wirklich steht und ob die langwierigen Fußverletzungen tatsächlich spurlos an ihr vorüber gegangen sind.