Irina Mikitenko: „Habe mich gefühlt, wie 20“
Irina Mikitenko hat im Alter von 41 Jahren den ersten Weltrekord ihrer langen Karriere aufgestellt. Als Dritte kam sie beim 40. BMW Berlin-Marathon in 2:24:54 Stunden ins Ziel und verbesserte damit den Masters-Weltrekord der Russin Lyudmila Petrova aus dem Jahr 2008. Im Interview verrät die Frankfurterin warum sie glaubt, noch schneller laufen zu können und spricht über ihren möglichen Abschied vom Marathon.
Irina Mikitenko, Sie haben sich vor Berlin selbst unter Druck gesetzt und den Masters-Weltrekord von 2:25:43 Stunden als Ziel ausgerufen. Brauchten Sie diese Zeit als Motivation?Irina Mikitenko:
Sechs, sieben Wochen lang hat mich wirklich jeder auf den Masters-Weltrekord angesprochen. Das war am Ende schon hart. Aber ich habe mir diese Zeit als Ziel gesetzt, weil ich wusste, dass ich den Rekord drauf habe. Aber es lagen ja noch 42 entscheidende Kilometer vor mir, die muss man erst einmal laufen.
Das haben Sie exzellent gemacht. Es sah so aus, als ob Sie Ihre Marschroute problemlos umsetzen konnten…
Irina Mikitenko:
…es war fast perfekt. Wir sind auf den ersten fünf Kilometern bewusst etwas langsamer als zunächst geplant angegangen, weil wir wussten, dass zwischen Kilometer 32 und 39 der Wind von vorne kommen würde. Ich wollte mir dafür ein paar Körner aufheben. Jetzt denke ich, dass wir zu Beginn vielleicht etwas Zeit haben liegen lassen – ich war am Ende nicht am Limit, konnte im Ziel sogar gleich Interviews geben. Ich bin sicher, dass ich noch etwas schneller hätte laufen können.
Der Masters-Weltrekord war Ihr Ziel, plötzlich lagen Sie im Rennen sogar auf Rang drei. Wie wichtig war es Ihnen, den Platz auf dem Podium zu sichern?
Irina Mikitenko:
Als ich mit Helah Kiprop in einer Gruppe gelaufen bin, war mir zunächst nicht ganz klar, dass ich die Chance auf Rang drei habe. Irgendwann riefen mir Zuschauer an der Strecke zu, dass ich Dritte sei. Da ich mich gut gefühlt habe, konnte ich etwas beschleunigen und Helah Kiprop abhängen. Klar freut es mich, dass ich die jungen Läuferinnen immer noch ärgern kann.
Sie haben der Kenianerin bis ins Ziel noch mehr als drei Minuten abgenommen. Hinten raus waren Sie bärenstark. Wie wichtig ist die Erfahrung bei einem solchen Rennen?
Irina Mikitenko:
Erfahrung ist beim Marathon immer wichtig. Heute ist unser Plan voll aufgegangen. Den schwierigen Abschnitt ab Kilometer 32 haben wir gut vorbereitet. Und ab Kilometer 40 konnte ich wieder fliegen. Ich habe mich gefühlt als wäre ich 20 und habe gleichzeitig 20 Jahre Marathonerfahrung.
Was bedeutet Ihnen der Berlin-Marathon, hier haben Sie 2009 schon Ihren deutschen Rekord aufgestellt?
Irina Mikitenko:
Berlin ist etwas Besonderes, eine tolle Stadt. Die Leute erkennen mich hier, das zu erleben, ist sehr schön. Ich bin schon am Mittwoch vor dem Rennen nach Berlin gekommen. Bei meinen Läufen im Tiergarten, haben mich viele Menschen erkannt, wollten sich mit mir fotografieren lassen oder ein Autogramm. Das habe ich sehr genossen. Die Organisatoren tun alles, dass sich die Athleten hier wohlfühlen. Berlin ist einfach einmalig.
Wie geht es nun weiter, können Sie sich für einen weiteren Marathon motivieren?
Irina Mikitenko:
Vor dem Rennen habe ich gesagt, das wird dein letzter Marathon. Aber es lief so gut heute – ich muss da noch erst einmal ein paar Nächte drüber schlafen. Klar, gab es in den vergangenen Monaten Phasen, in denen es schwerer fiel mich zu motivieren, aber das Rennen hier war eine riesige Motivation. Wie es genau weitergeht, werde ich gemeinsam mit meiner Familie entscheiden. Aber aufhören werde ich sicher nicht, ob es nochmal einen schnellen Marathon gibt, werden wir sehen.
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift