Irina Mikitenko - „Ich will vorne dabei sein“
Irina Mikitenko (TV Wattenscheid 01) startet am kommenden Sonntag beim Chicago-Marathon (USA). Für die 38 Jahre alte deutsche Marathon-Rekordlerin (2:19:19 h), die in den vergangenen beiden Jahren jeweils die World Marathon Majors (WMM)-Serie für sich entschied, war es bisher kein gutes Jahr. Beim London-Marathon stoppte sie eine Verletzung und in der Folge verpasste sie die EM-Qualifikation über 10.000 Meter. In Chicago, wo Irina Mikitenko vor einem Jahr Rang zwei belegte, will sich die Mutter zweier Kinder nun zurückmelden.
Irina Mikitenko, Ihr letzter Start bei einem großen Rennen war beim London-Marathon im April, wo Sie jedoch verletzungsbedingt aufgaben. Vor dem Halbmarathon im britischen Newcastle stoppte Sie im September eine Erkältung. Wie geht es Ihnen jetzt?Irina Mikitenko:
Es geht mir jetzt wieder gut und ich blicke optimistisch in Richtung Chicago. Ob ich durch die Erkältung noch Nachwirkungen habe, wird sich aber erst beim Rennen herausstellen. Es ist immer ärgerlich, wenn so etwas in der Vorbereitung auf ein großes Rennen passiert, aber es ist nicht zu ändern. Ich muss aus der Situation das Beste machen und hoffe, dass in den verbleibenden Tagen bis zum Chicago-Marathon alles glatt geht.
Mit welchen Zielen gehen Sie am Sonntag ins Rennen?
Irina Mikitenko:
Es ist wie immer: Ich fahre nicht nach Chicago, um dort zu verlieren. Natürlich ist die Konkurrenz sehr stark. Aber ich bin jetzt einige Marathonrennen gelaufen, habe Erfahrung gesammelt und konnte insgesamt mit Ausnahme der Zeit der Erkältung gut trainieren. Was ein Zeitziel angeht, so ist dies sehr schwer zu sagen, denn man weiß in Chicago nie wie das Wetter wird – es kann warm sein oder auch kalt. Aber ich bin auf alles vorbereitet und will vorne dabei sein.
Wer sind Ihre schärfsten Gegnerinnen? Ist die Titelverteidigerin und London-Siegerin dieses Jahres, die Russin Liliya Shobukhova, die Stärkste?
Irina Mikitenko:
Sie ist sicherlich stark, aber es geht nicht nur um Liliya Shobukhova. Am Start sind jetzt auch die Äthiopierinnen Atsede Baysa, die den Paris-Marathon gewonnen hat, Askale Magarsa, die vor zwei Jahren hinter mir beim Berlin-Marathon Zweite war, und Mamitu Daska, die im Januar den Dubai-Marathon gewann. Sie wurden alle nachträglich verpflichtet. Mit der Russin und Atsede Baysa sind die zwei schnellsten Marathonläuferinnen dieses Jahres im Rennen. Schwer einzuschätzen ist die Japanerin Naoko Sakamoto und zu beachten ist auf jeden Fall auch die Russin Lidiya Grigoryeva, die vor zwei Jahren in Chicago gewonnen hat. Die Konkurrenz ist deutlich stärker als vor einem Jahr.
Was genau war das Problem, das Sie in London zur Aufgabe zwang und seit wann konnten Sie wieder richtig trainieren?
Irina Mikitenko:
Ich litt in London unter einer Knochenhautentzündung und einer Reizung am Muskelansatz im linken Unterschenkel. Es hat danach lange gedauert, bis ich wieder unter voller Belastung trainieren konnte. Besonders das Tempotraining war schwierig. Aber seit ich im Juli mit der Marathonvorbereitung begonnen habe, ist alles wieder in Ordnung.
Sie waren im Juli in St. Moritz und trainierten zuletzt erneut dort in der Höhe. Wie lange waren Sie insgesamt dort und wie waren die Bedingungen?
Irina Mikitenko:
Im Juli habe ich mit der Vorbereitung auf den Chicago-Marathon angefangen und war drei Wochen in St. Moritz. Damals hatten wir sehr gute Bedingungen. Zuletzt war es leider sehr kalt – nachts teilweise null Grad und morgens bei meiner ersten Trainingseinheit dann nur fünf Grad – und zudem nass. Aber ich trainiere gerne in St. Moritz und habe mich immer in der Höhe vorbereitet. Daher wollte ich darauf trotz des ungünstigen Wetters nicht verzichten. Durch die Erkältung und den Trainingsausfall blieben wir länger in St. Moritz, so dass am Ende wieder rund drei Trainingswochen zusammen gekommen sind.
In diesem Jahr hat es mit der Qualifikation für die EM über 10.000 Meter nicht geklappt. Werden Sie noch einmal über 10.000 Meter bei einer großen Meisterschaft starten?
Irina Mikitenko:
Nein, die Bahn-Langstrecken sind für mich in meiner leistungssportlichen Karriere jetzt abgeschlossen und nur noch eine Erinnerung. Ich werde nicht mehr über 10.000 Meter starten, denn die Vorbereitung ist auch eine ganz andere als für einen Marathon.
Bleibt es beim Ziel, den Olympia-Marathon in London zu laufen? Und könnte dies eventuell der letzte Marathon Ihrer Karriere sein?
Irina Mikitenko:
Ja, der Olympia-Marathon 2012 ist das große Ziel. In London bei Olympischen Spielen Marathon zu laufen, das ist etwas Besonderes. Die Frage, ob dies mein letzter Marathon sein könnte, will ich mir selbst allerdings gar nicht erst stellen. Solange ich Spaß habe und solange mein Körper nicht signalisiert, dass ich Schluss machen sollte, will ich laufen. Dieses Jahr war das bisher schwierigste im Marathon für mich, sowohl physisch als auch psychisch. Ich bin zuvor zweieinhalb Jahre erfolgreich gelaufen und irgendwie fühlte ich mich sehr leer im Frühjahr. Ich hoffe, dass diese schwierige Phase jetzt im Herbst zu Ende geht. Denn eigentlich habe ich Spaß am Marathonlaufen.
Interview: vicsystem.com