Irina Mikitenko - „Kämpfe um die Medaille“
Nach ihren Marathon-Siegen in London (Großbritannien) und Berlin sowie der Verbesserung des deutschen Rekords auf 2:19:19 Stunden war die Wahl von Irina Mikitenko zur „Leichtathletin des Jahres“ keine Überraschung. Im Interview verrät die 36-Jährige unter anderem, was sie sich für den WM-Marathon in Berlin vorgenommen hat, der am 23. August stattfinden wird. An diesem Tag feiert die „Leichtathletin des Jahres“ auch ihren 37. Geburtstag.
Herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung „Leichtathletin des Jahres“. Ist das für Sie ein perfekter Jahresabschluss? Irina Mikitenko:Das ist wirklich eine sehr große Sache. Auf der Bahn oder auf der Straße Leistung zu bringen, ist das eine, aber Athletin des Jahres zu werden, das ist schon etwas ganz anderes. Mit dieser Auszeichnung habe ich gar nicht gerechnet. Gut, die Leistung war da, aber wir haben doch auch eine Medaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen und weitere Athletinnen, die Top-Leistungen gebracht haben. War 2008 ein vollkommen gelungenes Jahr für Sie? Irina Mikitenko:
Ja, ich bin sehr zufrieden mit dem Jahr. Ob 10.000 Meter, Halbmarathon, Marathon - auf allen Strecken bin ich Bestleistung gelaufen. Und dann zum Abschluss auch noch Weltjahresbestzeit im Marathon. Das war schon ein wirklich gutes Jahr, so kann es weitergehen.
Was bedeutet es Ihnen, von den Fans zur „Leichtathletin des Jahres“ gewählt worden zu sein?
Irina Mikitenko: Das bedeutet mir sehr viel. Ich bin unheimlich stolz auf den Titel „Leichtathletin des Jahres“. Es ist schön zu sehen, dass die Leute hinter mir stehen. Am meisten freut mich, dass der Marathon als Leichtathletik-Disziplin einen sehr hohen Wert hat. Ich habe gemerkt, dass man so viele Fans, so viele Menschen bei einem Rennen gewinnen kann, wenn man Leistung bringt. Deshalb freue ich mich, dass ich den Schritt zum Marathon gemacht habe. Kam Ihre Steigerung auf 2:19:19 Stunden in Berlin für Sie selbst so überraschend wie für den Rest der Laufszene? Irina Mikitenko:
Eigentlich nicht. Ich habe schon beim ersten Marathon gemerkt, dass dies meine Strecke ist. Und ich habe mir gedacht, dass ich auf diese Leistung aufbauen kann. Und dann hat einfach alles geklappt.Wie hat eine Spitzenläuferin eigentlich Weihnachten und Silvester gefeiert? Irina Mikitenko:
Da war die ganze Familie leider krank. Wir haben eine kleine Tochter, die alle Krankheiten aus dem Kindergarten mitbringt und das schon zum zweiten Mal zur Weihnachtszeit: Letztes Jahr waren wir an den Feiertagen auch alle krank. Was kam bei Mikitenkos zu Weihnachten auf den Tisch? Irina Mikitenko:
Weihnachten feiern wir immer mit der ganzen Familie. Ich habe noch zwei Schwestern und meine Eltern waren auch da. Meine Mutter kocht ganz gut. Kämpfen Sie dann auch nach den Festtagen mit ein paar Gramm zu viel auf den Rippen, oder trainieren Sie auch dann so intensiv, dass gutes Essen gar nicht ansetzen kann? Irina Mikitenko:
Das ist gar kein Problem. Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Wenn man am nächsten Tag zwei Stunden läuft, merkt man von dem Weihnachtsessen gar nichts mehr.
Was können andere Läufer von Ihnen lernen?
Irina Mikitenko:
Ich hatte schon immer sehr viel Disziplin, aber vielleicht auch Geduld. Als Läufer braucht man sehr viel Geduld und Disziplin, denke ich.Was war Ihr Geheimrezept im zurückliegenden Jahr?
Irina Mikitenko:
Ich habe einfach Spaß am Laufen. Manchmal bin ich zwar müde und möchte nicht, das ist besonders nach einem Marathon der Fall. Aber zwei, drei Tage später fehlt mir das Laufen dann schon wieder. Dann reizt es mich wieder, die Schuhe zu binden und loszulaufen. Was sind ihre Vorsätze fürs neue Jahr? Irina Mikitenko:
Auf jeden Fall ist die Weltmeisterschaft ein großes Ziel. Wichtig ist mir, verletzungsfrei und erkältungsfrei zu bleiben, damit ich im Frühjahr in London Marathon laufen kann. Trauen Sie sich eine weitere Verbesserung Ihrer Bestzeit von 2:19:19 Stunden zu, die Sie in Berlin gelaufen sind?
Irina Mikitenko:
Ich hoffe es. Wenn das nicht der Fall wäre, würde ich aufhören. Also mein Ziel ist auf jeden Fall, diese Zeit noch etwas zu verbessern. Werden sie bei der WM in Berlin die Goldmedaille holen? Irina Mikitenko:
Soweit möchte ich mich jetzt nicht aus dem Fenster lehnen. Aber wenn in der Vorbereitung alles stimmt, kann ich sicher um eine Medaille kämpfen. Bei der Journalisten-Wahl zum „Sportler des Jahres“ waren Sie nicht unter den Top 10, obwohl sie mit London und Berlin zwei der wichtigsten Marathons der Welt gewonnen haben. Glauben Sie, dass die Leichtathleten mit der WM im eigenen Land 2009 auch in den Medien weiter vorn dabei sein werden?
Irina Mikitenko:
Ich hoffe sehr, dass Leichtathletik dadurch mehr Aufmerksamkeit bekommt. Und ich freue mich, dass die Weltmeisterschaft in Berlin stattfindet. Vielleicht können wir die Leichtathletik dann besser präsentieren.
Haben Sie den Weg nach Berlin schon in allen Details geplant? Irina Mikitenko: Ja, im Großen und Ganzen sind meine Wettkämpfe geplant. Das große Ziel ist ja der WM-Marathon. Im Frühjahr steht dann aber erst einmal der London-Marathon an. Werden Sie - wie schon 2008 - vor Ihrem Start in London ein Trainingslager in Kirgisien absolvieren? Irina Mikitenko: Ja, ich denke schon. Im Frühjahr ist es wegen des Wetters aber immer schwierig mit der Planung. Ich absolviere immer ein Höhentrainingslager um diese Zeit. Im Februar oder März kann es in der Höhe aber durchaus vorkommen, dass Schnee liegt. Ein Trainingslager mit verschneiten Wegen und Bahnen bringt mir aber nichts, weil ich dann nicht vernünftig laufen kann. Deshalb warten wir immer ab und planen mehrere Trainingslager, die wir eventuell machen können. Dann entscheiden wir uns kurzfristig, und reisen dahin, wo die besten Trainingsbedingungen sind. Das Traininglager im vergangenen Jahr war in Kirgisien, etwa 70 Kilometer von der Grenze zu Kasachstan entfernt. Da haben wir schon früher immer das Trainingslager gemacht. Meine Schwiegereltern wohnen dort, das ist wegen unserer Kinder optimal, denn dann können sie auf die Kleinen aufpassen. Finden die Doping-Kontrolleure eigentlich den Weg zu Ihnen, wenn Sie sich in solch abgelegenen Regionen der Welt aufhalten?
Irina Mikitenko: In Kasachstan gibt es eine Nationale Anti-Doping-Agentur, genau wie hier in Deutschland die Nada. Die Kontrolleure waren auch schon bei mir im Trainingslager. Der Ort ist gar nicht so abgelegen: Dort ist ein großes Sportzentrum, wo viele verschiedene Nationen trainieren.
Der zweite Gewinner der Wahl "Leichtathleten des Jahres" im Interview:
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