Irina Mikitenko - „London ist eine kleine WM“
Irina Mikitenko ist wieder einmal auf den Punkt topfit. Genau wie im letzten Jahr, lief die Wattenscheiderin am Wochenende der Konkurrenz beim Paderborner Osterlauf davon. Die Vorjahressiegerin des Marathon in London (Großbritannien) ist bereit, diesen Erfolg am 26. April zu wiederholen. Über die starke Konkurrenz an der Themse und die Weltmeisterschaft im eigenen Land spricht die Langstrecklerin im Interview.
Irina Mikitenko, wie schätzen Sie Ihren 10-Kilometer-Sieg vom Samstag beim Paderborner Osterlauf ein?Irina Mikitenko: Vor dem ersten Rennen nach dem Trainingslager ist man immer etwas aufgeregt. Aber schon während des Rennens habe ich gemerkt, dass alles gut läuft und ich da bin, wo ich sein soll. Wichtig ist jetzt für mich, dass ich die nächsten beiden Wochen fit und gesund bleibe.
Sie waren zuletzt im Trainingslager in Kirgisistan. Das ist ja doch etwas ungewöhnlich. Worin sehen Sie die Vorteile?
Irina Mikitenko: Ich bin letztes Jahr schon dort gewesen und habe meine Höhe gefunden. Ich komme aus Kasachstan und da sind wir auch immer nach Kirgisistan gefahren. 1.700 Meter Höhe passen einfach. Wir sind auch schon auf mehr als 2.000 Metern gewesen, aber da war ich einfach fix und fertig.
Wie lief das Wintertraining generell?
Irina Mikitenko: Im Januar ist es zu Hause ein bisschen schwieriger gewesen, weil wir mehr Schnee hatten als geplant. Es war sehr kalt und ich bin zweimal krank geworden. Aber ab Februar lief dann alles bestens.
Im letzten Jahr haben Sie erst den Osterlauf in Paderborn gewonnen und anschließend den London-Marathon. Ist das dieses Jahr wieder ein gutes Omen? Wie sehen Sie Ihre Chancen als Titelverteidigerin?
Irina Mikitenko: Es wird schwer und ein sehr hartes Rennen. Die Konkurrenz ist dieses Jahr sehr stark, aber ich fahre nicht mit der Einstellung hin, dass ich dort verlieren werde. Ich werde mein Bestes geben und trete an, um zu gewinnen. Es muss einfach alles passen, auf dieser Strecke spielt jede Kleinigkeit eine Rolle.
Wie schätzen Sie ihre Gegnerinnen ein?
Irina Mikitenko: Sie sind sehr stark und sehr erfahren. Neun Athletinnen sind schon unter 2:22 Stunden gelaufen. Die ersten Sieben der Olympischen Spiele sind dabei. Das ist schon ein wenig wie eine kleine Weltmeisterschaft. Die Konkurrenz ist sehr hart.
Die britische Weltrekordlerin Paula Radcliffe hat verletzungsbedingt abgesagt. Wären Sie gerne gegen sie gelaufen?
Irina Mikitenko: Ich bin schon sehr oft mit Paula gelaufen. Sie ist eine große Athletin und ein sehr guter Mensch. Dass sie jetzt verletzt ist, ist richtig schade. Aber so ist der Sport einfach.
Peilen Sie in London eine Verbesserung Ihrer persönlichen Bestleitung an?
Irina Mikitenko: In London muss man abwarten, wie das Rennen aussehen wird. Ob es ein taktisches oder ein schnelles Rennen wird, das kann ich jetzt noch nicht sagen. In London läuft Frau gegen Frau, es gibt keine Tempomacher. Ich muss das Rennen also so nehmen, wie es kommt.
Wo ist denn der Unterschied zwischen einem London- und einem Berlin-Marathon? Wo ist der Reiz?
Irina Mikitenko: Es sind beide sehr große Wettkämpfe. In Berlin kann man sich auf eine Zeit einstellen, weil dort Mann und Frau zusammen laufen und Tempomacher haben. In London ist das anders. Letztes Jahr war es in London ein taktisches Rennen, aber man muss bereit sein, dass es auch anders kommen kann. Man kann London nicht planen.
Sie sind ein Gesicht der WM in Berlin. Was bedeutet das für Sie?
Irina Mikitenko: Das bedeutet mir sehr viel. Weltmeisterschaften im eigenen Land sind schon was Tolles und dann gehört mein Gesicht noch zu den Gesichtern der WM. Ich bin schon sehr stolz darauf.
Schürt das dann die Freude auf die WM noch mehr?
Irina Mikitenko: Auf jeden Fall. Ja.
Was erwarten Sie von der WM im eigenen Land?
Irina Mikitenko: Ich bekomme jetzt schon Gänsehaut, wenn ich daran denke. Ich weiß nicht, wie das dann erst im August werden soll.
Welche Chance sehen Sie in Berlin für die deutsche Weltcup-Mannschaft?
Irina Mikitenko: Wir wissen ja noch nicht, wer alles in der Mannschaft laufen wird. Zurzeit sind erst drei Frauen fix. Normalerweise brauchen wir fünf. Aber wenn alle gesund und fit bleiben und alle ihr Bestes rausholen, dann können wir als Mannschaft gut abschneiden.
Sabrina Mockenhaupt wird jetzt doch erst noch bei den 10.000 Metern bleiben. Was halten Sie davon?
Irina Mikitenko: Das ist sehr schade für die Mannschaft. Aber wenn sie denkt, dass sie über die 10.000 Meter bessere Chancen hat, so muss man das dann auch akzeptieren.
Bereuen Sie es eigentlich inzwischen, erst so spät zum Marathon gekommen zu sein?
Irina Mikitenko: Wenn es noch ein paar Jahre so läuft, wie es jetzt läuft, dann bereue ich gar nichts.
In Rom sind Sie dieses Jahr im Halbmarathon Dritte geworden, nachdem Sie letztes Jahr bei allen Saisonrennen ungeschlagen waren. Macht es Ihnen was aus, dass die Siegesserie gerissen ist?
Irina Mikitenko: Ich sage mir, lieber in Rom Dritte zu werden, als bei den Weltmeisterschaften. Im Sport ist es so, dass man nicht immer nur gewinnen kann. Man muss auch mit Niederlagen klarkommen. Wichtig ist es, wieder hoch zu kommen und weiter zu machen.
Ist es dieses Jahr für Sie anders, den Marathon zu laufen? Ist es einfacher geworden, durch die Erfahrungen, oder schwerer, durch die Erwartungen an Sie?
Irina Mikitenko: Beides. Erfahrungen habe ich auf jeden Fall gesammelt und mein Training hat sich dadurch ein wenig verändert. Auf der anderen Seite ist die Erwartung sehr groß. Von mir selbst, meinen Verwandten, Bekannten und Fans natürlich auch.
Was hat sich in Ihrer Familie geändert, durch die ganzen Erfolge und Ihre gestiegene Popularität?
Irina Mikitenko: Es ist alles so wie früher. Meine Eltern stehen zu mir. Meine Kinder und mein Mann sind selbst begeisterte Sportler. Es ist einfach alles beim Alten.